Das siebengeschossige Mertik-Hochhaus soll eine Solarfassade erhalten und große Batteriespeicher aufnehmen. Dafür werden noch Partner gesucht.
Einige Fenster sind kaputt, von den Wänden blättert die Farbe und aus der Fassade wachsen stellenweise sogar kleine Bäume. Seit Anfang der 1990er Jahre steht das siebengeschossige Bürogebäude auf dem Gelände des ehemaligen Messgerätewerkes Mertik im sachsen-anhaltischen Quedlinburg leer. „Mir passt der Anblick auch nicht“, sagt Lars Gottschligg. Vor mehr als zehn Jahren hat der Unternehmer das Objekt in der Harz-Stadt erworben. Ursprünglich sollte es saniert werden und wieder als Büro- und Wohngebäude dienen. Doch die Investitionskosten waren zu hoch. Doch nun hat er zusammen mit dem Architekturbüro Planungsring aus Wernigerode ein neues Konzept entwickelt: Das Mertik-Hochhaus, wie es die Quedlinburger nennen, soll ein Energie-Hochhaus werden. Lars Gottschligg spricht von einem E-Kubus.
Mertik-Hochaus soll zum Energie-Hochhaus werden: Pläne bereits erstellt
Geplant ist, dass 25 Meter hohe Gebäude komplett mit Solarmodulen zu verkleiden. „Es wird aussehen wie eine Glasfassade und eine Energieleistung von 0,5 Megawatt haben“, erläutert Lars Gottschligg. Ein entsprechendes Blendschutz Gutachten sei bereits erstellt worden. Der Sonnenstrom soll ins örtliche Netz oder in Batterien eingespeist werden. „In der ersten Etage planen wir, große Feststoff-Batteriespeicher zu installieren“, so der Unternehmer. Gespeichert werden soll nicht nur der eigene Photovoltaik-Strom, sondern auch überschüssige Energie aus dem Netz. „Der geplante Ein-Megawatt-Speicher wird von Siemens geliefert.“ Auch hier seien die Pläne mit Brandschutzwänden bereits erstellt.
Das unterste Geschoss wird nach seinen Angaben „komplett entkleidet“. Der E-Kubus stehe dann wie auf Stelzen. Dort sollen sechs Doppelladesäulen für Elektro-Autos installiert werden. Nach Lars Gottschliggs Angaben wurde ein entsprechender Bauantrag für das Objekt bereits genehmigt. Die Stadtwerke Quedlinburg würden zudem eine Anschlussleitung mit einer Leistung von 1,5 Megawatt bereitstellen. „Die Zusammenarbeit mit den Behörden lief bisher reibungslos“, betont er. Neben dem Energie-Hochhaus entwickelt sein Unternehmen SSC Hydrovent aktuell auch den Energiepark Blankenburg, in dem mit erneuerbaren Energien Wasserstoff erzeugt werden soll.
Solarboom für Industriebrachen
Deutschland erlebt aktuell einen Solarboom. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden im vergangenen Jahr auf Eigenheimdächern und Freiflächen jeweils drei Gigawatt Leistung installiert. Zudem wurden den Angaben zufolge 1,5 Gigawatt Leistung auf Firmendächern und Fassaden angeschlossen. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, Carsten Körnig, sieht hier noch großes Potenzial: „Noch sind mehr als 90 Prozent der geeigneten Firmendächer für die Energiewende ungenutzt und der Nachholbedarf hier besonders hoch.“ Der Grund für den Boom: Es ist inzwischen günstiger, eigene Solarenergie zu verbrauchen, als Strom vom Versorger zu beziehen. Auch Industriebrachen wie in Quedlinburg rücken in den Blick der Investoren.
Beim E-Kubus gibt es laut Lars Gottschligg mehrere Einnahmequellen: Strom aus den Photovoltaik-Anlagen, die Vermarktung des Stroms aus den Speichern, der Betrieb der E-Ladesäulen und bereits vorhandene Mobilfunk-Antennen auf dem Dach. Die Gesamtinvestitionskosten beziffert er auf etwa 3,5 Millionen Euro.
Während mit der Vermarktung des Sonnenstroms inzwischen sichere Renditen erzielt werden können, gilt das für Speicher und E-Ladesäulen nicht. „Das hängt stark von der Nutzung ab“, erklärt Lars Gottschligg. Es gibt unterschiedliche Vermarktungsmodelle für sogenannte gewerbliche Großbatteriespeicher ab einem Megawatt Leistung. So kann der Strom beispielsweise über die Leipziger Energiebörse EEX verkauft werden. Oder der Strom wird als sogenannte Regelenergie Netzbetreibern angeboten, um flexibel die Netze zu stabilisieren. Laut Lars Gottschligg lässt sich der geplante Energiespeicher in Quedlinburg skalieren. „Es stehen sieben Etagen zur Verfügung.“ Der Unternehmer ist offen für Partner, die sich am Projekt mit Know-how oder finanziell beteiligen wollen. Dazu führt er aktuell Gespräche.