Das Leipziger Stadtquartier Bayerischer Bahnhof

Das Leipziger Stadtquartier Bayerischer Bahnhof

Das Leipziger Stadtquartier Bayerischer Bahnhof
Der Portikus vom Bayerischen Bahnhof gibt ansatzweise den Blick auf das verwilderte Gelände dahinter frei. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOM

In Leipzig sind drei gewaltige Quartiersprojekte in der Planung. Auf dem Gelände des Eutritzscher Freiladebahnhofes wird das am größten dimensionierte neue Stadtquartier entwickelt. Westlich des Hauptbahnhofs soll derweil das drittgrößte Projekt, das Löwitz Quartier, entstehen. Ein am ehemaligen Bayerischen Bahnhof vorgesehenes Quartier ordnet sich zwischen diesen beiden gewaltigen Projekten ein und wird von den Verantwortlichen mehr als groß gedacht. Im April 2023 starteten die Bauarbeiten für die ersten 222 Wohnungen im Quartier.

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Erbaut zwischen 1841 bis 1844 galt der Bayerische Bahnhof als ältester Kopfbahnhof der Welt. Zumindest bis zu seiner Schließung 2001. Heute beherbergt das Gebäude ein Restaurant mit eigener Brauerei. Auf dem Areal des ehemaligen Bahnhofs, zu dem die ikonischen Rundbögen des Kopfbaus quasi das Zugangstor bilden, soll in den kommenden Jahren zwischen Bayerischen Platz und Kurt-Eisner-Straße ein lebendiges Stadtquartier entstehen.

So wird das Stadtquartier Bayerischer Bahnhof aufgebaut sein

Bis zu 1.600 Wohnungen für bis zu 2.700 Bewohner sind hier geplant. Freilich inklusive der erforderlichen Infrastruktur aus Kitas und Schulen. Südlich der Kurt-Eisner-Straße sollen zudem 150.000 Quadratmeter Fläche für Büro- und Gewerbenutzung entwickelt werden. Das Herzstück des neuen Quartiers wird ein großzügiger, langgezogener  Stadtteilpark bilden, der in alle Teile des neuen Quartiers „ausstrahlt“. Das Areal wird planungstechnisch in mehrere Teilbereiche zerlegt:

Ein Modell-Ausschnitt des Bauvorhabens am Bayerischen Bahnhof. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOM
Ein Modell-Ausschnitt des Bauvorhabens am Bayerischen Bahnhof. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOM
  1. Portikus / Bayerischer Platz: Die im zweiten Weltkrieg vollkommen zerstörte Ankunftshalle wird spiegelbildlich zur noch vorhandenen Abfahrtshalle wiedererrichtet. Zwischen beiden Gebäuden wird die ebenfalls im Krieg zerstörte Bahnhofshalle neu gebaut. An der Straße des 18. Oktobers ist zudem ein neues Gebäude mit einem markanten Hochpunkt geplant. (Baubeginn 2021)
  2. Kohlenstraße: Hier sehen die Planungen Mehrfamilienhäuser vor. (Baubeginn 2021)
  3. Kita am Dösner Weg: Für diesen Teilbereich sind eine Kita, ein Apartmenthaus und eine als Music Lab bezeichnete Bildungseinrichtung für Musiker vorgesehen. (Baubeginn 2021)
  4. Wohnen am Dösner Weg: 220 Ein- bis Vierzimmerwohnungen sollen hier ein möglichst breites Mieterklientel ansprechen. Vier Sechsgeschosser (jeweils plus Staffelgeschoss) und ein Elfgeschosser werden den Wohnraum beherbergen. (Baubeginn 2021)
  5. Stadtquartier Lößniger Straße: Siehe 6.
  6. Stadtquartier Lößniger Straße: Ganze 1.200 Wohnungen sollen entlang der Lößniger Straße in den Teilbereichen 5 und 6 entstehen. 30 Prozent der Ein- bis Vierzimmerwohnungen werden mietpreisgebunden entwickelt. Eine Kita und Gewerbeflächen ergänzen das Wohnquartier innerhalb des Stadtquartiers. Das Bebauungsplanverfahren läuft. (Baubeginn 2023)
  7. Dösner Weg Süd: Der städtebauliche Vertrag sieht für Teilbereich 7 einen Schulcampus vor. Dieser soll aus zwei miteinander verbundenen fünfzügigen Schulen bestehen, für die aktuell ein Entwurf vom Dresdner Büro wörner traxler richter Architekten vorliegt. Diese sollen 2025 fertig sein. Für den angrenzende Bereich 7a werden Nutzung und Gestaltung aktuell noch diskutiert.
  8. Grundschule Kurt-Eisner-Straße: Geplant ist eine Grundschule für etwa 450 Kinder. Die Stadt hat diese Option wohl aber nicht gezogen. Sollte sie dies noch tun, wäre ein Baubeginn für 2021 vorgesehen.
  9. Gewerbe und Büros: Hier sollen Gewerbe- und Büroflächen entstehen. Ebenso im Bereich 9a, östlich von der Media City. Die Planungen sind hier allerdings noch nicht so weit vorangeschritten. (Baubeginn 2024)
  10. Der Lokschuppen: Der denkmalgeschützte Lokschuppen bleibt erhalten und wird einer gewerblichen / kulturellen Nutzung zugeführt. Es ist vorgesehen, ihn gemeinsam mit dem benachbarten Kohlrabizirkus zu entwickeln. Ein Neubau für Gewerbe, Büro und Dienstleistungen ergänzt den Teilbereich. (Baubeginn 2023)

