Konnekt.Berlin: Wie es mit dem neuen Quartier auf dem Georg-Knorr-Areal weitergeht

Konnekt.Berlin: Wie es mit dem neuen Quartier auf dem Georg-Knorr-Areal weitergeht

Konnekt.Berlin: Wie es mit dem neuen Quartier auf dem Georg-Knorr-Areal weitergeht
Luftbild des Georg-Knorr-Parks. Quelle: Dirk Laubner / Senatsverwaltung Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

Seit März 2021 liegt der geänderte Masterplan des Teams David Chipperfield Architekten Berlin und Wirtz Landschaftsarchitekten für das neue Viertel in Berlin-Marzahn vor. Im vergangenen Dezember hat die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange für das Projekt der Laborgh Investment GmbH begonnen.

Agentur

Das Projekt Konnekt.Berlin am S-Bahnhof Marzahn geht in die nächste Runde. Auf einem Grundstücksteil unmittelbar am S-Bahnhof-Marzahn liegen bereits alte Garagen in Trümmern. Sie haben Platz gemacht für das, was kommt: ein Quartier mit drei Hochhäusern, für 1.000 Wohnungen, 370 Studentenwohnungen, eine Kita mit 100 Plätzen und einen Mix an Gewerbe. Eigentümer und Projektentwickler ist die Laborgh Investment GmbH. Der Masterplan für das Areal „Georg-Knorr-Park Teilgebiet Ost“ stammt vom Stararchitekten David Chipperfield und seinem Team sowie den Landschaftsarchitekten Wirtz International. Die Kreativen hatten sich in einem Gutachterverfahren 2020 mit ihrem Entwurf durchgesetzt. Anfang Dezember 2021 hat die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange begonnen und wird voraussichtlich bis Februar 2022 dauern. Rund 1.400 Seiten an Unterlagen und Fachgutachten werden dafür bereitgestellt.

Laborgh-Geschäftsführer Markus Lanz sagt: „Im Januar starten wir mit den Verhandlungen zum städtebaulichen Vertrag. Das wird länger dauern.“ Wegen seiner Lage, seiner Größe und der hier möglichen Mischung von Wohnen und Arbeiten wird diesem Projekt eine besondere stadtentwicklungspolitische Bedeutung zugemessen. Mit einem B-Plan rechnet er erst Ende 2022.

Geschichtsträchtiges Gelände

Das rund neun Hektar große Areal Ost ist derzeit gewerblich genutzt und hat, wie das gesamte Knorr-Bremse-Gelände, eine lange Industriegeschichte hinter sich. In den Jahren der Gründerzeit wurden die Flächen als Rieselfelder und damit bis circa 1930 zur Reinigung des Berliner Abwassers genutzt. Die Knorr Bremse AG beteiligte sich Anfang der 1930 an der Firma Carl Hasse&Wrede, einem Hersteller von Maschinenbauteilen und wichtigem Zulieferer.

Eine alte Halle auf dem Knorr-Bremse-Gelände. Quelle: Mara Kaemmel.

In den 1930er Jahren wuchs das Geschäft, die Fabrik in Britz reichte nicht mehr. Das Unternehmen erwarb als neuen Produktionsstandort ein Baugrundstück in Marzahn und errichtete hier die größte Spezialwerkzeugmaschinen-Fabrik Europas. Das Werk wurde unter Leitung Albert Speers, dem Generalbauinspektor der Reichshauptstadt, errichtet und eröffnete 1942. Rund 4.000 Menschen arbeiteten hier. Neben Werkzeugmaschinen und Hartmetalldrehbänken gehörten Panzergetriebe, Granatwerfer und Zünder zur Produktion.

Nach dem Krieg gingen die Werksanlagen in Volkseigentum über. Am Standort fertigte der VEB Berliner Drehautomatenwerk Werkzeugmaschinen, die in 35 Länder exportiert wurden. 1991 erwarb die Knorr Bremse AG das Werk zurück. 2001 zog das Unternehmen wieder ein. Der gesamte Georg-Knorr-Park umfasst eine Fläche von rund 27 Hektar, das Teilgebiet-Ost mit einigen historischen Bauten wurde in den Folgejahren jedoch nicht mehr gebraucht und der Laborgh Investment zum Kauf angeboten. Das Unternehmen entschloss sich, hier ein gemischt genutztes Wohngebiet zu entwickeln und kaufte 2016 das Grundstück.  

