Novelle der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) verabschiedet: Sanierungszwang vom Tisch

Novelle der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) verabschiedet: Sanierungszwang vom Tisch

Novelle der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) verabschiedet: Sanierungszwang vom Tisch
Die Novelle der EU-Gebäuderichtlinie wurde verabschiedet. Copyright: NakNakNak auf Pixabay

Am 12. März 2024 hat das EU-Parlament für die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) gestimmt. Diese Richtlinie zielt darauf ab, den Gebäudebestand in der gesamten Europäischen Union zu dekarbonisieren und den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch von Wohngebäuden bis 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20-22 Prozent zu senken.

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Ziele der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD)

Die EPBD (Energy Performance of Buildings Directive) ist Teil des Europäischen Green Deals und soll im Gleichklang mit weiteren Gesetzen des sogenannten Fit-for-55-Pakets (also die Absenkung des CO2-Ausstoßes um mindestens 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990) bis 2050 helfen, die Klimaneutralität in Europa zu erreichen.

Die EU-Gebäuderichtlinie sieht vor, die Energiekosten der Menschen abzusenken. Zudem stärkt die Vereinbarung im Einklang mit dem REPowerEU-Plan die Unabhängigkeit Europas bei der Energieversorgung und verbessert das Geschäftsumfeld für einen umweltfreundlicheren Gebäudesektor in der EU. Dies soll zur Grundlage einer nachhaltigen Bauwende werden und eine Renovierungswelle in der gesamten Union anstoßen.

Einige wichtige Punkte der überarbeiteten EPBD:

  1. Solarpflicht für Gebäudedächer: Die Richtlinie sieht vor, dass Gebäudedächer, wenn es technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, mit Solaranlagen ausgestattet werden müssen.
  2. Verbot von neuen Gas- oder Ölheizungen: Die EPBD zielt darauf ab, fossile Brennstoffe in Gebäuden zu reduzieren, indem sie den Einsatz von Gas- oder Ölheizungen verbietet. Entsprechend darf ab 2025 der Einbau entsprechender Heizungen nicht mehr finanziell gefördert werden. Bis 2040 sollen bestehende Heizungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen arbeiten, ersetzt werden.
  3. Wärmepumpenoffensive: Die Förderung von Wärmepumpen als umweltfreundliche Alternative zur traditionellen Heizung.
  4. Zero Emission Buildings: Ab 2028 sollen Neubauten im öffentlichen Eigentum keine Emissionen mehr ausstoßen. Ab 2030 soll dies für alle Neubauten gelten.
  5. Empfehlung von steuerlichen Maßnahmen für Energieeinsparungen: Die Richtlinie ermutigt Mitgliedstaaten, steuerliche Anreize für energieeffiziente Gebäude zu schaffen.

Bau-Ministerium: Individueller Sanierungszwang abgewendet

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Für Deutschland war und ist es sehr wichtig, dass es keinen individuellen Sanierungszwang für Wohngebäude gibt. Deutschland hat sich zur Erreichung der ambitionierten Klimaschutzziele im Gebäudesektor für einen integrativen Minderungspfad ausgesprochen, in dem alle Maßnahmen berücksichtigt werden dürfen und keine Verpflichtungen an Einzelgebäude gestellt werden.

Zur Erreichung eines Minderungspfades verfügt Deutschland bereits über ein umfassendes und systematisches Instrumentarium. Dieses reicht von attraktiven Förderprogrammen, einem breiten Spektrum an Informations- und Beratungsleistungen, der Bepreisung von fossilen Brennstoffen hin zu ordnungsrechtlichen Maßnahmen. Daher gehen wir davon aus, dass die möglichen neuen Anforderungen der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) bereits zu großen Teilen erfüllt sind oder hierfür zumindest die Basis geschaffen ist.

Dies gilt auch für die Neubauanforderungen, denn durch die Novellen des Gebäudeenergiegesetzes erreichen wir schon heute ein energieeffizientes Gebäude mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien. Neben der Evaluierung der jüngst in Kraft getretenen Wärmeplanung, die den Schlüssel zur CO2-freien Versorgung und damit für einen klimaneutralen Gebäudebestand bildet, werden wir prüfen, welche weitere Umsetzung der EPBD ins nationale Recht erforderlich ist und innerhalb der Bundesregierung abstimmen.

