Wohnen und Bauen in Großbritannien: Wenn Mangel und Marktverfall zusammenkommen

Wohnen und Bauen in Großbritannien: Wenn Mangel und Marktverfall zusammenkommen

Wohnen und Bauen in Großbritannien: Wenn Mangel und Marktverfall zusammenkommen
Wie geht es dem britischen Wohnungsmarkt seit dem Brexit? Copyright: David Mark from Pixabay

Ausländische Investoren kaufen ganze Londoner Stadtviertel, Mieten jenseits von 20 Pfund pro Quadratmeter sind fast schon Peanuts und auf dem Land herrscht eine beschauliche Harry-Potter-Kleinstadt-Atmosphäre. Die Vorurteile über den britischen Wohnungsmarkt sind vielfältig. Wie verkraftet der europäische Partner nach dem Brexit die Krisen der vergangenen Jahre? Ein Überblick.

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Der britische Wohnungsmarkt steuert schweren Zeiten entgegen. Für praktisch jede Region des Vereinigten Königreichs zeichnen die Marktakteure seit Jahresbeginn einen Rückgang der Angebotspreise auf. Nur Schottland und Nordirland weisen laut der aktuellen UK Residential Market Survey noch steigende Preise auf. Praktisch identisch sieht es bei den Käuferanfragen aus — auch hier ein weitgehender Einbruch im zweistelligen Prozentbereich. Einzige Ausnahme wiederum: Nordirland.

Wohnungsmarkt Großbritannien: Zusammenbruch des Käufermarktes und steigende Mieten

Der Zusammenbruch des Käufermarktes spiegelt sich mit einer kontinuierlichen Mietpreissteigerung. Die hohen Kreditzinsen und die eingebrochene Rendite auf unter vier Prozent sind hierbei ebenso ausschlaggebend wie der vorliegende Baumangel im gesamten Land. Die Verkaufsneigung angesichts einer ungewissen Situation im Gesetzgebungsverfahren ist ebenfalls ein Treiber. Ob und wie stark neue Regularien die Baubranche einengen und die Eigentümer belasten, ist zurzeit noch unklar.

Eigentümerwechsel in einer Hochzinslage bedeuten eine zwangsläufige Mietensteigerung. Gerade um das Jahr 2000 herum wurden in UK viele sogenannter buy-to-let Assets erworben, also Investments zur Vermietung und als Altersvorsorge. Diese Eigentümer gehen nun in den Ruhestand und sehen angesichts der Zinslage sowie der Notwendigkeit zur Anschlussfinanzierung ihre einzige Rettung in einem kräftigen Mietenanstieg. Wo dies nicht möglich ist, bleibt nur der Verkauf als letzte Option. Der Verkaufsdruck wächst in ganz Großbritannien flächendeckend, was die fallenden Preise erklärt.

Kein Bauland, keine Handwerker, wenig Rendite

Der Preisverfall korreliert mit einem Renditesturz. Zwischen 2014 und 2021 konnten Eigentümer mit mittleren Jahresrenditen von 23 Prozent rechnen. Nun sind es unter vier Prozent. Auch die Baubranche steht angesichts dieser Situation vor schweren Zeiten. Bauland ist knapp, auch wenn die Regierung eine nationale Kraftanstrengung zur Ausweisung neuen Baulandes gestartet hat. England rechnet mit einem Bedarf von 250.000 neuen Wohnungen jährlich. Im Zehn-Jahres-Durchschnitt konnten aber nur gut 130.000 Wohnungen realisiert werden.

Ein weiterer Faktor ist der Bauüberhang. 475.000 geplante und genehmigte Wohnungen warten darauf, gebaut zu werden – doch der Fachkräftemangel bremst die Bauunternehmen aus. Nach der Finanzkrise 2009 konzentrierte sich die britische Baubranche auf wenige große Akteure, 250.000 Arbeitsplätze gingen allein in der Baubranche verloren. David Thomas, Vorsitzender des größten britischen Wohnungsbauers Barratt Developments, spricht sogar von einer „ausgehöhlten Branche“.

Große Probleme, lasche Lösungen: Großbritannien schaut ungewissen Zeiten entgegen

Auf absehbare Zeit ist Großbritannien zwar ein Markt mit Potential, aktuell aber in keiner Weise das Tal der Seligen. Der große Bedarf an Wohnraum ist vorhanden, der staatliche Wille zur Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen als Bauland ebenfalls. Gleichzeitig wirkt die ungewisse Regulierungssituation als Handbremse, die es zeitnah zu lösen gälte. Ebenso ist auch im Vereinigten Königreich eine weitere Leitzinssteigerung auf 5,5 Prozent und höher zu erwarten, wodurch eigenkapitalstarke Investoren im Vorteil sind.

Eine Verschiebung vom Eigentumsmarkt in Richtung Mietergesellschaft ist eher nicht zu erwarten. Ein liberalisierter Mietmarkt mit geringen Kündigungsfristen und wenigen Vermieterstandards drängt gerade junge Menschen in die eigenen vier Wände. Doch die Zinslage und Inflationsraten schrecken private Käufer derzeit ab. Alles in allem schaut Großbritannien ungewissen Zeiten entgegen. Politische Klugheit und Entscheidungskraft ist gefragt, damit die Bau- und Immobilienbranche auch weiterhin eine stabile Säule der britischen Wirtschaft darstellt.

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