Für den 27. Juli 2023 wurde eine weitere EZB-Zinssitzung anberaumt und eine Erhöhung des Leitzinses um 0,25 auf 4,25 Prozent beschlossen. Damit gehen erhebliche Konsequenzen für die Baubranche einher. Ein einordnender Kommentar von Volker Wohlfarth, Managing Director bei zinsbaustein.de.
Die Erhöhung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank (EZB) zeigt, dass sich die Volatilität der Verkaufspreise im Neubau auch im dritten Quartal 2023 weiterhin fortsetzt. Zwar haben sich Material- und Energiekosten weitgehend stabilisiert – auch die Lieferketten sind inzwischen wieder zuverlässiger. Doch wir sehen, dass die Leitzinserhöhungen den Zenit nicht überschritten haben und weiterhin für erhebliche Unsicherheit in der Baubranche sorgen.
Unternehmen der Baubranche stehen an der Wand
Vor dem Hintergrund der Leitzinserhöhung durch die EZB heißt das: Die Unternehmen der Baubranche stehen an der Wand – ihnen geht der Verhandlungsspielraum aus. So müssen sie an den Stellen effizienter, intelligenter und vor allem digitaler werden, die sie beeinflussen können – bei der Planung, der Finanzierung und letztendlich beim Bau. Die Stichworte sind Serielles Bauen oder Building Information Management (BIM). Doch es fehlt an regulatorischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Wir müssen die Digitaloffensive für den Bau beschleunigen. Wenn die Bauämter in Deutschland nicht schneller und digitaler werden, wird der Wohnungsbau noch weiter ausgebremst.
Allein wir bei zinsbaustein.de konnten in den letzten drei Monaten Bauprojekte mit mehr als 500 Wohneinheiten nicht finanzieren, weil exogene Qualitätsparameter nicht eingehalten wurden. Diese gehören zu jenen 400.000 Wohneinheiten, die die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag pro Jahr bauen und fertigstellen will. Mit anderen Worten: Das Konzept der Projektentwickler überzeugte, doch es waren beispielsweise Baugenehmigungen verzögert oder es lagen andere externe Bauhinderungsgründe vor, auf die weder Projektentwickler noch Zinsbaustein Einfluss hatten.
Spielräume für Entlastungen
Wenn der Staat mehr Wohnungsbau will, dann müssen die Genehmigungsverfahren schneller, einfacher und digitaler werden. Noch schneller umzusetzen wäre eine monetäre Entlastung: Der Wohnbau sollte vom Vorsteuerabzug profitieren. Wohnraumerrichtung für private Haushalte könnte also um mehr als zehn Prozent günstiger werden, wenn Bauleistungen ohne Mehrwertsteuer berechnet würden. Ein weiterer Kostenblock, der zur Verbesserung der Situation führen kann, ist die Grunderwerbsteuer. Die Diskussion wird schon geführt, jedoch muss kurzfristig gehandelt werden. Rund 17 Milliarden Euro nehmen die Länder derzeit über die Grunderwerbssteuer ein. Die Immobilienkäufer zahlen derzeit zwischen 3 und 6,5 Prozent je nach Bundesland. Eine sinnvolle Maßnahme um den stagnierenden Markt anzukurbeln.