Wichtig ist jetzt, dass das Verfahren zur Novellierung der EPBD auf EU-Ebene abgeschlossen wird. Dazu bedarf es nach dem Beschluss des Europäischen Parlaments noch die Zustimmung des Rates. Dann erst stehen die konkreten Formulierungen fest und die Frist zur Umsetzung von grundsätzlich zwei Jahren beginnt zu laufen.“

Klara Geywitz: „Wir haben den Sanierungszwang für Ein- und Mehrfamilienhäuser verhindert“

Zur Abstimmung über die EPBD-Richtlinie im Europäischen Parlament erklärt Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Mit der heutigen Abstimmung über die EPBD-Richtlinie im Europäischen Parlament gehen wir in Europa den nächsten großen Schritt zu einem klimafreundlichen Gebäudesektor. Wir werden dadurch die Primärenergie des gesamten Wohngebäudebestandes senken und damit erheblich zum Klimaschutz beitragen.

Wir haben verstanden. Klimaschutz braucht Akzeptanz. Wir haben den Sanierungszwang für Ein- und Mehrfamilienhäuser verhindert. Ein Gebäude ist nichts Abstraktes, sondern das Zuhause von Menschen. Jedes ist verschieden gebaut und wird unterschiedlich beheizt. Ein Zwang zu one-fits-all hätte zu sozialen Verwerfungen geführt, die auch nicht mit dem Schutz des Klimas zu rechtfertigen sind. Mit Maß und Mitte kommt man weiter.

Ich habe mich dafür eingesetzt, dass die Bundesregierung auf europäischer Ebene für den Quartiersansatz und die Anrechnung aller klimaschützenden Maßnahmen eintritt. Das Denken in Insellösungen ergibt weder bei einem globalen Thema wie dem Klimaschutz Sinn noch trägt es dem europaweit extrem unterschiedlichen Gebäudebestand Rechnung. Zudem trete ich dafür ein, dass wir bei der Umsetzung der EPBD in nationales Recht eine Sanierungsstrategie entwickeln, die bei dem riesigen Bedarf unter anderem in unseren Schulen und Krankenhäusern beginnt.“

BFW: Bereits hohe deutsche Standards müssen berücksichtigt werden

BFW-Präsident Dirk Salewski zur Verabschiedung der Gebäuderichtlinie im EU-Parlament: „Eine wichtige Forderung der Immobilienwirtschaft wurde gehört: Kein Zwang zur Sanierung für individuelle Gebäude. Statt auf Sanierungszwang setzt die EU auf ambitionierte Zielvorgaben, deren Erreichung den Mitgliedstaaten obliegt. Die Anforderungen sind jedoch weiter enorm hoch. Wenn Eigentümer finanziell überfordert sind, wird es nicht zu den Sanierungen kommen.

Im europäischen Vergleich haben wir in Deutschland bereits die höchsten Standards, dass muss bei der nationalen Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie unbedingt berücksichtigt werden. In der aktuellen Lage darf der Bogen nicht überspannt werden. Bereits jetzt ist Bauen auch wegen hoher Standards zu teuer geworden bei gleichzeitig hohem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. Wir können die Klimaziele nur erfolgreich erreichen, wenn realistische und kluge Schritte ergriffen werden, die am Ende auch bezahlbar sind. Die Einsparung bei der Primärenergie über den gesamten Gebäudebestand der Mitgliedstaaten ist wesentlich erfolgversprechender. Klimaziele sowie Bezahlbarkeit von Bauen, Wohnen und Heizen müssen in Einklang gebracht werden. Es kommt darauf an, dass Hausbesitzer und Mieter nicht überfordert werden.“

