Münchner Immobilienkongress: SoBoN für Bauträger schwierig bis unmöglich

Münchner Immobilienkongress: SoBoN für Bauträger schwierig bis unmöglich

Münchner Immobilienkongress: SoBoN für Bauträger schwierig bis unmöglich
Verschiedene Assetklassen und die aktuelle Situation wurden beim Münchner Immobilienkongress von IMMOCOM diskutiert. Quelle: IMMOCOM

Bernhard Bomke, Chefredakteur vom Immobilienbrief München, war zu Gast beim Münchner Immobilienkongress von IMMOCOM. Hier ist sein Bericht über Netzwerk-Veranstaltung.

Keine News mehr verpassen: Der Immobilien-Aktuell-Newsletter

Wenn der Leipziger Veranstalter IMMOCOM zum Münchner Immobilien Kongress ins Science Kongress Center Munich in Garching lädt, mangelt es nicht an klaren Botschaften. Diesmal insbesondere zum darbenden Wohnungsbau, zur Zukunft von Büros, zu Umnutzungen, zum Regulierungs-Wust der Stadt München und zu möglichen Lösungen vieler aktueller Probleme der Immobilienbranche. Erstaunlich, dass nur knapp 100 Besucher dabei sein wollten.

Hans Hammer, Vorstandsvorsitzender des Münchner Projektentwicklers Hammer, kritisiert nicht nur die Planungs- und Wohnungspolitik der grün-roten Rathauskoalition, er nimmt auch die Immobilienwirtschaft in die Pflicht. „Wir sind Unternehmer und müssen uns auch mal was trauen“, sagte er auf dem Kongress. Insbesondere Projektentwickler wie er seien jetzt gefragt, zumal die Baukosten wieder unter das Niveau von vor zwei Jahren gesunken seien. Er hält nichts davon, auf den Tag X zu warten, an dem vielleicht irgendeine der ungezählten Bauvorschriften wegfallen könnte, die Entwickler viel Geld kosten. „Dann kann ich gleich ins Casino gehen.“ Dennoch ist Hans Hammer, der für die CSU im Stadtrat sitzt, nicht ohne klare Forderungen, damit in München wieder mehr gebaut wird, allen voran Wohnungen. „Ein Bebauungsplan darf nicht mehr acht Jahre dauern, sondern muss in drei Jahren durch sein“, sagte er. „Andere Kommunen kriegen das ja auch hin.“

Ohne mehr Bauland bleibt Wohnungsbau teuer

Um die Wohnungsknappheit in der Landeshauptstadt zu beheben, empfiehlt Thomas Aigner, Chef von Aigner Immobilien, vor allem zweierlei: „Wir brauchen eine Reform des kommunalen Planungsrechts und mehr Bauland. Wenn davon zu wenig ausgewiesen wird, wird’s knapp und damit teuer.“ Zumal Aigner allein in Dachgeschossausbauten, die demnächst genehmigungsfrei gestellt werden sollen, und ebenerdigen Nachverdichtungen nicht die große Lösung sieht, die München brauche, um seine Wohnungsprobleme in den Griff zu bekommen. Ohne zusätzliche Grundstücke gehe es schon gar nicht, wenn das Ziel darin bestehe, vor allem auch bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Als besonders hinderlich erachten die Befürworter von deutlich mehr Wohnungsbau in München ver-schiedene Vorgaben der Stadt, die die Bauvorschriften von Bund und Ländern noch überträfen. Darunter sind die hohen Grünflächenvorgaben für Neubauten. „Schwabing zu bauen, wäre heute gar nicht erlaubt“, so Thomas Aigner. Zwar wollten die Leute genau dort wohnen, „stattdessen bauen wir Riem und Freiham. Wer will denn da hin?“ Jörg Hoffmann, FDP-Stadtrat, sekundierte: „Wenn die Landesregierung den Kommunen mehr planerische Freiheit gibt, nutzt Grün-Rot das nicht für weniger Regulierung, sondern für mehr.“ Weniger Grünflächen bei Neubauprojekten seien nach den Vorgaben des Landes möglich und seien auch erforderlich, um mehr und schneller Wohnungen bauen zu können. Aber insbesondere die Grünen im Stadtrat stellten sich quer.

„Wenn ich für Eigentumswohnungen eintrete, werde ich als Marie-Antoinette bezeichnet“

Jörg Hoffmann bricht ausdrücklich auch eine Lanze für Eigentumswohnungen. „Das ist im Stadtrat ein Schimpfwort.“ Und nicht nur das. „Wenn ich im Stadtrat für Eigentumswohnungen eintrete, werde ich als Marie-Antoinette bezeichnet.“ Zur Erinnerung: Die einstige Königin wurde während der Französischen Revolution im Jahr 1793 wegen Hochverrats und Verschwendung zum Tod per Guillotine verurteilt.

SoBoN: „Für Bauträger schwierig bis unmöglich“

Das Instrument der Sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN), das die Stadt vor drei Jahren noch einmal ver-schärfte, hält Melanie Hammer, Geschäftsführerin der BHB Unternehmensgruppe, für schädlich. Die Vor- gaben von 60 Prozent geförderten Wohnungen, 20 Prozent frei finanzierten Mietwohnungen und nur 20 Prozent frei finanzierten Eigentumswohnungen bei neuen Wohnbauten auf privaten Flächen seien „für Bauträger und Projektentwickler schwierig bis unmöglich“. Jörg Hoffmann hält auch die in Aussicht gestellte Variante, die Quote der geförderten Wohnungen auf 40 Prozent zu senken, im Gegenzug aber die Bindungsdauer von 40 auf 55 Jahre zu verlängern, für wenig praktikabel.

