Künstliche Intelligenz: „Kostenersparnis von rund 80.000 Euro jährlich“

Künstliche Intelligenz: „Kostenersparnis von rund 80.000 Euro jährlich“

Künstliche Intelligenz: „Kostenersparnis von rund 80.000 Euro jährlich“
Quelle: Peggy_Marco/Pixabay

Dr. Johannes Fütterer von aedifion spricht im Interview mit IMMOBILIEN AKTUELL über Künstliche Intelligenz, Gebäudezwillinge und Betriebsoptimierung.

 

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IMMOBILIEN AKTUELL (IA): Künstliche Intelligenz ist ein Dauerthema. Wie schätzen Sie den Kenntnisstand Deutschlands im Vergleich zum Rest der Welt ein?

Dr. Johannes Fütterer (JF): Deutschland hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Künstliche Intelligenz auseinandergesetzt und eine nationale Strategie entwickelt. Im Bereich KI-Forschung sind wir bereits relativ gut aufgestellt und es gibt zahlreiche StartUps und PropTechs, die laufend neue Geschäftsmodelle an den Markt bringen. In der Praxis, besonders hinsichtlich der Offenheit und Akzeptanz auf Anwenderseite, besteht im Vergleich zu Ländern wie den USA aber noch Nachholbedarf. Insbesondere der Gebäudesektor ist hier oft noch sehr konservativ eingestellt. Um die digitale Wertschöpfung langfristig im eigenen Land zu halten, müssen wir hier noch besser werden. Dabei muss Deutschland auch im globalen War of talents bestehen, denn um die notwendigen Innovationen umzusetzen, braucht es gut ausgebildete Fachkräfte aus dem IT-Bereich. Der Stellenwert digitaler Bildung muss erhöht werden. Außerdem muss die Branche insbesondere für weibliche KI-Fachkräfte attraktiver gemacht werden.

IA: 2017 wurde aedifion gegründet, um eine Smart-Building-Revolution [JV1] herbeizuführen. Wie genau sieht diese Revolution aus?

JF: Gebäude und insbesondere ihr ineffizienter Betrieb sind weltweit einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen. Um bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, müssen sich die Eigentümer und Betreiber mit der CO2-Reduktion ihrer Assets auseinandersetzen. Wir haben die Gebäudetechnik und künstliche Intelligenz als wirkungsvolle Hebel zur Effizienzsteigerung und Dekarbonisierung des technischen Gebäudebetriebes identifiziert. Der Fokus liegt dabei auf der Gebäudeautomation – beispielsweise von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen – und deren Optimierung. Unsere Lösung erfasst Betriebsdaten in Echtzeit, identifiziert Störungen und gibt klare Handlungsempfehlungen zur Betriebsoptimierung. Das reduziert Ineffizienzen, verbessert die Raumluftqualität und liefert die Datenbasis für Taxonomie, CSR- und ESG-Reporting. So lassen sich einfach und effizient bis zu 40 Prozent Energie, CO2 und Betriebskosten einsparen.

IA: Ein Projekt, das aedifion betreut, ist THE SHIP. In meinem Podcast sprach ich mit Dr. Oliver Steinki über das Haus, das intelligent sein und als Blaupause für andere Gebäude stehen soll. Wie genau kommt hier KI zum Einsatz und was für Ergebnisse folgen daraus?

JF: Das Gebäude THE SHIP in Köln Ehrenfeld ist in der Tat ein Vorreiter für eine neue Generation von Gebäuden. Es ist voll digitalisiert und ausgestattet mit modernen High-End Technologien. Unsere Aufgabe ist es, dem Betreiberpersonal durch KI-gestützte Analysen so viele Informationen wie möglich zum Gebäude zu liefern, um den Betrieb nutzerzentriert und bedarfsgerecht zu optimieren. Wir haben zunächst sämtliche Anlagen auf unsere Cloud-Plattform aufgeschaltet und einen digitalen Zwilling erstellt. So kann der Gebäudebetrieb kontinuierlich überwacht und analysiert werden. Mit dieser Methode können jährlich über 500 MWh Energie im Gebäude eingespart werden. Das entspricht einer Kostenersparnis von rund 80.000 Euro jährlich.

IA: Neubauten sind bereits in der Planungsphase mittlerweile gläsern, viele haben einen digitalen Zwilling. Im Bestand sieht das anders aus. Kann es hier eine einheitliche Lösung geben?