Verbindung von Marzahn und Berlin

Ein großer Vorteil des Areals ist seine verkehrsgünstige Lage: zwischen Landsberger Allee, der Produktionshalle von Knorr-Bremse, der S-Bahnlinie 7 und direkt am S-Bahnhof Marzahn. Auf der anderen Seite der S-Bahnlinie befindet sich die Großwohnsiedlung Marzahn und das Shopping-Center EASTGATE. Einige denkmalgeschützte Gebäude der ehemaligen Spezialmaschinenfabrik Hasse&Wrede haben auf dem Areal überdauert: Backsteinhallen, ein Garagenbogen, eine Tankstelle. Zum Bestand gehören auch Gebäude aus DDR-Zeiten. Da das Gelände Teil des Entwicklungskonzeptes für den produktionsgeprägten Bereich (EpB) und damit für Industrie und Gewerbe vorbehalten war, gab es im Berliner Senat Diskussionen um das Vorhaben. Man einigte sich auf einen Kompromiss: einen Mix aus Wohnen und Gewerbe. Im Sommer 2018 gab es grünes Licht für die weitere Planung.

Blick auf den S-Bahnhof-Marzahn mit dem Rest der abgerissenen südlichen Fußgängerbrücke. Quelle: Mara Kaemmel.

Das Projekt Konnekt.Berlin ist damit in mehrfacher Hinsicht ein bemerkenswertes Vorhaben. Konnekt steht für die Verbindung von Marzahn und Berlin. Und für die Verbindung von Arbeiten und Wohnen. Denn außer Wohnungen sind auch 90.000 Quadratmeter Gewerbeflächen für Werkstätten und Dienstleistungen geplant. Im Nordwesten sollen ein mehrgeschossiger Gewerbehof und ein Parkhaus mit 600 Stellplätzen gebaut, die Trennung von Arbeiten und Wohnen aufgehoben werden. Es soll ein Quartier der kurzen Wege entstehen. Wer hier wohnt und arbeitet, muss nirgendwohin pendeln. Grundlage für die Umstrukturierung ist der Senatsbeschluss Nr. S-1402/2018 zum Bauvorhaben „EAST – Georg Knorr Park Teilfläche Ost“.

Pflanzen sprießen im Greenhouse

Und bereits jetzt haben sich in den historischen Werkhallen und den Garagen kleine Gewerbebetriebe angesiedelt, darunter Handwerker, aber auch eine Spirituosen-Manufaktur und ein unabhängiger Wissenschaftsverlag. In der historischen Tankstelle sitzt das Projektbüro von Laborgh: Dort ist auch das Modell des Vorhabens ausgestellt. Und wo einst die Werkstattannahme für Autos war, sprießen heute im Greenhouse Pflanzen. Für ein Kooperationsprojekt zwischen Konnekt.Berlin, Parzelle X und dem Schulgartennetzwerk Marzahn-Hellersdorf wurden 2021 aus dem Gewächshaus in der Tankstelle vorgezogene Mangold, Kohlrabi und rote Beete an Schulen im Bezirk geliefert.

Mit Blick auf die Zukunft sagt Markus Lanz: „Unser Anspruch und Ziel ist es, hier Gewerbe zu etablieren, das Menschen anzieht, einen gewissen Spirit hat und Identität stiftet.“ Die alte Tankstelle wird derzeit für Veranstaltungen und Kunstausstellungen genutzt, auch später ist die Nutzung als Eventlocation oder als Restaurant im Quartier denkbar.

HOWOGE als Projektpartner

Bereits 2016 konnte die HOWOGE als Partner für das Projekt gewonnen werden: Ein Optionsvertrag sicherte ihr mindestens 70 Prozent der erzielbaren Wohnfläche zu. Im Januar 2019 wurde ein neuer Vorvertrag geschlossen: Er sichert dem landeseigene Wohnungsunternehmen nun 100 Prozent der gemischt genutzten Flächen zu. Die HOWOGE übernimmt alle Wohnungen schlüsselfertig in ihren Bestand. Mindestens die Hälfte der Wohnungen sollen gefördert und zu einem Mietpreis von 6,50 Euro vermietet werden. Auch die Gewerbeflächen gehen an die HOWOGE über.

