Der Gebäudetyp E, ein Vorstoß der Bundesregierung zur Vereinfachung von Bauvorhaben, sorgt in der Immobilienbranche für kontroverse Diskussionen. IMMOBILIEN AKTUELL hat sich Lob und Kritik angeschaut.
Ziel des Gesetzes ist es, die Baukosten zu senken und den Planungsprozess zu beschleunigen, indem Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik (aRdT) in bestimmten Fällen zugelassen werden. Dies soll insbesondere im Bereich des dezentralen und bezahlbaren Mietwohnungsbaus zu deutlichen Einsparungen führen. Das Bundesministerium der Justiz hat hierzu einen Referentenentwurf vorgelegt, der vor allem Anpassungen im Bauvertragsrecht vorsieht. Diese sehen vor, dass Komfortstandards, die nicht sicherheitsrelevant sind, nicht mehr als zwingende technische Normen gelten. Stattdessen soll es für fachkundige Unternehmer einfacher werden, von diesen Regeln abzuweichen. Zulässig ist es dann, wenn die dauerhafte Sicherheit und Eignung des Gebäudes nicht beeinträchtigt wird.
Positives Echo aus der Wohnungswirtschaft
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) begrüßt den Entwurf und sieht darin eine Chance, die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt zu entschärfen. „Das ist ein zentraler und wichtiger Schritt auf dem Weg aus der Baukrise. Endlich einfacher und erschwinglicher bauen wird die Kräfte freisetzen, die wir benötigen, um bezahlbares Wohnen zu ermöglichen,“ erklärt BFW-Präsident Dirk Salewski. Weiter führt er an, dass der Vorteil des Regelstandards nicht nur in der Kostenreduzierung durch Materialeinsparungen liege, sondern auch im geringeren Ressourcenverbrauch, der sich positiv auf die Umwelt auswirke. Außerdem fordert er, baurechtliche Hürden für alle Marktteilnehmer abzubauen, damit auch private Bauherren von den Reformen profitieren.
Kritische Stimmen: Aengevelt Research warnt vor Unsicherheiten
Es gibt jedoch auch kritische Stimmen. So bemängelt das Researchteam von Aengevelt, dass der Entwurf des Gebäudetyp-E-Gesetzes keine ausreichende Rechtssicherheit bietet. Derzeit müssen die anerkannten Regeln der Technik strikt eingehalten werden, um ein mangelfreies Bauwerk sicherzustellen. Abweichungen sind nur unter strengen Auflagen erlaubt, um potenzielle Risiken zu minimieren. Das geplante Gesetz soll diese Abweichungen erleichtern, ohne jedoch eine umfassende Risikoaufklärung vorzuschreiben. Genau das, so warnt Aengevelt, könnte zu erheblichen zivilrechtlichen Unsicherheiten führen.
Dr. Wulff Aengevelt, Geschäftsführer des Unternehmens, findet klare Worte: „Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, für größtmögliche Klarheit und Eindeutigkeit und damit für Rechtssicherheit zu sorgen. Der Entwurf zum Gebäudetyp-E-Gesetz bewirkt genau das Gegenteil.“ Aengevelt fordert umfassende Nachbesserungen, um die rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken zu minimieren und das Gesetz auf ein solides Fundament zu stellen.
Immobilienwirtschaft enttäuscht: ZIA fordert Verbesserungen
Auch der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) zeigt sich enttäuscht von dem Referentenentwurf. Hauptgeschäftsführerin Aygül Özkan bemängelt, dass der Entwurf nicht die notwendigen Maßnahmen enthält, um das Bauen tatsächlich schneller, einfacher und kostengünstiger zu machen. „Es fehlt offenbar der Mut, rechtliche Freiräume zu schaffen, die tatsächlich anderes Bauen ermöglichen.“ Sie warnt, dass das Vorhaben „nur Wunschdenken bleiben“ könnte, wenn die Vorschläge nicht deutlich verbessert würden.
Aygül Özkan betont zudem, dass die Immobilienbranche innovative Bauweisen erwarte, die abweichen dürften. Solange jedoch an den anerkannten Regeln der Technik festgehalten werde, sei kein echter Fortschritt zu erwarten. „Werden diese Pläne nicht deutlich korrigiert, dann werden wir den Gebäudetyp E unter ‚E wie Enttäuschung‘ verbuchen müssen“, so Aygül Özkan.
Ausblick: Gesetzesbeschluss für 2025 erwartet
Die Bundesregierung plant, den Entwurf im Herbst 2024 im Kabinett zu beschließen, mit einem Inkrafttreten des Gesetzes frühestens 2025. Doch bis dahin bleiben viele Fragen offen. Insbesondere wie die Regelungen in der Praxis umgesetzt werden sollen und ob die erhofften Einsparungen tatsächlich eintreten, wird die Branche in den kommenden Monaten intensiv beschäftigen.
Ob der Referentenentwurf zum Gebäudetyp E tatsächlich etwas taugt und die versprochene Revolution im deutschen Wohnungsbau bringt, bleibt abzuwarten. In der Theorie klingt das Konzept vielversprechend, aber die Praxis muss zeigen, ob die geplanten Maßnahmen tatsächlich die erhofften Verbesserungen bewirken oder am Ende mehr Probleme schaffen als sie lösen.