„Stadt statt A 104“: 13 Arbeiten im AIV-Schinkel-Wettbewerb ausgezeichnet

„Stadt statt A 104“: 13 Arbeiten im AIV-Schinkel-Wettbewerb ausgezeichnet

„Stadt statt A 104“: 13 Arbeiten im AIV-Schinkel-Wettbewerb ausgezeichnet
Stella Motz und Julius Rymarcewicz (auch Copyright) interpretieren die Autobahn als Linie des grünen Verkehrs.

Der Förder- und Ideenwettbewerb „AIV-Schinkel-Wettbewerb“ richtet sich jedes Jahr an den Nachwuchs, um dessen Kreativität für die Lösung zukunftsorientierter Planungsaufgaben zu wecken. Dieses Mal galt es, Ideen für die Nachnutzung eines Berliner Autobahnareals zu entwickeln.

Agentur

Was könnte mit den Bauwerken der A 104 in Berlin passieren? Laut Machbarkeitsstudie ist zumindest der Abriss der Autobahnbrücke über den Breitenbachplatz möglich. Seit zwei Jahren fordert der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg (AIV) unter Vorsitz des Architekten Tobias Nöfer allerdings den kompletten Rückbau des überdimensionierten, sanierungsbedürftigen, 3,6 Kilometer langen Autobahnzweiges nach Berlin-Steglitz.

Dieses Autobahnstück ist bereits 2006 entwidmet und zur Straße erster Ordnung mit Autobahncharakter herabgestuft worden. Der Verein hat seinen 168. AIV-Schinkel-Wettbewerb daher unter dem Titel „Stadt statt A 104“ ausgelobt. Mehr als 100 Arbeiten wurden von Nachwuchs-Planern eingereicht. Die Jury zeichnete 13 Arbeiten aus verschiedenen Fachsparten aus und vergab Preisgelder in Höhe von 27.000 Euro.

AIV-Schinkel-Wettbewerb

Seit 1855 richtet sich der AIV-Schinkel-Wettbewerb als Förder- und Ideenwettbewerb jährlich an junge Planer, um deren Kreativität für die Lösung zukunftsorientierter Planungsaufgaben zu wecken. Neben der Förderung des technisch-wissenschaftlichen Nachwuchses initiiert der Wettbewerb einen Dialog zwischen Stadtöffentlichkeit, Fachleuten, Verwaltung und Politik. Er zielt darauf ab, Interesse für ein Gebiet zu wecken, Sensibilität im Umgang mit dem Bestand zu entwickeln, die Bedeutung für die Umgebung aufzuzeigen und somit zur Qualifizierung der Aufgabenstellung einer formellen Planung beizutragen.

In diesem Sinne ist der Wettbewerb darauf ausgerichtet, eine Beziehung der breiten Öffentlichkeit zum Planungsgebiet zu generieren und sie für die Gestaltung der öffentlichen Räume zu gewinnen. Aufgrund seiner Unabhängigkeit gelingt es dem AIV-Schinkel-Wettbewerb damit, Anregungen in laufende Planungen einzubringen.

168. AIV Schinkel-Wettbewerb entwickelt Ideen für Areal der A 104

Die Frage war, welche Chancen sich aus einer Stilllegung der A 104 für Städtebau, Verkehr, Architektur, Kunst und Landschaftsgestaltung ergeben. Die Teilnehmer mussten eine eigene Idee für die Transformation der gesamten Trasse der ehemaligen A 104 zwischen der A 100 und der A 103 finden und daraus ihre Entwürfe entwickeln. Unter den Preisträgern sind dieses Mal auch mehrere internationale Teams. Die Architektin Gesche Gerber vom AIV-Schinkel-Ausschusses sagt: „Daran sehen wir, dass die gestellten Aufgaben exemplarisch für die zukünftigen Herausforderungen bei der Entwicklung urbaner Agglomerationen in vielen Ländern sind.“ 

Indoor-Farming, Kleingärten und Lebensmittelverarbeitung

Mit einem Schinkelpreis wurde das Team Aneliya Kavrakova, Mary Lee, Sue Yen Chong und Dienu Amriza Prihartadi von der University of Edinburgh ausgezeichnet. Ihre Arbeit Berlin's Urban Bio-Loop in der Fachsparte Architektur hat die Jury wegen der zukunftsorientierten Nutzungen in den großen Bestandsstrukturen überzeugt, die durch ein offenes Entwicklungskonzept ergänzt werden.