Landauf, landab wird diskutiert, ob leer stehende Bürohäuser nicht einfach zu Wohnungen umgewandelt werden könnten. Dazu gab es beim Immocom-Kongress ein klares Jein. Kann man schon machen, aber: „Einen Bürogrundriss in Wohnungen umzuwandeln, ist technisch meistens schwierig“, so Hans Hammer. Auch die Umwidmung von Büros in Hotels hat ihre Tücken, wusste Ursula Kriegl von der schweizerischen SV Hotel, die derzeit ein fünftes Haus in München baut. „Oft gibt es dabei Probleme mit der Statik, denn Hotels brauchen viele Bäder, und die wiegen was.“ Und noch eine Schwierigkeit: „Nutzungsänderungen sind nicht so einfach, weil sie mit den Portfolio-Vorgaben institutioneller Investoren kollidieren können“, sagte Christina Schädler, Vorstand der Beos AG.

Büros: Entwicklungen im Bestand zielgenauer als Neubau

Während Christina Schädler die Schwierigkeiten beim Wohnungsbau mit Blick auf die von der Bundesregierung verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten bereits in Auflösung wähnt, sieht sie den Büroimmobilienmarkt unverändert in einer sehr schwierigen Phase. Angesichts einer stotternden Wirtschaft und immer mehr sehr individuellen Wünschen von Büronutzern komme es mehr denn je darauf an, diejenigen Flächen auf den Markt zu bringen, „die die Leute wirklich brauchen“. Ihre Conclusio: „Entwicklungen im Bestand sind viel wichtiger geworden, denn dabei kann man den Bedarf von Mietern schneller bedienen als mit Neubauten.“

Wer die richtigen Büroflächen hat, zählt in der aktuellen Marktphase zu den Profiteuren. Hans Hammer: „Die Unternehmen mieten weniger Fläche an, sind aber bereit, dafür mehr Miete zu zahlen.“ Hierbei spielen die mehr oder weniger großzügigen Homeoffice-Regelungen vieler Unternehmen eine wesentliche Rolle. Christina Schädler beobachtet eine zunehmende Nachfrage sogenannter Life-Science-Mieter, also solcher, die unter anderem Laborflächen benötigen. Das sei gut für Vermieter, denn diese Unternehmen seien häufig bereit und in der Lage, höhere Mieten zu zahlen. Jedenfalls, solange die Lage stimmt.

Weiter steigende Bürospitzenmieten und struktureller Leerstand

Stimmt die Lage nicht, könnte auch der wirtschaftlich starke Raum München heftigere Büroleerstands-themen bekommen. Joachim Kälin von BF. real estate finance sagte: „Wir werden hinter der Stadtgrenze Münchens mit leer stehenden Bürogebäuden rechnen müssen. Man wird da nicht aus jeder Immobilie Wohnungen machen können.“ Ingo Glaeser, Leiter gewerbliche Immobilienkunden Deutschland bei der Münchener Hypothekenbank, pflichtete bei: „Wenn ich an die Peripherie denke, wird mir angst und bange.“ Einerseits, so sagte Ingo Glaeser, würden die Bürospitzenmieten weiter steigen, „aber wir werden auch strukturellen Leerstand haben“.

Derweil stimmte Johannes Egert, Investmentchef von Kingstone Debt Advisory, die Teilnehmer des Kon-gresses auf eine längere Durststrecke ein. „Wir werden noch einige Projektentwickler sehen, denen die Luft ausgeht, weil wir es mit einer zähen Krise zu tun haben“, prognostizierte er. Und auch für sein eigenes Geschäft der alternativen Finanzierung stapelte er vorsichtshalber tief. „Es wird noch zwei Jahre dauern, bis wir wieder größere Investitionen tätigen können.“ Da war Joachim Kälin optimistischer. „So lange wollen wir nicht warten.“ Ingo Glaeser auch nicht. Die Münchener Hypothekenbank, die nach der Finanzkrise 2008 keine Projektentwicklungen mehr finanziert hatte, stieg 2023 wieder in dieses Geschäft ein. „Wir finanzieren derzeit jeweils ein Projekt in Frankfurt und München“, sagte er.

Art-Invest betrachtet Münchner Büroimmobilienmarkt als stabil

Zu den Anpackern auf dem Kongress zählte auch Tobias W. Wilhelm, München-Chef von Art-Invest Real Estate Management. Er kritisierte großzügige Homeoffice-Regelungen für Bürobeschäftigte bei vielen Unternehmen. „Wie soll das gehen?“, fragte er. „In der jetzigen Marktphase muss jeder ans Ruder greifen. Und jeder, der unten in der Kajüte liegt, passt nicht mehr.“ Tobias W. Wilhelm betrachtet den Münchner Büroimmobilienmarkt trotz aller Unbilden als vergleichsweise „sehr stabil“. Der Standort ziehe nach wie vor viele Talente an.

Verkauf von Zinshäusern wegen energetischer Sanierung

Selbst auf dem Transaktionsmarkt für Wohnungen ist wieder mehr los, berichtete Thomas Aigner. „Wir verkaufen zurzeit viele Zinshäuser, die vorher über Generationen in Familienbesitz waren“, sagte er. Der wesentliche Grund seien die anstehenden energetischen Sanierungen. Das wollten sich viele Eigentümer, die sich um ihre Bestände immer gekümmert und die ihre Erbschaftsteuer schon bezahlt hätten, nicht antun. In der energetischen Sanierung steckten viel Arbeit und auch Risiko. Um damit nichts zu tun zu bekommen, akzeptierten sie nun in vielen Fällen hohe Preisabschläge, die im Wesentlichen marktbedingt seien.

IMMOCOM sagt danke für den Text, hier geht es zum Münchner Immobilienbrief.