BBU Marktmonitor 2021: Sinkende oder stagnierende Mieten bei explodierenden Baupreisen auf Kosten der Substanz

BBU Marktmonitor 2021: Sinkende oder stagnierende Mieten bei explodierenden Baupreisen auf Kosten der Substanz

BBU Marktmonitor 2021: Sinkende oder stagnierende Mieten bei explodierenden Baupreisen auf Kosten der Substanz
Vorständin Maren Kern stellte den BBU Marktbericht 2021 vor. Copyright: BBU

Die Neuvertrags-Mieten der BBU-Mitgliedsunternehmen sind in Berlin im Vergleich zu 2019 um 3,6 Prozent gesunken und liegen im Durchschnitt bei 7,66 Euro. So lautet eines der Ergebnisse des BBU-Marktmonitors 2021. Das Werk ist mit 240 Seiten so umfangreich wie selten. Grundlage für die Studie des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen waren rund eine Million Realmieten, also keine Angebotsmieten von Internetportalen wie bei anderen Studien.

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Doch nicht nur die Menge an real erhobenen Daten und den daraus resultierenden Analysen verleihen dem Marktmonitor 2021 besonderes Gewicht. Er unterscheidet sich auch in einem anderen Punkt von allen anderen Erhebungen zum Wohnungsmarkt: Zum ersten Mal wurde der Betrachtungszeitraum geändert. Die Neuvertrags- und Bestandsmieten in Berlin sind nicht regulär zum 31.12.2020, sondern erst zum Juni 2021 erhoben worden. BBU-Vorstand Maren Kern erklärte dazu: „Wir wollten die Verzerrung durch den gescheiterten Mietendeckel ausschließen.“ Die Änderung des Betrachtungszeitraums wurde entsprechend für die Mieten in Brandenburg übernommen.

BBU Marktmonitor 2021 belegt: Keine Entspannung auf Berliner Wohnungsmarkt

Die gesunkenen Neuvertragsmieten sind kein Zeichen der Entspannung auf dem Berliner Wohnungsmarkt, sondern eine Folge des verfassungswidrigen Mietendeckels. Daran ließ Maren Kern keinen Zweifel. Um den sozialen Frieden zu wahren, hätten viele Mitgliedsunternehmen auf mögliche, höhere Mieten bei Verträgen verzichtet, die während der Geltungsdauer des Gesetzes abgeschlossen worden seien. „Auf die mittlerweile im Schnitt 20jährige Dauer eines Mietverhältnisses bei unseren Unternehmen gerechnet, macht das einen rechnerischen Einnahmeverlust von 140 Millionen Euro. In Investitionen gerechnet summiert sich das dann auf 700 Millionen Euro.“ Das Geld fehlt für den Neubau, aber auch für Klimaumbau, Sanierung und Modernisierung im Bestand.

Bei einzelnen Baualtersklassen sind die Mieten noch weit stärker gesunken: Bei Wohnungen mit Baujahr bis 1948 um 8,1, bei Wohnungen ab 1949 bis 1972 um fünf, bei Wohnungen von 1973 bis 1990 um 6,2 Prozent. Auch bei den Bestandsmieten ist es zu keinen signifikanten Mieterhöhungen gekommen. Sie sind im Vergleich zu 2019 lediglich um 0,7 Prozent gestiegen und lagen zum Stichtag im Durchschnitt bei 6,37 Euro pro Quadratmeter. Und obwohl die BBU-Unternehmen rein rechnerisch Neubaumieten von 13,01 Euro verlangen müssten, wurden nur 10,27 Euro pro Quadratmeter verlangt – und damit 2,9 Prozent weniger als 2019. „Das ist nur durch Quersubventionierung oder mit Hilfe von Fördermitteln möglich.“