Entlang der 2005 zurückgebauten Bahnanlagen wird eine in die drei Abschnitte 5a, 5b und 5c aufgeteilte Grünfläche entwickelt.

(Zur Verortung: Die Abschnitte 5 und 6 wären in dem obigen Modell-Ausschnitt des Stadtquartiers rechts neben den Bereichen 4 und 7a angeordnet. Die Bereiche 8 bis 10 würden sich in der Verlängerung von 7 a anschließen.)

Wer baut am Bayerischen Bahnhof was?

Als Vorhabenträger agieren auf der 36 Hektar großen Gesamtfläche die Leipziger Stadtbau AG und die BUWOG Bauträger GmbH. Während die Leipziger Stadtbau AG die Teilbereiche 1, 2, 3, 7, 7a, 8, 9, 9a und 10 entwickelt, kümmert sich die BUWOG GmbH um die Teilbereiche 4, 5 und 6. Den Grüngürtel teilen sich die Unternehmen auf. Die Bereiche 5a und 5b übernimmt die BUWOG, den Bereich 5c die Stadtbau AG.

Mobilität und Nachhaltigkeit im Quartier Bayerischer Bahnhof

Das neue Stadtquartier soll mindestens autoreduziert entwickelt werden. Neue Fuß- und Radwege sollen das Quartier vernetzen und es werden allgemein fahrradfreundliche Strukturen geschaffen.  Des Weiteren stehen umweltgerechte Mobilitätsformen im Fokus. Gefördert werden Angebote für Car- und Bikesharing, Quartiersbusse, Elektro- und Hybridmobilität. Stellplätze für PKWs werden in Form von sechs miteinander verbundenen Tief- und wohnungsnahen Quartiersgaragen errichtet. Einen Tunnel unter dem Quartier zur oberirdischen Verkehrsberuhigung, wie etwa zuletzt von der "BILD" berichtet, wird es nicht geben.

Dem großen Ziel der Nachhaltigkeit soll in erster Linie der etwa sechs Hektar große Stadtteilpark dienen. Hierfür bleiben stadtklimatisch wichtige Freiräume erhalten und diverse versiegelte Flächen werden entsiegelt. Für die Neubauten wird auf modernste Energie-Standards gesetzt und die meisten Dachflächen werden begrünt.

Wichtige Wegpunkte bis zum heutigen Planungsstand

Fortschritte im neuen Stadtquartier

Teilbereich 7: Schulcampus Dösner Weg

Er ist Leipzigs größtes Schulneubauprojekt: Der Campus Dösner Weg. Für dessen ersten Bauabschnitt, eine neue Sechsfeld-Sporthalle, erfolgte Mitte Juni 2022 der Spatenstich. Bei diesem Termin wurden auch konkretere Details zu dem Gesamtvorhaben vorgestellt. Im Februar 2023 begannen zudem die vorgezogenen Bauarbeiten für die Gemeinschaftsschule.

Alle Informationen plus umfangreiche Galerie

Teilbereich 6: Stadtquartier Lößniger Straße

Update vom 27. April 2023: Im April 2023 vermeldete die BUWOG, dass für ihr zweites Stadtquartier, das Stadtquartier Lößniger Straße, die Offenlage des Bebauungsplans vorbereitet werde. Daran würden sich die Verhandlungen zum städtebaulichen Vertrag anschließen, damit ein Satzungsbeschluss in 2024 erfolgen kann.