JF: Ganz klar: Ja! Mit unserer Lösung richten wir uns explizit an Bestandshalter, die ihre Assets schnell und einfach dekarbonisieren wollen. Die Herausforderung besteht darin, dass Bestandsgebäude in einem Portfolio oft heterogen hinsichtlich Bauweise, Technik, Energie- und Nutzeranforderungen sind. Wir schaffen mit unserer Cloud-basierten Lösung eine zentrale Plattform für die Zusammenarbeit im Gebäude, die es ermöglicht, Daten unterschiedlicher Systeme über offene Kommunikationsschnittstellen zu vereinen. So entsteht ein digitales Abbild der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA), das es uns ermöglicht, das Gebäude als Ganzes zu betrachten und zu optimieren – unabhängig von Alter und Digitalisierungsgrad.

IA: Für den Gewerbeimmobilien-Investor 7280 Improving Assets sollen Energieverbrauch, CO2-Emissionen und Betriebskosten optimiert werden. Es handelt sich dabei um ein Portfolio von Gewerbeimmobilien aus verschiedenen Assetklassen, unter anderem aus den Bereichen Telekommunikation und Datacenter[JV2] . Gibt es Unterschiede zwischen den Assetklassen?

JF: Allgemein lässt sich sagen: Unterschiedliche Assetklassen haben unterschiedliche Energieverbräuche. Dies liegt vor allem an den verschiedenen Nutzerbedürfnissen und der damit verbundenen technischen Ausstattung der Gebäude – es ist beispielsweise ein großer Unterschied, ob eine Immobilie rund um die Uhr genutzt wird wie ein Hotel oder nur zu bestimmten Zeiten, wie es beispielsweise bei einem Shopping Center oder Bürogebäude der Fall ist. Je nach Nutzungsart der Immobilie benötigt man maßgeschneiderte Lösungen, denn es geht nicht nur um das Energiesparen, sondern Mieter und Nutzer sollen sich im Gebäude schließlich auch wohlfühlen.

IA: Bei 7280 Improving Assets gab es ein Pilotprojekt, danach soll auf das komplette Portfolio ausgerollt werden. Wie funktioniert ein solcher Prozess, wie lange dauert er?

JF: Ein Rollout startet in der Regel mit einer Portfolioanalyse, in welcher der Digitalisierungsgrad eines jeden Gebäudes per Fragebogen und gezielten Begehungen ermittelt wird. Auf Basis der Ergebnisse wird für jedes Objekt ein individuelles Vorgehen mit dem Eigentümer definiert: Moderne Gebäude können direkt an die Cloud-Plattform angeschlossen werden. Ältere Objekte werden zunächst mit digitaler Hardware nachgerüstet und sukzessive aufgeschaltet. Die Anlagedaten fließen anschließend direkt in die Cloud und können über die Benutzeroberfläche bequem eingesehen, gebenchmarkt und gesteuert werden. KI-gestützte Analysen geben auf Basis dieser Daten Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Anlageneffizienz. Für eine pragmatische und schnelle Unterstützung im Betriebsalltag erfolgt die Regelung autonom durch selbst lernende Algorithmen. Begleitet wird der Rollout von regelmäßigen Abstimmungsterminen mit den beteiligten Stakeholdern wie Asset-, Facility- und Property Management, um einen optimalen Ablauf zu garantieren.

IA: 2023 gab es eine Finanzierungsrunde: World Fund, BeyondBuild, das Family Office der SAP-Gründerfamilie Hopp, Bauwens, Drees & Sommer und MOMENI Ventures, BitStone Capital und Phoenix Contact Innovation Ventures gaben zwölf Millionen Euro. Wie sehen die Expansionspläne für 2024 und 2025 aus?

JF: Wir sind aktuell in der Vorbereitung unserer Series B Finanzierungsrunde und werden auch unser Angebot an den Markt weiter ausbauen. So arbeiten wir bereits heute aktiv daran, Gebäude zum festen Bestandteil des Energiesystems von morgen machen, und zwar durch einen vorausschauenden Betrieb und die netzinteraktive Steuerung des Stromverbrauchs (Demand Side Management). Ziel ist es, das Potenzial von Wind, Sonne & Co durch den Einsatz von KI und intelligenten Speichern noch effizienter zu nutzen. Zudem sehen wir in unserer Technologie ein großes Potenzial, um den Markt für generative KI im Gebäude zu revolutionieren, unsere Cloud-Plattform dadurch noch nutzerfreundlicher zu gestalten und die Effizienz des Gebäudebestands weiter zu steigern.

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