Baugesetzbuchnovelle: Weiter Warten auf den Bau-Turbo

Baugesetzbuchnovelle: Weiter Warten auf den Bau-Turbo

Baugesetzbuchnovelle: Weiter Warten auf den Bau-Turbo
Viele haben sich von der Baugesetzbuchnovelle einen Bau-Turbo gewünscht. Quelle: geralt/Pixabay

Der ZIA fordert weiterhin eine „Sonderregelung für schnellere, unkomplizierte Flächenbereitstellungen beim Wohnungsbau“. IMMOBILIEN AKTUELL hat die wichtigsten Änderungen zusammengestellt.

Agentur

Die Suche nach dem Bau-Turbo dauert an: So lautete im März 2024 die Überschrift eines Artikels in DAS PARLAMENT. Dort wird auch auf den Koalitionsvertrag 2021 verwiesen: „Wir werden das Baugesetzbuch (BauGB) mit dem Ziel novellieren, seine Instrumente noch effektiver und unkomplizierter anwenden zu können." Nun hat das Bundesbauministerium die Baugesetzbuchnovelle vorgelegt – mitten in den Sommerferien. „Das Gesetz wird im Kern dem Anspruch gerecht, Bauen zu pushen. Die grundlegende Neuformulierung der Eingangs-Paragrafen ist überzeugend“, sagt ZIA-Hauptgeschäftsführerin Aygül Özkan nach der ersten Analyse. Nachhaltiges Bauen bedeute, Ökologie, Ökonomie und Soziales in einen Ausgleich zu bringen. Genau diese Balance findet der ZIA in der neuen Struktur wieder. So wird beispielsweise das serielle und modulare Bauen künftig leichter umzusetzen sein. „Das ist das zentrale Anliegen unserer konzertierten Aktion Wohnen gewesen“, so Aygül Özkan.

Und sie äußert Hoffnung: auf Planungs- und Umsetzungsbeschleunigung, Fortschritte bei der Digitalisierung. „Es fehlt weiter eine Sonderregelung für schnellere, unkomplizierte Flächenbereitstellungen beim Wohnungsbau“, bemängelt Aygül Özkan. Sie warnt: Mit Blick auf die Vorgaben für innerstädtische Flächen gebe es Nachbesserungsbedarf. „Mehr Effizienz und Entbürokratisierung sollten auch hier das Leitmotiv der Baugesetzbuchnovelle im Fokus stehen.“

Bundesbauministerin Klara Geywitz ist davon überzeugt, dass die Novelle umfassend angelegt ist: „Planen, Genehmigen und Bauen werden bürokratieärmer. Das spart Zeit und Kosten. Die Novelle ist damit auch ein kleines Konjunkturprogramm für die Baubranche. Wir vereinfachen die Anwendung des Städtebaurechts durch mehr Praxisorientierung. Gemeinden können besser auf lokale und regionale Veränderungen reagieren und bei Bedarf schneller Baurechte schaffen. Denkbar sind zum Beispiel Baurechte für die Errichtung von Anlagen für erneuerbare Energien, für die Umnutzung leerstehender Gewerbeimmobilien in den Innenstädten oder zur Vergrößerung von Einzelhandelsstandorten."

Einen Hinweis auf den so oft gewollten und politisch umstrittenen Bau-Turbo findet sich in der neuen Novelle allerdings nicht. Der Gesetzentwurf soll im September 2024 im Bundeskabinett beschlossen werden, das Gesetzgebungsverfahren im Bundestag bis Ende 2024 abgeschlossen sein.

Die wichtigsten Neuerungen der BauGB-Novelle

Aufstockungen

Künftig sollen in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten Erweiterungen von Gebäuden möglich sein, insbesondere Aufstockungen, auch quartiersweise oder stadtweit, ohne dass ein Bebauungsplan geändert werden müsste (vgl. § 31 Absatz 3 BauGB). Bisher gibt es diese Möglichkeit nur im Einzelfall, der häufig schwer zu begründen war.

Innenentwicklung

Es soll leichter verdichtet gebaut werden können, d.h. in zweiter Reihe auf dem Grundstück oder in Höfen. Besitzt also eine Familie einen großen Garten, der Platz für ein zweites Haus lässt, können die Kinder künftig schneller und einfacher ein eigenes Haus auf dem Grundstück errichten. Bisher scheitert das daran, dass eine solche verdichtete Bebauung nicht dem bisherigen Charakter eines Quartiers entspricht. Das bringt Konflikte mit sich.