Teilbereich 4: Wohnen Dösner Weg - Hochbau gestartet

Update vom 27. April 2023: Die Bagger rollen: Am Dösner Weg beginnt der Hochbau der BUWOG für fünf Mehrfamilienhäuser mit gemeinsamer Tiefgarage. Hier entstehen die ersten 222 Wohneinheiten des insgesamt rund 1.500 Wohnungen umfassenden Stadtraums Bayerischer Bahnhof. Das Ensemble am Dösner Weg besteht aus vier Mehrfamilienhäusern mit sechs Geschossen zuzüglich Staffelgeschoss sowie einem elfgeschossigen Hochhaus. Der Entwurf stammt aus der Feder von Tchoban Voss Architekten (Berlin, Dresden).

Die 222 Wohnungen haben eins bis fünf Zimmer mit einem Schwerpunkt auf Wohnungen mit zwei und drei Zimmern. Fast alle Wohnungen haben gartenseitig einen Balkon oder eine Terrasse. Die Wohnungen sind barrierearm oder barrierefrei und eignen sich somit besonders für Ältere oder Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Die Wohnungen am Dösner Weg werden als Eigentumswohnungen gestaltet und voraussichtlich ab August 2023 angeboten. Rund zehn Prozent der Wohnungen unterliegen einer Preisbindung als Förderwohnung. Das heißt: Diese Wohnungen werden zu einer Kaltmiete von derzeit 6,50 Euro vermietet.

Eva Weiß, Geschäftsführerin der BUWOG Bauträger GmbH: „Ursprünglich hatten wir am Dösner Weg den Bau von Mietwohnungen geplant. Durch die zwischenzeitlich drastisch gestiegenen Baukosten hätte jedoch der Mietansatz vom Zeitpunkt des Bauantrages im Jahr 2019 nicht mehr realisiert werden können. Gleichzeitig haben wir vermehrt Anfragen zu familiengerechten Eigentumswohnungen erhalten. Unser Ergebnis begegnet beiden Herausforderungen: Einerseits Eigentumswohnungen für Familien schaffen und zugleich einen Teil der Wohnungen mit klarer Preisbindung realisieren – eine sehr gute Lösung.“

2020 wurden auf dem Areal stehende Baracken abgerissen. Der avisierte Startschuss für den Bau im Jahr 2021 konnte mangels Baugenehmigung nicht gehalten werden. Diese erging im November 2022, woraufhin die BUWOG sofort mit den mit Tiefbauarbeiten begonnen hatte. Der Hochbau und die Außenanlagen werden voraussichtlich bis zum Frühjahr 2025 fertiggestellt.

Eine Visualisierung des BUWOG-Projektes am Dösner Weg. Copyright: BUWOG
Eine Visualisierung des BUWOG-Projektes am Dösner Weg. Copyright: BUWOG

Teilbereich 3: Kita am Dösner Weg

Stararchitekten entwerfen Kita und Musikakademie

Update vom 26. Mai 2020: Für den Teilbereich 3 wurde durch die Stadt ebenfalls ein Wettbewerbsverfahren ausgelobt. Der Gewinner wurde am 25. Mai 2020 bekannt gegeben. Es handelt sich um die Innsbrucker Niederlassung des international tätigen Osloer Architekturbüros Snøhetta, welches unter anderem die Opernhäuser in Oslo und Shanghai sowie das Unterwasser-Restaurant „Under“ entworfen hat. Der Siegerentwurf enthält nicht nur die vorgesehene Kita, sondern zwei weitere Gebäude einer Musikakademie.

Rechts sehen Sie die Kita,
 mittig das Apartmenthaus und links das Music Lab. Quelle: Snøhetta,
 Innsbruck,
 Österreich
Rechts sehen Sie die Kita, mittig das Apartmenthaus und links das Music Lab. Quelle: Snøhetta, Innsbruck, Österreich

Auf dem oben eingebundenen Bild befindet sich die Kita rechts. Sie wird auf drei Etagen Platz für 165 Kinder bieten, aus Lehm gebaut und auf einer zu modellierenden Anhöhe errichtet. Apropos Anhöhe: Auf die Modellierung der gesamten Umgebung verwendeten die Architekten einen Großteil ihrer Zeit. Soll sich doch das entstehende Ensemble perfekt in die Landschaft einfügen und mit ihr verschmelzen. Die Folge: Die Kinder werden aus jeder der drei Etagen treppenfreien Zugang ins Freie haben.