Markus Lanz sagt: „Die Herausforderung besteht jetzt darin, dass wir den vereinbarten Preis halten.“ Trotz der Dauer des Verfahrens und steigender Baupreise. Doch die Probleme stünden für fast alle geplanten Neubauvorhaben deutschlandweit. Markus Lanz hält Partizipationsprozesse für richtig. „Aber wie bei langwieriger Partizipation, hohen Anforderungen an Energieversorgung und Mobilität in kurzer Zeit 400.000 Wohnungen in Deutschland gebaut werden sollen, das ist eine schwierige Frage“, sagt er. „Das Problem wird sich nur mit massiven Fördergeldern lösen lassen.“

146-Meter-Turm soll Wahrzeichen werden

Im Masterplan sind drei Hochhäuser vorgesehen: ein 66 Meter hoher Büroturm, ein noch zehn Meter höherer Turm mit Studentenwohnungen und ein Wohnhochhaus direkt am S-Bahnhof. Mit einer Höhe von 146 Metern wird es zu den höchsten Gebäuden Berlins zählen und das Wahrzeichen Marzahns werden. Hinzu kommen fünf kleinere Wohnhöfe mit Grünflächen und Spielplätzen. Der große Wohnhof wird das Quartierszentrum sein und dort wird auch die Kita einziehen.

Masterplan. Quelle: David Chipperfield Architects / Wirtz International Landscape Architects, März 2021

Bei David Chipperfield Architects heißt es: „Eine neue städtebauliche Struktur aus Hofgebäuden und Türmen unterschiedlicher Dimensionen greift die bestehende orthogonale Ordnung des benachbarten Industriekomplexes auf und integriert die denkmalgeschützten Gebäude und Bauelemente. An den Außenseiten der neuen Blöcke sind offene Arkaden angeordnet, die den baulichen Schallschutz zum städtischen Umfeld bieten und von beiden Seiten Licht und Luft in die Wohnungen lassen.“ Die drei Türme stellen eine Verbindung zu den Hochhäusern der gegenüberliegenden Wohnsiedlung her. „Die Gliederung der Hofbebauung ermöglicht es, das große Areal in kleinere urbane Zonen zu unterteilen und so Identifikationsräume zu schaffen.“

Vom S-Bahnhof ist eine Achse quer durch das Viertel geplant – gesäumt von Läden und Restaurants. Markus Lanz sagt: „Mir macht an dem Projekt besonders Spaß, dass wir ein Projekt nach dem Masterplan eines weltbekannten Architekten realisieren und dann Menschen Wohnungen für 6,50 Euro den Quadratmeter vermieten können, auch in einem der höchsten Hochhäuser der Stadt – mit einem phänomenalen Blick.“

Garagenbogen bleibt größtenteils erhalten

Der Entwurf wurde nach diversen Hinweisen in einigen Details noch einmal geändert, im März 2021 dann fertiggestellt und schrittweise in einen Bebauungsplanentwurf überführt. Zu den geänderten Details gehört unter anderem die Verschiebung des S-Turms mit Studentenwohnungen bis auf die Fluchtlinie der großen Werkhalle. Ein größerer Teil des Garagenbogens soll erhalten bleiben: Ein Teil davon ist für ein Jugendzentrum vorgesehen. Der Neubau im großen Hof ist nur noch mit drei statt mit vier Geschossen vorgesehen. Die Freiraumgestaltung wurde etwas verändert und höhere Tordurchgänge geplant. Ob die Chipperfield-Architekten am Ende auch den Entwurf der einzelnen Gebäude übernehmen, kann Markus Lanz nicht garantieren: „Schön wäre das natürlich.“

Der alte Garagenbogen. Quelle: Mara Kaemmel.

Inzwischen laufen die Arbeiten auch an anderer Stelle. Die marode nördliche Fußgängerbrücke über die Gleise am S-Bahnhof Marzahn mit Ausgang zum Wiesenburger Weg wurde inzwischen durch eine barrierefreie Brücke ersetzt. Auch die südliche Fußgängerbrücke ist inzwischen abgerissen worden. Sie wird ebenfalls barrierefrei neu gebaut. Wenn alles nach Plan läuft, soll das Quartier 2027 fertig sein. Dann können die Bewohner des neuen Quartiers bequem von der S-Bahn über die Brücke nach Hause laufen.

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