Sozialer Flächenbeitrag

Mit Hilfe der sogenannten Baulandumlegung können Gemeinden Grundstücke entsprechend der Vorgaben eines Bebauungsplans und nach Maßgaben des BauGB neugestalten oder vorbereiten. Dieses Instrument soll genutzt werden, um auf mehr Flächen sozialen Wohnungsraum zu schaffen. So soll bei der Baulandumlegung ein sozialer Flächenbeitrag eingeführt werden (§ 58a BauGB). Das heißt konkret: Ergibt sich in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt im Ergebnis einer Baulandumlegung ein Anspruch der Gemeinde gegen die Eigentümer auf Wertausgleich in Geld, soll sie statt des Geldes eine Fläche verlangen können. Dann muss sie sich jedoch dazu verpflichten, auf dieser Fläche sozialen Wohnungsbau zu errichten. Wertmäßig ändert sich für die Eigentümer dadurch nichts. Eigentümer profitieren weiterhin, denn sie erhalten durch die Umlegung besser nutzbares Land.

Stärkung der kommunalen Vorkaufsrechte

Die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft soll einem Kaufvertrag gleichgestellt werden. Dadurch wird das spätere Unterlaufen kommunaler Vorkaufsrechte durch die Nutzung sogenannte share deals erschwert. Außerdem sollen die kommunalen Vorkaufsrechte nach BauGB zukünftig auch dann ausgeübt werden können, wenn ein in Eigentumswohnungen geteiltes Gebäude als Ganzes veräußert wird.

Umwandlungsschutz

Das Instrument des Umwandlungsschutzes nach § 250 BauGB wird bis Ende 2027 verlängert. Damit können die Länder in besonders ausgewiesenen Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt einen Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen einführen.

Fristen für die Bauleitplanung

Die Aufstellung von Bebauungsplänen dauert häufig mehrere Jahre. Künftig sollen die Gemeinden Pläne im Regelfall innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Beteiligungsverfahren veröffentlichen.

Umweltprüfung und Umweltbericht

Der Umfang des Umweltberichts soll künftig nur ein Drittel der Begründung des Bebauungsplans umfassen. Die Prüftiefe soll konzentriert werden auf diejenigen Belange, die tatsächlich auf der abstrakten Planebene (ohne konkretes Vorhaben) bewertbar sind.

Innovationsklausel

Veraltete Bebauungspläne sollen künftig schneller aktualisiert werden können ("Innovationsklausel"). Grundsätzlich findet auf einen Bebauungsplan die Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung Anwendung, die zum Zeitpunkt der Planaufstellung galt. Verbesserungen in der BauNVO wirken daher immer nur für die Zukunft, es sei denn, die Gemeinde ändert den Plan förmlich. Für diese Änderung eines Bestandsplans auf die jeweils aktuelle BauNVO dient künftig auch das sog. vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB, in dem auf eine Umweltprüfung verzichtet und Beteiligungsverfahren gestrafft werden können.

Digitalisierung

Die Bekanntmachungen, beispielsweise zu Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, werden zukünftig auch digital veröffentlicht. Die Teilhabemöglichkeit von Menschen ohne Internetzugang wird weiterhin sichergestellt.

Stärkung der Klimaanpassung

Künftig sollen die Kommunen im Zuge der Erteilung des Baurechts z. B. die Schaffung von dezentralen Versickerungsanlagen auf einem Grundstück anordnen können oder auch die Anlage eines Gründaches. Insbesondere soll eine solche Möglichkeit auch für den sogenannten unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) geschaffen werden, in dem sich ein Großteil des Bauens abspielt. Dort kommt es bisher allein darauf an, dass sich das neue Gebäude in die umgebende Bebauung einfügt. Flächen sollen zudem künftig leichter multifunktional genutzt werden (beispielsweise ein Sportplatz zugleich als Retentionsfläche).

Pflanz- und Maßnahmengebot

Bauherren müssen zukünftig innerhalb einer bestimmten Frist bei den zuständigen Behörden nachweisen, dass sie sogenannte Ausgleichsmaßnahmen, beispielsweise das erforderliche Pflanzen von Bäumen oder die Begrünung von Dächern, umgesetzt haben (vgl. § 135a BauGB). Die Anzeigepflicht führt zu weniger Verwaltungsaufwand der Gemeinde. Das "Grün" im Baugebiet wird verlässlich umgesetzt.