Die Jury lobte insbesondere die Fantasie und den Einfallsreichtum dieser Arbeit: Die jungen Planer sehen freiwerdende Höhlungen der Autobahnüberbauung als Raum für Indoor-Farming, weitere Teile der Autotrasse für informationsgeleitete Pflanzenproduktion sowie als Kleingärten für Wohn- und Gemeinschaftseinrichtungen, die der Lebensmittelverarbeitung, aber auch der Verwertung und dem Recycling von Abfällen gewidmet sind.

Berlin's Urban Bio-Loop von Aneliya Kavrakova,
 Mary Lee,
 Sue Yen Chong und Dienu Amriza Prihartadi (auch Copyright)
Berlin's Urban Bio-Loop von Aneliya Kavrakova, Mary Lee, Sue Yen Chong und Dienu Amriza Prihartadi (auch Copyright)

Vorschlag: Umwidmung in eine Abwasser-Kläranlage

Ernst-Wolf Abée vom AIV-Schinkel-Ausschuss sagt: „Besonders lebhaft hat die Jury die Arbeit 'AufKläranlage' diskutiert.“ Die mit einem Schinkelpreis in der Fachsparte Landschaftsarchitektur geehrte Arbeit stammt von Isabella Bönke, Laura Jacobsen und Linda Kühnel von der Technischen Universität Berlin. Sie umreißt einen Lösungsansatz für 150 Millionen Liter Abwasser, die jährlich in der Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße anfallen.

Die Autobahntunnel und Parkebenen werden zu einer Abwasser-Kläranlage umgewidmet. Der Betontrog der Autobahnstrecke nach Süden bis zur Schildhornstraße soll artenreich bepflanzt zum Wasserfilter und zur Verdunstung sowie zur Rückführung in das lokale Wassermanagement umfunktioniert werden. Die drei Studentinnen ergänzen die städtebauliche Situation durch einen Blauen Campus für Studenten der Freien Universität mit einer Mensa und einer Bibliothek sowie durch ein Informationszentrum und einen Wasserboulevard.

Der Vorschlag einer "Aufkläranlage" von Isabella Bönke,
 Laura Jacobsen und Linda Kühnel (auch Copyright) wurde lebhaft diskutiert.
Der Vorschlag einer "Aufkläranlage" von Isabella Bönke, Laura Jacobsen und Linda Kühnel (auch Copyright) wurde lebhaft diskutiert.

Der Schinkelpreis in der Fachsparte Städtebau wurde für die Arbeit Quartier 104 verliehen. Das Duo Stella Motz und Julius Rymarcewicz von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg reinterpretiert die Autobahntrasse als Linie des grünen Verkehrs: Sie schlagen vor, die Hochtrasse der A 104 in Teilen zurückzubauen und als neue Wegeverbindung für den Radverkehr wiederzuverwenden: Die Linienführung der Autobahn wird als neue, schnelle und grüne Verbindung zwischen Steglitz und Wilmersdorf aufgegriffen (Bild oben).

Fiktive Trauerfeier für die gescheiterte städtebauliche Utopie

In der Fachsparte Freie Kunst wurde die Arbeit In Gedenken an die A 104 von Antonia Heesen, Charlotte Vetter, Elaine Braunholz und Janek Brinkschröder mit einem Schinkelpreis prämiert. Bei dem Set der vier Studenten der Universität Kassel handelt es ich um eine fiktive Trauerfeier für die gescheiterte städtebauliche Utopie der 1970er Jahre, die in einer Überbauung der abgerissenen Autobahn mit Wohnraum mündet. Das Kernstück ist ein circa fünfminütiger Film. Es gehört auch ein PDF dazu und ein Holzsarg, gefüllt mit getrockneten Rosen, Plakaten und einem USB-Stick.

Außer den vier Schinkelpreisen wurden neun weitere Auszeichnungen vergeben, darunter der Sonderpreis Städtebau – gestiftet von der BAUWENS-Gruppe – oder der Diesing-Preis, den die Karl-Friedrich-Schinkel-Stiftung beisteuert. Zum ersten Mal in diesem Jahr wurde auch der Sonderpreis der Stiftung Berliner Leben in der Fachsparte Freie Kunst vergeben.

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