Büro- und Gewerbeflächen in Berlin: Die Hauptstadt ist geteilt

Büro- und Gewerbeflächen in Berlin: Die Hauptstadt ist geteilt

Büro- und Gewerbeflächen in Berlin: Die Hauptstadt ist geteilt
Quelle: Marc-Steffen Unger

Einerseits hat der Büroflächensektor die Multikrise noch immer nicht hinter sich gelassen und ist weiterhin auf dem Weg zu einer neuen Normalität. Entsprechendes zeigt der Gewerbe-Pulsschlag von GSG Berlin: Die Bürovermietungszahlen bewegen sich – geprägt durch die Verunsicherung vieler Unternehmen sowie die Sparkurse, die auch die öffentliche Hand betreffen – erheblich unter dem langjährigen Durchschnitt. Sebastian Blecke, Geschäftsführer der GSG Berlin, fasst die Analyse für IMMOBILIEN AKTUELL zusammen.

Agentur

Großanmietungen sind selten geworden. Andererseits ist aber der Immobilienmarkt für produzierendes und verarbeitendes Gewerbe sowie (Leicht-)Industrie ein Stabilitätsanker. Die Unternehmensimmobilie für produzierendes Gewerbe und Co. erreicht weiterhin die Flächenumsätze der vergangenen Jahre.

Entwicklung in Richtung 50 Euro pro Quadratmeter

Langfristig wird sich die Nachfrageschere aber wieder etwas schließen: Das Büro wird in der Gunst der Nutzer wieder aufholen. Vor allem mit Blick auf Büros in Toplage und in Topqualität steigen schon jetzt die Büromieten – und werden sich von aktuell 45 Euro pro Quadratmeter in Richtung 50 Euro pro Quadratmeter entwickeln. Ein Indikator für die steigende Nachfrage ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Für Berlin wird bis 2026 mit einem Anstieg der Erwerbstätigenzahl um 4,1 Prozent gerechnet. Hieraus resultiert ein Mehrbedarf an Bürofläche – der zwar natürlich nicht im selben Maße raumwirksam wird (Stichwort Homeoffice und „Work from anywhere“ als neue Normalität). Aber der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass gerade solche Büros, die anpassungsfähig sind, ihre Nutzer finden und halten werden.

Work from anywhere – kein neues Phänomen

So gibt es „Work from anywhere“ tatsächlich bereits seit mindestens 30 Jahren – bekannt ist unter anderem das Beispiel einer US-amerikanischen Werbeagentur, die in den 1990er-Jahren portable Telefone und PowerBooks ausgegeben und den festen Schreibtischarbeitsplatz abgeschafft hatte. Und sofort wurde damals öffentlich genau das diskutiert, was auch heute immer noch phasenweise postuliert wird: Das Ende des Büros ist gekommen. Nur hat das Büro damals überlebt und wird auch heute überleben, sofern, wie schon erwähnt, die jeweiligen Immobilien die Veränderungen mitgehen und sich flexibel anpassen können.

Mieter halten „freie“ Flächen weiterhin vor

Ohnehin bedeutet eine reduzierte Anwesenheit im Büro ja nicht zwangsläufig, dass die frei werdenden Flächen nicht mehr benötigt werden: Wir haben für den aktuellen Gewerbe-Pulsschlag knapp 200 unserer Mieter befragt, und mehr als jeder zweite möchte vermeintlich überflüssige Flächen weiter vorhalten. Es geht auch ihnen um Flexibilität. Interpretieren kann man das in Richtung Mitarbeiterwachstum, das wie gesagt teilweise raumwirksam wird, und das man flexibel auffangen möchte. Und man kann es in eine andere Richtung interpretieren: dass man Raum braucht, der flexibel umgestaltet werden soll, Stichwort New Work. Denn New Work braucht oft weniger Arbeitsfläche, aber dafür mehr „Social Space“, damit der Austausch zwischen den Kollegen besser funktioniert.

Informeller Austausch als Pluspunkt

Das britische Research-Unternehmen Leesman beispielsweise stellt dies in einer der vielleicht größten Analyse über die Zufriedenheit der Menschen mit ihrer Arbeitsumgebung fest: Das Büro der Zukunft wird die Community und Zusammenarbeit stärken – indem der informelle, ungeplante Austausch abseits von eigens terminierten Meetings unterstützt wird. Mehr und größere Break-out-Zonen (ja, auch mit Kicker oder Hängematte, wenn passend) oder die Kaffeeküche 2.0 sind hierfür Ansätze – manche unserer Mieter setzen auf regelmäßige Motto-Frühstücke sowie selbstgekochte Event-Mittagessen. In den Niederlanden hat Leesman Beispiele identifiziert, wo der Erfrischungsbereich gar das eindeutige Herzstück der Unternehmenskultur ist: Er wird nicht als Ort zum Abschalten oder für Pausen angesehen, sondern als Ort, an dem man mit seinen Kollegen in Kontakt kommt, um voneinander zu lernen und Erfahrungen über Projekte auszutauschen. Ein Ort, an den auch leitende Angestellte bewusst gehen, um an diesem Austausch teilzunehmen und sich mit den Teammitgliedern auszutauschen.