Baupreise für Neubau steigen um 38 Prozent

Den gesunkenen, stagnierenden und niedrig gehaltenen Mieten stehen explodierende Baukosten gegenüber. Basis für die Zeitreihen des BBU ist das Jahr 2015. In Berlin sind die Baupreise für Neubau seither um rund 38 Prozent und für Instandhaltung um rund 37 Prozent gestiegen, die Verbraucherpreise dagegen nur um rund neun Prozent. Besonders rasant haben sich die Preise im vergangenen Jahr entwickelt. Im November 2021 kosteten Klempnerarbeiten in Berlin rund 18 Prozent und Zimmererarbeiten sogar rund 38 Prozent mehr als zwölf Monate zuvor. Ein Grund dafür sind die extrem gestiegenen Materialpreise. Im Vergleich zu 2020 kosteten zum Beispiel Betonstahl 53 Prozent und Konstruktionsholz sogar 77 Prozent mehr.

Auch die Lohnkosten sind gestiegen. Hinzu kommen steigende Baulandkosten. Preistreibend wirken zudem sogenannte politische Faktoren: lange Planungsdauern, Verzögerungen beim Einrichten von Baustellen wegen nicht rechtzeitig vorliegender Fällgenehmigungen und ausbleibenden Genehmigungen für die Nutzung des Straßenlandes. Besonders problematisch sei das Fehlen von Ausgleichflächen für Natur- und Artenschutz. Verzögert werde der Neubau zudem durch Proteste der Anwohner. Zwar würden die Preise derzeit wieder etwas zurückgehen: Insgesamt sei aber weiterhin mit steigenden Baukosten zu rechnen.

Laut BBU Marktmonitor 2021 fast 23.000 BBU-Wohnungen von Förderstopp betroffen

Was am Ende der Preisspirale steht, hat der BBU für den Neubau errechnet: Die reinen Herstellungskosten ohne Grundstück und Nebenkosten lagen 2015 in Berlin bei 2.308 Euro, 2021 dagegen bei 3.123 Euro. Bei einer 60 Quadratmeter großen Wohnung sind das rund 48.900 Euro mehr. Um diese Kosten über Mieten refinanzieren zu können, musste 2015 eine Nettomiete von 9,62 Euro pro Quadratmeter kalkuliert werden, 2021 dagegen 13,01 Euro – also 3,39 Euro mehr pro Quadratmeter.

Maren Kern betonte: „Wenn die zügig steigenden Arbeits-, Bau- und Materialkosten nicht auf der Einnahmeseite kompensiert werden können, geht das letztlich auf Kosten der Substanz.“ Auch vor diesem Hintergrund sei der abrupte Stopp der KfW-Förderung ein Schock. Rund 22.779 Wohnungen der BBU-Unternehmen seien davon betroffen. Fällt die Förderung weg, könnten die Wohnungen nicht gebaut oder modernisiert werden. Jedenfalls nicht zu den kalkulierten Mieten. Ohne Fördergeld müsse die Miete 1,51 Euro mehr pro Quadratmeter betragen.

Wohnen im Berliner Speckgürtel ist wesentlich preiswerter als in der Hauptstadt

Auch die Daten für Brandenburg wurden eingehend analysiert: Das Wohnen im Umland und der Metropolenregion ist weit günstiger als in der Hauptstadt. Die Differenz liegt im Durchschnitt bei ein bis zwei Euro pro Quadratmeter. So wurden in Brandenburg im Durchschnitt Neuvertragsmieten von 6,13 Euro pro Quadratmeter verlangt. Im Umland von Berlin lag der Wert bei 6,99 Euro, im weiteren Metropolenraum bei 5,62 Euro.

Wer eine Bestandswohnung hat, zahlt in Brandenburg im Durchschnitt 5,41 Euro, im Berliner Umland 5,98 Euro und im weiteren Metropolenraum 5,05 Euro pro Quadratmeter. Die höchsten Mieten werden bei einem Neuvertrag in Wildau mit 8,64 Euro verlangt, wo ein Bestand an denkmalgeschützten Häusern höhere Mieten nötig mache. In Potsdam liegt die BBU-Miete bei Neuverträgen durchschnittlich bei 7,63 Euro und im Bestand nahezu wie in Berlin bei 6,32 Euro.

