Es braucht eine komplette Bauwende

Es braucht eine komplette Bauwende

Es braucht eine komplette Bauwende
Felix von Saucken (Copyright: Colliers) fordert eine Bauwende (Copyright: Dimitris Vetsikas auf Pixabay).

Bundesbauministerin Klara Geywitz will dem weiteren Einbruch von Wohnungsneubau in Deutschland mit steuerlichen Anreizen begegnen. Ihrem Plan nach sollen sieben Prozent der Baukosten in den ersten vier Jahren von Bauunternehmen abgeschrieben werden können. In den darauffolgenden vier Jahren weitere fünf Prozent. Derzeit ist nur eine fortlaufende Abschreibung von drei Prozent der Kosten möglich. Felix von Saucken, Head of Residential Germany bei Colliers, mit einer Einordnung.

Agentur

Der Plan der Ministerin ist ein Schritt in die richtige Richtung. In Zeiten steigender Baukosten sind Entlastungsprogramme ein guter Anreiz, der nachhaltig für eine regere Bautätigkeit sorgen kann. Allerdings sind Abschreibungen nur für Bauträger interessant, die über die notwendigen Mittel verfügen, überhaupt noch zu bauen. Es braucht weitere umfangreiche Maßnahmen, die bereits in der Planung und vor dem Bau ansetzen und nicht erst dann, wenn die Bagger rollen.

Es braucht auch Kostensenkungen

Gute Lösungen wären unter anderem der Abbau von Bürokratie und Restriktionen im Baurecht sowie beschleunigte Genehmigungsverfahren oder auch Kostensenkungen durch modulares Bauen. Ziel der Bundesregierung ist es, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen. Experten gehen von rund 245.000 im Jahr 2023 aus. 2022 waren es noch 295.000 Wohnungen, die Tendenz ist weiter sinkend. Das ist besonders schwerwiegend, weil die Anzahl der Haushalte weiter zunehmen wird. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Für den Weg aus der aktuellen rezessiven Phase brauchen wir dringend Fachkräfte, die den Wiederaufschwung mitgestalten.

114.000 ukrainische Geflüchtete in Deutschland berufstätig

926.000 Menschen sind beispielsweise im vergangenen Jahr vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine nach Deutschland geflüchtet und haben dazu beigetragen, dass wir das Jahr mit einem Wanderungs-Plus von 1,45 Millionen Menschen abgeschlossen haben. Nach den jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sind derzeit 87.000 der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt, weitere 27.000 haben einen Minijob. Die Erwerbsquote liegt derzeit bei 18 Prozent.

Wohnungsbau würde auch Volkswirtschaft stärken

Das ist eine enorme Leistung, die höchsten Respekt verdient und der deutschen Volkswirtschaft langfristig nur helfen kann. Migration erhöht aber auch die Nachfrage nach Wohnraum und hier hat es die Politik vollkommen versäumt, frühzeitig an Lösungen zu arbeiten. Das heißt: Auch aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten müsste deutlich mehr Wohnraum in den Ballungsgebieten geschaffen werden, um die benötigte Einwanderung und Integration weiter zu ermöglichen, statt sie zu bremsen.

Demografischer Wandel führt nicht zu weniger Haushalten, sondern zu mehr

Der Verweis auf den demografischen Wandel und eine angebliche mögliche Schrumpfung des Wohngesamtmarktes ist in diesem Kontext irreführend: Zwar wird die deutsche Bevölkerung um etwa ein Prozent bis 2035 abnehmen, die Zahl der Haushalte wird aber prognostisch vor allem an den Top-50-Standorten um etwa 3,9 Prozent ansteigen. Das macht in Summe 506.000 neue Haushalte allein dort.

Es bleibt dabei: Wir brauchen schnelle Lösungen

Wir bewegen uns auf eine Leerstandquote von Null in den Metropolregionen zu. Das Migrations-Plus ist nur ein Beschleuniger der Entwicklung, die sich auch vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine lange abgezeichnet hatte. Es zeigt erneut: Politik und Immobilienwirtschaft müssen gemeinsam schnell Lösungen finden. Steuerliche Anreize, wie von Klara Geywitz nun angedacht, können nur der Anfang einer kompletten deutschen Bauwende sein.

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