Enteignung in Berlin: Datenschutz vor Enteignungsgesetz?

Enteignung in Berlin: Datenschutz vor Enteignungsgesetz?

Enteignung in Berlin: Datenschutz vor Enteignungsgesetz?
Ist der Datenschutz mächtiger als Enteignungsbestrebungen in Berlin? Copyright: Gerd Altmann auf Pixabay

Die Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen und der Berliner Mieterverein zeigen sich unzufrieden mit dem Berliner Senat. Der hat die Herausgabe von Eigentümerdaten des Grundbuchamtes aus rechtlichen Gründen abgelehnt.

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Die Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen strebt die Enteignung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen an. Im September 2021 hatte es dazu einen positiven Volksentscheid in Berlin gegeben. Ende März 2022 wurde eine Expertenkommission eingesetzt, die die Machbarkeit eines Enteignungsgesetzes prüfen soll. Dazu gehört auch die Auswertung von Daten zu den Eigentumsverhältnissen. Die Enteignungsinitiative wirft dem Berliner Senat nun vor, er würde die Herausgabe der Grundbuchdaten blockieren. In einer öffentlichen Mitteilung heißt es: „Als Begründung gibt er vermeintliche datenschutzrechtliche Bedenken an.“

Analyse durch linksparteinahe Rosa-Luxemburg-Stiftung

Mit der Analyse der Daten wurde Christoph Trauvetter beauftragt. Er soll ermitteln, welche Unternehmen enteignet werden könnten, also mehr als 3.000 Wohnungen besitzen. Der Begriff dafür lautet: vergesellschaftungsreif. Der Wirtschaftswissenschaftler ist Autor der Studie „Wem gehört die Stadt“ der linksparteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung. Er vertritt als Sachverständiger die Interessen der Enteignungsinitiative. Als wissenschaftlicher Referent des Netzwerkes Steuergerechtigkeit sammelt er zudem seit einiger Zeit bundesweit Daten über Immobilieneigentümer.

Eines der Ergebnisse dieser Analyse wurde im Oktober veröffentlicht und lautet: „Die soziale Marktwirtschaft braucht den Immobilienpranger.“ Es wird damit auf eine Aussage von Daniel Föst Bezug genommen, dem wohnungspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagfraktion, zu der im Koalitionsvertrag festgehaltenen Verknüpfung von Datenbankgrundbuch und Transparenzregister. Daniel Föst hatte erklärt: „Was es mit der FDP aber nicht geben wird, ist eine Art Immobilienpranger, bei dem jeder einsehen kann, wem was gehört.“

Vermieter alle am Pranger?

Die Forderung nach maximaler Transparenz steht dem Datenschutz entgegen, zumal in einer Stimmung, in der alle Vermieter gleichermaßen an den Pranger gestellt werden. Private Kleinvermieter ebenso wie Stiftungen oder Genossenschaften. Die Berliner Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, sowie für Justiz, dem die Grundbuchämter unterstehen, haben die gewünschten Daten nicht geliefert. Die Enteignungsinitiative spricht von einem „Sabotageakt“ des Berliner Senates.

Achim Lindemann, Sprecher der Initiative, erklärte: „Diese Daten nicht rauszurücken und die Arbeit der eigenen Kommission so zu sabotieren, ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten.“ Ohne die erforderliche Datengrundlage könne die Kommission ihrem im Koalitionsvertrag vereinbarten Auftrag de facto nicht nachkommen. „Es wird Zeit, dass der Senat aufhört, seine schützende Hand über die Großkonzerne zu halten, die uns allen das Leben schwer machen.“

Statt der flächendeckenden Analyse aller Grundbuchdaten habe der Senat laut Initiative angeboten, die Daten von Großvermietern zur Verfügung zu stellen oder zu erfragen, die bereits als solche bekannt sind. In einer Kostenschätzung des Senates wurden 2019 insgesamt zehn Immobilienunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen aufgeführt – allen voran die Deutsche Wohnen. Darunter war aber auch die Hilfswerk-Siedlung, ein evangelisches Wohnungsunternehmen.

Christoph Trautvetter erklärte dazu: „Ohne die Grundbuchdaten lässt sich nicht seriös ermitteln, welche Unternehmen in Berlin große Wohnungsbestände besitzen. Die Argumente gegen die Bereitstellung der Daten überzeugen nicht. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass bereits mehrere andere Bundesländer – mit der gleichen oder einer sehr ähnlichen Rechtsgrundlage – die nötigen Informationen für journalistische und wissenschaftliche Auswertungen zur Verfügung gestellt haben.“

Juristische Sonderrolle für Berlin?

Verwiesen wird auf das Saarland und Thüringen, sowie auf die Städte Essen, Hannover und Dresden, die Grundbuchdaten zur wissenschaftlichen Analyse zur Verfügung gestellt hätten. Der Berliner Mieterverein unterstützt die Forderung der Initiative mit Hinweis auf die genannten Länder und Städte. Es sei nicht ersichtlich, warum Berlin eine juristische Sonderrolle spielen solle. Ulrike Hamann, seit dem Ausscheiden von Reiner Wild im August Geschäftsführerin des Vereins, erklärte: „Wir sind gern bereit, bei juristischen Bedenken zu einer Lösungssuche beizutragen.“

Noch in diesem Jahr wird ein Zwischenbericht der Kommission erwartet. Bis April 2023 soll sie Empfehlungen für das weitere Vorgehen in Sachen Enteignung vorlegen.

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