Die niedrigsten Neuvertragsmieten im Berliner Umland sind mit 5,45 Euro in Velten verzeichnet worden. Am billigsten ist das Wohnen rund 130 Kilometer von Berlin entfernt in Großräschen: Dort liegt die durchschnittliche Bestandsmiete bei 4,48 Euro. Bei einem Neuvertrag sind 4,60 Euro pro Quadratmeter zu zahlen. Nicht anders als in Berlin stehen die Brandenburger Unternehmen vor dem Problem der Finanzierung von Neubau und Instandhaltung bei steigenden Kosten. Hier sind die Preise für Instandhaltung seit 2015 sogar um rund 40 Prozent gestiegen, die Kosten für Neubau um 38 Prozent.

Diskrepanz zwischen Mietenentwicklung und steigenden Baukosten wird größer

Die Diskrepanz zwischen Mietenentwicklung und steigenden Baukosten drohe in Zukunft noch größer zu werden, betonte Maren Kern. „Das ist auch ein Risiko für die wirtschaftliche Substanz der Wohnungsunternehmen.“ Wie also weiter? Der BBU setzt auf Zusammenarbeit mit der Politik: im Bündnis für Wohnen in Brandenburg und in Berlin mit Gesprächen zum Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen. Dabei halten die BBU-Verantwortlichen einige Ansätze für möglich.

Dazu zählen: Ein Baubeschleunigungsgesetz, die Beschleunigung von Bauplanungsverfahren mit der Verkürzung von Genehmigungsfristen und Typenbaugenehmigungen. „Fallmanager*innen zum Beenden des Verantwortungs-Mikados“, die Digitalisierung von Planung und Verfahren, das Vereinfachen der Berliner Bauordnung, deren Novellierung jedoch mit neuen Vorschriften wie der Dach- und Fassadenbegrünung ansteht, und das Entschlacken des Vergaberechtes, um wieder Wettbewerb und Transparenz zu sichern.

Maren Kern wies auch auf das Problemfeld Brandschutz hin. Statt immer höherer Anforderungen an den Bau sollte die Feuerwehr fit für die Anforderungen einer Metropole mit dem entsprechenden Hochbau gemacht – und entsprechend ausgerüstet werden. Baulandreserven sollten erschlossen, also der Dachgeschossausbau und die Nachverdichtung erleichtert und Ressourcen wie der Rand des Tempelhofer Feldes für Neubau genutzt werden. Wichtig sei auch ein Vorrat an Ausgleichsflächen für Berliner Projekte zu schaffen.

BBU schlägt Senkung der Mehrwertsteuer vor

„Was ich noch als eine Möglichkeit für kostengünstigeres Bauen sehe, das ist die Senkung der Mehrwertsteuer für Baukosten von 19 auf sieben Prozent.“ Das macht nach BBU-Berechnung bei einer 60-Quadratmeter-Wohnung rund 20.000 Euro weniger und damit 1,31 Euro weniger Miete pro Quadratmeter im Monat. „Das ist eine Überlegung, zumindest für einen Zeitraum, in dem es dringenden Neubaubedarf gibt und in der ich Mieten – auch in der Modernsierung und Instandhaltung – niedriger halten will.“

Förderprogramme müssten evaluiert und weiterentwickelt werden: Es bedarf höherer Baudarlehen, die der Entwicklung der Baukosten entsprechen und laufzeitabhängig, wirtschaftliche Tilgungsverzichte. „In Berlin könnte auch über den Ausbau der Subjektförderung nachgedacht werden, um zielgenauer Menschen mit Unterstützungsbedarf helfen zu können.“ Der Förderstopp sei in jedem Fall kontraproduktiv gewesen. Maren Kern machte noch einmal deutlich: „Wir werden, um die Klimawende hinzubekommen und weiterhin preisgünstige Mietwohnungen anbieten zu können, auf höhere Förderung angewiesen sein.“

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