Die "Alte Baumwolle" ist das wohl ehrgeizigste Projekt der kleinen sächsischen Stadt Flöha. Seit 1990 wird daran gearbeitet, die Industriebrache einer ehemaligen Baumwollspinnerei in ein städtisches Zentrum zu verwandeln. Anfang Februar machten sich Staatsminister Thomas Schmidt und Oberbürgermeister Volker Holuscha gemeinsam ein Bild von der Entwicklung des neuen Stadtzentrums in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Insgesamt 12 Millionen Euro Förderung werden bis 2025 seitens Bund und Freistaat geflossen sein.
In Flöha siedelten sich mit Einsetzen der Industrialisierung Baumwollspinnereien und andere Industriebetriebe an. Dadurch erlangte Flöha schnell den Rang einer Industriegemeinde, die 1933 zur Stadt ernannt wurde. Der allerdings immer ein echtes Zentrum fehlte. Auch weil sich bereits 1809 die Baumwollspinnerei Plaue im geographischen Zentrum der Gemeinde angesiedelt hatte. Die im Volksmund "Alte Baumwolle" genannte Anlage gilt als eine der ältesten Spinnereien Sachsens.
Auch Flöha brachte die Wiedervereinigung Deutschlands einschneidende Veränderungen. Zahlreiche Produktionsbetriebe schlossen ihre Pforten. So auch 1994 die "Alte Baumwolle". Schnell stellte sich die Frage, was mit dem zentral gelegenen Gelände passieren sollte, das neben der Spinnerei Arbeiterwohnhäuser, Fabrikantenvillen, Nebengebäude, den Mühlgraben und den Park an der Baumwolle umfasste. Erste Überlegungen gingen schnell in Richtung Schaffung eines echten Stadtzentrums.
Die Industriebrache "Alte Baumwolle" verwandelt sich
Obwohl erste Investorentätigkeiten scheiterten, hielt Flöha an der Idee eines neuen Stadtzentrums mittels des Erhalts und der Nachnutzung der Bestandsgebäude der Spinnerei fest. 2001 ging das Areal "Alte Baumwolle" für eine symbolische Deutsche Mark in den Besitz der Stadt über und die Maßnahmen wurden konkreter. Zunächst flossen EU-Mittel in das denkmalgeschützte Gebiet. Damit wurden die Voraussetzungen und der Anreiz für die Ansiedlung privater Investoren geschaffen. Dazu zählten der Bau einer neuen Erschließungsbrücke über die Zschopau und eines öffentlichen Parkplatzes sowie die Sanierung des "Wasserbaus" als erstes der neun Gebäude im Jahr 2005. 2009 wurde das Fördergebiet "Alte Baumwolle" in das Bund-Länder-Programm "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren" der Städtebauförderung aufgenommen und 2020 in das neue Programm "Lebendige Zentren" überführt.
Die wichtigsten Entwicklungen vor Ort:
- Neue Erschließungsstraßen wurden gebaut.
- Im April 2006 wurde der umgebaute "Wasserbau" seiner neuen Nutzung übergeben. Er beherbergt heute die Stadtbibliothek, einen Bürgerservice, den Stadtsaal und eine Ausstellung zur Geschichte des Areals.
- Im August 2014 öffnete die Kindertagesstätte "Baumwollzwerge" ihre Pforten. Sie entstand in der "Shedhalle".
- Im Mai 2019 wurde ein im "Ballenlager" errichteter Einkaufskomplex eröffnet.
- Weitere Bestandsgebäude wurden an einen Berliner Investor verkauft, der hier Wohn- und Gewerbeeinheiten errichtet.
- Das Kontorgebäude wird augenblicklich zum neuen Flöhaer Rathaus umgewandelt.
Neues Stadtzentrum der Stadt Flöha kann sich sehen lassen
Seit 1991 unterstützt die Städtebauförderung des Bundes und der Länder sowohl mit Bund-Länder-Programmen als auch spezifischen Landesprogrammen die sächsischen Städte und Gemeinden bei der Entwicklung von Quartieren, Nachbarschaften oder Stadtzentren zu attraktiven und nachhaltigen Wohn- und Lebensräumen.
Mittlerweile konnte jede zweite Stadt mit mehr als 2.000 Einwohnern durch die unterschiedlichen Programme der Städtebauförderung profitieren.
Insgesamt investierten der Bund und der Freistaat rund 6,3 Milliarden Euro in den letzten 30 Jahren und konnten damit einen wichtigen Teil zur Rettung von historischen Innenstädten, der Belebung von Brachflächen oder der Behebung sozialer Missstände in den Städten und Gemeinden Sachsens beitragen. Die Städtebauförderung wird auch in 2024 fortgeführt werden.
Die neue Stadtmitte am Standort der Alten Baumwolle hat den rund 10.000 Einwohnern Flöhas heute und in naher Zukunft viel zu bieten: Marktplatz, Kita, Stadtbibliothek, Einkaufszentrum, Verwaltungszentrum und vieles mehr. Bei dem Rundgang von Staatsminister Thomas Schmidt wurde zuerst der sogenannte Wasserbau besichtigt.
Anschließend ging es zum ehemaligen Kontorgebäude, wo nach Abschluss der Bauarbeiten die Stadtverwaltung einziehen wird, und letztlich vorbei an den "Altbauten am Park" – hier entstehen durch einen privaten Investor neue Gewerbeflächen und modernster Wohnraum – zum zukünftigen Marktplatz Flöhas. Bei dessen Gestaltung konnten die Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen einbringen. Das Ergebnis mit dem Titel "Neue Mitte Flöhas" wurde als Nationales Projekt des Städtebaus durch den Bund ausgewählt und erhielt dadurch weitere Fördermittel.
Thomas Schmidt: "Nicht umsonst gilt Flöha als Vorzeige-Beispiel der Städtebauförderung! Aus einer Vision wurde Wirklichkeit, aus einer Brache ein attraktives Stadtzentrum. Hier kann man hautnah erleben, was die Bund-Länder-Programme der Städtebauförderung bewirken können. Ob Kita-Platz, wohnortnahe Einkaufsmöglichkeit oder unkomplizierter Behördengang: Mit diesem Stadtzentrum verbessert sich das Leben der Flöhaer ganz konkret. Noch dazu wird ein tolles Denkmal nicht nur erhalten, sondern auch sinnvoll nachgenutzt. Auch wenn der Weg manchmal lang und steinig war – die Flöhaer haben ihr Ziel nicht aus den Augen verloren und wir freuen uns, dass wir die Stadt auf ihrem Weg unterstützen konnten."