ZIA: „Wichtiger Schritt zur Dekarbonisierung von Gebäuden ist getan“

ZIA-Geschäftsführer Dr. Joachim Lohse: „Das Europäische Parlament hat einen wichtigen Schritt zur Dekarbonisierung von Gebäuden getan. Für die Immobilienbranche und eben auch für Bürgerinnen und Bürger ist es gut, dass es endlich Gewissheit gibt – vor allem bei den Mindestenergieeffizienzstandards.“ Es sei genau der richtige Ansatz, die energetisch schlechtesten Gebäude zu priorisieren, betont Lohse. Mit dem „Worst-first“-Ansatz könne Europa beim Klimaschutz schnell viel erreichen. Die überarbeitete Richtlinie zeichne sich durch einen Mix aus „ehrgeizigen Zielen plus Pragmatismus“ aus. Für Neubauten setzt die Europäische Union mit der EPBD nun Standards auf einem sehr hohen Effizienzniveau. So schließt das „Nullemissionsgebäude” Emissionen aus fossiler Verbrennung vor Ort komplett aus.

„Das ist richtig, denn gerade im Neubau gibt es ausreichend klimaneutrale Technologien am Markt”, erläutert Lohse. Jetzt gehe es darum, die nationale Umsetzung der Richtlinie „sorgfältig im Blick zu behalten“. Aus Sicht der Immobilienwirtschaft ist es offen, ob in Deutschland überhaupt weitere Verschärfungen der ohnehin sehr strengen Neubaustandards nötig sind, um die europäischen Vorgaben zu erfüllen. „Jede weitere Verschärfung verteuert das Bauen zusätzlich und verstärkt so die Wohnungsnot wie die Gefahr sozialer Spannungen erheblich“, sagt der ZIA-Geschäftsführer.

Mit Blick auf die in der EPBD geforderten Solarausbaupflichten vor allem für den Gewerbeimmobilien-Bestand fordert Lohse den Abbau steuerrechtlicher Hemmnisse in Deutschland. Und: Bei den verschärften Anforderungen für Ladeinfrastruktur-Ausbau an und in Gebäuden besteht die Immobilienwirtschaft auf den bestehenden Flexibilisierungsoptionen im deutschen Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG), um bedarfsgerechten Ausbau zu ermöglichen.

GdW: „Jetzt kommt es auf eine bezahlbare nationale Umsetzung an!“

Axel Gedaschko, Präsident des GdW: „Bei der Umsetzung der Klimaziele der Europäischen Union kommt es stark auf die nationale Umsetzung an. Dabei muss unbedingt die finanzielle Leistungsfähigkeit der sozial orientierten Wohnungsunternehmen und die Bezahlbarkeit insbesondere für Mieter mit mittleren und niedrigen Einkommen berücksichtigt werden. Die vorhandenen Mittel – volks- wie privatwirtschaftliche – müssen mit maximalem Erfolg für Nullemissionshäuser eingesetzt werden, denn die Wohnungsunternehmen können jeden Euro nur einmal ausgeben.“

Zu begrüßen sei im EPBD-Kompromiss die Einigung der Gesetzgeber darauf, die Mindestenergieeffizienzanforderungen (MEPS) nicht auf Wohngebäude anzuwenden, die Energieausweise nicht auf europäischer Ebene zu harmonisieren, den Ausbau der Solarenergie an die technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit zu koppeln sowie durch den Quartiersansatz Kommunen und Wohnungsunternehmen die Flexibilität einzuräumen, die Klimaziele zu erreichen.

Allerdings sei die generelle europäische Stoßrichtung in der Klimapolitik zu kritisieren: „Europa verfolgt die immergleiche Strategie weiter, die zunehmend weniger erfolgreich ist: die Vorgabe von sehr hohen Energieeffizienzzielen und sehr geringem Energie-Restverbrauch von Gebäuden, der erneuerbar gedeckt werden soll. Für diese Strategie reichen die Ressourcen nicht – weder an Eigenkapital der sozial orientierten Wohnungsunternehmen noch an Planern und Ausführenden. Auch die Bezahlbarkeit durch die Mieter ist nicht gegeben und staatliche Zuschüsse werden in einer für ein Effizienzszenario nötigen Höhe nicht vorhanden sein. Wir brauchen einen neuen Zugang zur Klimaneutralität, der das Zusammenspiel von erneuerbarer Energie und mindestens nötiger Effizienz neu regelt. Das leistet die EPBD nicht“, sagt Gedaschko.