Links im Bild befindet sich das sogenannte und vom Gewandhaus Leipzig intensiv geförderte  „Music Lab“ mit multifunktionalen Proberäumen sowie einem kleinen Konzertsaal mit 200 Plätzen. Dieser wird durch die Modellierung der Umgebung Zugänge zu den angrenzenden Parkflächen mit

Kita und Musikakademie im Modell. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOM
Kita und Musikakademie im Modell. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOM

Auditorien und Bühnen besitzen. Das „Music Lab“ ist Teil der Musikakademie, die zudem über ein Apartmenthaus (Mittig im Bild) verfügt, wo beispielsweise die internationalen Studenten der Mendelssohn-Orchesterakademie untergebracht werden sollen. Beide Gebäude werden in Holzbauweise errichtet. Nur die Treppenhäuser werden aus Brandschutzgründen aus Beton gefertigt.

Stadt drückt bei der Kita aufs Tempo

Die nachhaltige Bauweise ist ein Umstand, der die Leipziger Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau auf der Pressekonferenz zur Verkündung des Siegerentwurfes sehr begeisterte. Nach aktuellen Erfahrungen mit Gebäuden in Holzbauweise war es nämlich ihr Wunsch, „weitere Gebäude in dieser Richtung zu errichten und auch für unsere Nachwelt dafür zu sorgen, dass wir mit Baustoffen arbeiten, die aus der Natur kommen und die letztendlich auch wieder in die Natur zurückgehen können.“

Die Kita hat laut Frau Dubrau absoluten Vorrang und soll so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden. Dazu müssen die Bestandsgebäude der ehemaligen „Gurken- und Konservenfabrik Gebrüder Schumann“ abgerissen und ein Bauantrag eingereicht werden. Als Baubeginn wird 2021 angepeilt. Derweil müssen für die Musikakademie erst noch Drittmittel von Förderern für die Realisierung des Projektes aufgebracht werden.

Teilbereich 2: Kohlenstraße

Ende 2019 wurde ein Wettbewerbsverfahren für den Teilbereich „Wohnen in der Kohlenstraße“ ausgerufen und fünf Architekturbüros zur Teilnahme eingeladen. Im Februar 2020 wurde der Entwurf vom Architekturbüro behet bondzio lin Architekten GmbH & Co. KG zum Sieger gekürt. Die zuständige Stadtbau AG hat den entsprechenden Bauantrag eingereicht und will 2021 mit den Bauarbeiten für 126 Eigentumswohnungen in fünf Häusern beginnen. 

Innovatives Unterflursystem: Im Quartier Bayerischer Bahnhof wird Müll unterirdisch gesammelt

Update vom 11. August 2021: In der Entwicklung nachhaltiger Stadtquartiere ist die Abfallentsorgung eines der zentralen Themen. Die Stadt Leipzig geht nun einen innovativen Weg: Mit dem Unterflurbehältersystem (UFBS) gehören Mülltonnen vor der Tür und sperrige Abfallbehälter in dem neuen Wohnquartier am Bayerischen Bahnhof der Vergangenheit an. Gemeinsam mit dem Masterplaner greeen! architects plant die BUWOG bei ihrem Baufeld an der Lößniger Straße im Stadtraum Bayerischer Bahnhof innovative, im Boden eingelassene Abfallbehälter, die in mehrfacher Hinsicht von Vorteil sind.

Abfall wird damit „unsichtbar“ und die Sauberkeit des Wohnumfeldes wird verbessert. Darüber hinaus sind die Einwurfsäulen barrierefrei und komfortabel bedienbar. Die Entleerung der Behälter wird zugleich effektiver, da sich die Standzeiten des Müllautos verringern und mit einer Leerung mehr Volumen gefasst wird. So werden CO2-Emissionen eingespart und die Lärm- und Verkehrsbelastung durch Müllfahrzeuge erheblich reduziert – eine nachhaltige Form der Entsorgung.

Dieser Modellversuch ist möglich, nachdem die Ratsversammlung im Mai 2021 einer Beschlussvorlage des Dezernats für Umwelt, Klima, Ordnung und Sport folgend beschlossen hatte, neben der herkömmlichen Abfallsammlung – etwa mit Mülltonnen – auch Unterflurbodensysteme in Leipzig zuzulassen.

Das geplante Vorhaben am Bayerischen Bahnhof als Video

 

Projektwebsite des Großvorhabens

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