Berlin braucht Wohnungen, keine Experimente

Berlin braucht Wohnungen, keine Experimente

Berlin braucht Wohnungen, keine Experimente
Jakob Mähren. Quelle: MÄHREN AG / Dennis Stompfe.

Der Druck auf den Berliner Wohnungsmarkt ist enorm. Abhilfe verspricht sich der Senat durch den Mietendeckel, der unverhältnismäßige Mieterhöhungen verhindern soll. Über die Folgen dieser Reform – ein Kommentar von Jakob Mähren, Vorstandsvorsitzender der MÄHREN AG.

Agentur

262.657 – so viele Einwohner hat Berlin seit der Jahrtausendwende hinzugewonnen. Das entspricht ziemlich genau der Bevölkerung von Mönchengladbach. Und es ist ein Zeichen für die beeindruckende Entwicklung der Stadt. Berlin ist in den vergangenen drei Jahrzehnten zusammengewachsen und hat sich wieder als europäische Metropole etabliert. Selbst auf Menschen aus den USA, Australien oder Japan übt die Stadt inzwischen eine große Anziehungskraft aus. Das spüren Berliner genauso wie Neuankömmlinge. Nicht nur in den vollen U-Bahnen, sondern auch bei der Wohnungssuche.

Weil immer mehr Menschen hier wohnen möchten, finden immer weniger von ihnen adäquaten und bezahlbaren Wohnraum. Denn mit der Nachfrage sind auch die Miet- und Kaufpreise in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das bringt soziale Probleme mit sich, die zu lösen Verantwortung der Politik wäre. Und eigentlich gibt es bei einem so offensichtlichen Wohnungsmangel nur eine logische Antwort: neue Wohnungen. Doch was macht der Berliner Senat? Er experimentiert mit einem „Mietendeckel“ – als könnte man die Prinzipien der Marktwirtschaft per Dekret aushebeln.

Als überzeugter Berliner sage ich das nicht leicht hin, aber ich bin mir sicher, dass die Menschen unter dieser Entscheidung leiden werden. Und zwar in der Breite. Denn der Mietendeckel verbessert nichts. Kein Vermieter wird nun Wohnungen für 7,80 Euro pro Quadratmeter auf den Markt werfen – allenfalls wird noch an Freunde und Bekannte vermietet. Stattdessen ist ein Boom bei möblierten Wohnungen zu erwarten, drohen überhöhte Abstandzahlungen für Bestandsmietverträge. Der Angebotsmarkt wird verrücktspielen.

Die Preise für vermietete Wohnungen dürften absacken – ich schätze um etwa 30 Prozent. Eigentumswohnungen und leerstehende Objekte hingegen blicken einem noch größeren Run als bisher entgegen. Klar, mancher kurzdenkende Investor wird sich über mehr Anfragen und höhere Verkaufspreise für seine Projekte freuen. Aber mittelfristig ist es selbst für Immobilienunternehmen nicht gut, wenn der Markt dermaßen aus dem Gleichgewicht gerät. Wenn die Mieten nicht mehr mit den Kaufpreisen Schritt halten, ist jeder Immobilienkauf eine Wette auf die Zukunft – und wer will noch kaufen, wenn es auf absehbare Zeit deutlich günstiger ist zu mieten?

Besonders dramatisch finde ich, dass sich dieser Prozess innerhalb kürzester Zeit vollziehen wird. Bereits am Tag der Entscheidung für den Mietendeckel gaben die Kurse der börsennotierten Wohnungsunternehmen deutlich nach. Die Verluste waren ein Vorbote des Mieterdilemmas. Denn deren einzige Hoffnung auf Entspannung heißt, wie gesagt, Neubau. Der aber wird mehr oder weniger vollständig zum Erliegen kommen.

Damit tragen die Mieter das gesamte Risiko dieses politischen Experiments, das zum Scheitern verurteilt ist. Sie werden es sein, die im Wettbewerb um Wohnraum bis an die Grenze ihrer Zahlungsfähigkeit gehen müssen. Denn machen wir uns nichts vor: Der Attraktivität Berlins für Menschen aus aller Welt wird auch eine verschärfte Situation auf dem Wohnungsmarkt keinen Abbruch tun. Ganz im Gegenteil dürfte die Stadt für Londoner, New Yorker oder Melbourner noch reizvoller erscheinen, bekommt man doch Wohnungen für deutlich unter zehn Euro pro Quadratmeter – wenn auch nur in der Theorie. Der Druck auf den Wohnungsmarkt wird sich also in den kommenden Jahren nur noch weiter erhöhen.

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