München macht Tempo. In knapp einem Jahr soll die Fusion der beiden städtischen Wohnungsgesellschaften GWG und GEFOWAG einschließlich ihrer Tochterunternehmen unter Dach und Fach sein. Wird der ambitionierte Zeitplan eingehalten, verfügt die bayrische Landeshauptstadt zum 1. Januar 2024 mit der Münchner Wohnen über eines der größten kommunalen Wohnungsunternehmen Deutschlands. Ziel ist es, die Kräfte für mehr bezahlbaren Wohnraum zu bündeln und Synergien zu nutzen.
Kurz vor Weihnachten nahm das Projekt eine wichtige Hürde: Auf seiner letzten Sitzung im Jahr 2022 stimmte der Münchner Stadtrat am 21. Dezember 2022 mehrheitlich dem Fusionskonzept aus dem Rathaus zu. Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren hatte Münchens Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD), die zugleich Aufsichtsratsvorsitzende von GWG und GEFOWAG ist, die Öffentlichkeit zum ersten Mal über die Fusionspläne informiert. Sie sehen vor, dass aus den bisher eigenständigen Wohnungsunternehmen GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH und GEFOWAG Holding GmbH einschließlich ihrer Tochterunternehmen MGS und Heimag die Münchner Wohnen hervorgeht – mit einer Bilanzsumme von sechs Milliarden Euro und rund 67.000 Wohnungen, in denen circa 150.000 Menschen und damit rund ein Zehntel der Münchner Bevölkerung leben wird.
Synergieeffekte für mehr bezahlbaren Wohnraum in München nutzen
Als größtes städtisches Wohnungsbauunternehmen in Bayern und eines der größten seiner Art in der gesamten Bundesrepublik soll die Münchner Wohnen künftig „für engagierten Neubau, nachhaltige Modernisierung ihrer Bestände und eine sozialorientierte Hausbewirtschaftung mit einem zeitgemäßen Kundenmanagement stehen“, so die Absicht der grün-roten Koalition im Münchner Stadtrat. Dabei gehe es nicht nur um die bloße gesellschaftsrechtliche Zusammenführung der beiden Unternehmen, sondern auch darum, eine gemeinsame Identität zu schaffen, die sich unter anderem im Namen des neu entstehenden Unternehmens widerspiegeln soll, betont Bürgermeisterin Verena Dietl.
Neben der Bündelung der Expertise zweier zuvor eigenständiger Marktakteure werden vor allem konkrete Einsparungen erwartet: Mit der Fusion sollen Doppelstrukturen, beispielsweise bei der Vergabe von Grundstücken oder in der Verwaltung, abgebaut werden. Die erhofften Synergieeffekte in den Bereichen Verwaltung, IT oder Projektentwicklung möchte die Stadt München für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum nutzen. Ziel ist es, pro Jahr mindestens 2.000 neue Quartiere im geförderten und preisgedämpften Wohnungsbau zu errichten – doppelt so viele wie bisher. Darüber hinaus sollen die Bemühungen verstärkt werden, Bestandswohnungen energetisch zu sanieren.
Unumstritten ist das Vorhaben jedoch nicht. So kam Mitte Dezember Kritik vom Betriebsrat der GEFOWAG, der hinter den Plänen zur Zusammenlegung „rein parteipolitische Interessen“ vermutet und deren wirtschaftlichen und wohnungspolitischen Sinn anzweifelt. Die rund 1.200 Beschäftigten beider Unternehmen würden zu wenig in den Fusionsprozess eingebunden, heißt es bei den Arbeitnehmervertretern, die auch vor Eingriffen in bestehende Tarifsysteme und Betriebsvereinbarungen warnen. In einem Brief an die Stadträte appellierten sie deshalb an diese, gegen die Fortsetzung der Fusion zu stimmen.
Rathaus-Opposition kritisiert überstürztes Vorgehen
Bedenken gegen das Vorhaben äußert auch die Opposition im Münchener Stadtrat. Im Hinblick auf den straffen Terminplan sprechen vor allem CSU/Freie Wähler und FDP/Bayernpartei von einem „Hauruckverfahren“. Der Stadtregierung werfen sie handwerkliche Fehler vor. Ihre Vertreter kritisieren vor allem, dass bislang noch keine ausführliche und belastbare Kosten-Nutzen-Analyse vorliege und die steuerlichen Auswirkungen der Fusion noch nicht geprüft wurden. Mit den Ergebnissen einer solchen Prüfung sei erst im zweiten Quartal 2023 zu rechnen.
Falle beispielsweise Grunderwerbsteuer an, sei das Projekt nicht mehr rentabel. Auch seien die prognostizierten Einsparungen von zehn Millionen Euro eher schmal. Ihnen stünde eine Reihe von Risiken gegenüber, die sich beispielsweise aus den unterschiedlichen Unternehmenskulturen und Finanzierungsmodellen der Fusionsteilnehmer – überwiegend Objektfinanzierung bei der GWG versus Unternehmensfinanzierung bei der GEFOWAG – ergeben. Die Zusammenlegung sollte deshalb erst dann erfolgen, wenn Sicherheit über Kostenstruktur, Synergieeffekte sowie über die arbeits-, steuer- und gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen herrscht.
Trotz dieser Einwände sprach sich die Mehrheit der Münchener Stadträte mit den Stimmen der Koalition aus Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt auf der Vollversammlung am 21. Dezember 2022 für die Umsetzung der nächsten Schritte auf dem Weg zur Fusion aus. Der wohnungswirtschaftliche Gigant im Süden nimmt weiter Gestalt an.