IVD:„Jetzt muss die Bauministerin Wort halten!“

Dirk Wohltorf, Präsident des Immobilienverband Deutschland IVD: „Bauministerin Klara Geywitz hat versprochen, dass es für Millionen Hauseigentümer keine zusätzlichen Belastungen geben wird, die über das deutsche Gebäudeenergiegesetz hinausgehen. Jetzt ist die Ministerin in der Pflicht, bei der Umsetzung der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie in nationales Recht Wort zu halten. Die Bundesregierung ist gut beraten, die für die Umsetzung zur Verfügung stehende Zeit von zwei Jahren zu nutzen, um die nationalen Gebäudeeffizienzstandards, Energie-Einsparziele und Emissionsvorgaben mit Augenmaß und im gesellschaftlichen Konsens festzulegen.“

BAK: Verhandlungsergebnis weniger ambitioniert ist als ursprünglich vorgesehen

Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer: „Jetzt geht es darum, in die Zukunft zu schauen und das Zusammendenken von sinnvoller energetischer Gebäudesanierung und Quartier voranzutreiben. Es ist unrealistisch, alle Gebäude zu dämmen, daher müssen wir uns vor allem um die Gebäude kümmern, die einen echten Impact leisten können, wenn man sie energetisch saniert. Gebäudebestand ist wertvoll und die EPBD bildet eine wichtige europäische Grundlage für die nachhaltige Bauwende. Wir hätten uns allerdings mehr Klarheit und Vergleichbarkeit bei Berechnungsmethoden gewünscht. Letztendlich geht es immer um die Einsparung von CO2: Das muss das Herzstück unseres Handelns werden.“

Leider mangelt es der EPBD an Klarheit, wenn es um die Energieausweise geht, da der Text den Mitgliedstaaten die Flexibilität lässt, die Verteilung der Skalen auf nationaler Ebene zu wählen. Dadurch wird das ursprüngliche Ziel einer größeren Vergleichbarkeit der Berichtsmetriken zwischen den Mitgliedstaaten untergraben. Damit die Energieausweise als Qualitätssicherungsinstrument für die Gebäudeleistung dienen können, sollten die Energieausweise vor allem einen Abgleich der berechneten Leistung mit den Bestands- und Betriebsdaten vorschreiben. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Energieausweise zu einem aussagekräftigen Indikator für wahrscheinliche Energie- und Kohlenstoffeinsparungen werden und eine solide Grundlage für finanzielle Anreize sowohl für Nachrüstungen als auch für Neubauten bilden.

ZDB: „Ein politisches Hick-Hack muss unbedingt vermieden werden“

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe: „Die Sanierungspflicht ist glücklicherweise vom Tisch. Wir hoffen nun sehr, dass die Gesetzgebungsdebatte von allen Beteiligten mit Augenmaß geführt wird. Ein politisches Hick-Hack wie beim Gebäudeenergiegesetz muss unbedingt vermieden werden. Die Mitgliedstaaten müssen in den kommenden zwei Jahren Maßnahmen ergreifen, um bis 2030 den Primärenergieverbrauch von Wohngebäuden um 16 Prozent und bis 2035 um 20-22 Prozent zu senken. Es gilt die Vorgabe, dass mindestens 55 Prozent des durchschnittlich gesenkten Primärenergieverbrauchs durch die Sanierung derjenigen Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz erreicht werden. Eine Riesenherausforderung wird es, die zu sanierenden Gebäude auszumachen. In Deutschland könnte man sich zumindest am Alter der Gebäude orientieren, da insbesondere vor 1977 errichtete Gebäude keine Energieeffizienzanforderungen erfüllen mussten.“

So geht es weiter

Nun muss die Richtlinie noch im EU-Rat positiv abgestimmt werden. Im Rahmen der nationalen Umsetzung trägt die deutsche Bundesregierung dann die Verantwortung, die durch die Richtlinie vorgelegte Strategie konsequent umzusetzen, um den Übergang zu einer nachhaltigeren und energieeffizienteren Gebäudelandschaft zu gewährleisten

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