Regulatorik: Wie Normen und Vorschriften auf dem Bau zur Wohnungsnot beitragen

Regulatorik: Wie Normen und Vorschriften auf dem Bau zur Wohnungsnot beitragen

Regulatorik: Wie Normen und Vorschriften auf dem Bau zur Wohnungsnot beitragen
Die Bestimmungen beispielsweise rund um Schallschutz, GEG, Brand- und Rauchmelder machen das Bauen teuer. Quelle: geralt/Pixabay

Dr. Peter Burnickl hat sich zur Aufgabe gemacht, mit einem neuen Ansatz für nachhaltige, optimierte und wirtschaftliche Gebäude zu sorgen. Er ist der Geschäftsführer der Pro Bauherr GmbH und kennt diese als Ingenieur, Projektentwickler und Bauträger genau. Für IMMOBILIEN AKTUELL hat er Schallschutz, GEG, Brand- und Rauchmelder unter die Lupe genommen.

Die Baukosten in Deutschland steigen immer weiter an, während sich der Mangel an Wohnraum drastisch zuspitzt. Zusätzlich zu steigenden Zinsen und Materialkosten verschärfen in erster Linie die zahlreichen Normen und Vorschriften die Probleme der Bauwirtschaft. Mit mehr als 3.300 teilweise sich widersprechenden Regelungen gleicht das Bauwesen einem Dschungel aus Vorschriften, der selbst für Fachleute oft schwer zu durchdringen ist. Es ist an der Zeit, diese Regulierungsflut zu überdenken und zu vereinfachen. Deutschland sollte ein Regelwerk anstreben, das sowohl die Sicherheit gewährleistet als auch wirtschaftlich sinnvoll ist. In diesem Beitrag wird beleuchtet, welche Auswirkungen Normen und Vorschriften auf die Baukosten haben und welche Lösungsansätze praktikabel sind.

Der Unterschied zwischen Normen und Gesetzen

Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass Normen und Richtlinien keine Gesetze sind und daher nicht grundsätzlich befolgt werden müssen. Es existieren jedoch die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.). Diese besagen, dass ältere Normen möglicherweise durch aktuellere technische Standards ersetzt wurden, da sich die Technik rasch weiterentwickelt. Ferner erhalten Normen häufig durch baurechtliche Bestimmungen, wie Baugenehmigungen oder Erwähnungen in Gesetzen, einen verpflichtenden Charakter. Konkret bedeutet dies, dass eine Norm unter anderem verbindlich einzuhalten ist, sobald sie in einer Baugenehmigung zitiert wird.

In Deutschland besteht das Problem der "German Angst", ein Begriff, der mittlerweile weit verbreitet ist. Dieser beschreibt eine Tendenz zur übermäßigen Vorsicht und Risikovermeidung. Eine derartige Mentalität führt jedoch dazu, dass in verschiedenen Bereichen, wie beispielsweise im Brandschutz oder bei Baugenehmigungen, Anforderungen oft aufgerundet werden, um rechtlichen Konsequenzen vorzubeugen. Denn Architekten und Ingenieure sind in der Regel durch Verträge auf Basis des Werkvertragsrechts beauftragt, wodurch ihr Haftungsrisiko steigt.

Schallschutz als Kostenfaktor

Besonders relevant ist die Einführung der DIN 4109-5, welche eine zusätzliche Anforderung von drei Dezibel für verbesserten Schallschutz mit sich brachte. Obwohl die erhöhte Schallschutzanforderung in der Regel freiwillig ist, wird sie von Käufern oft erwartet, da diese zusätzliche Wohnqualität suggeriert. In der Praxis kann diese Norm Mehrkosten von ein bis zwei Prozent verursachen. Ein Vergleich zeigt, dass die Schallschutzanforderungen in vielen europäischen Ländern, wie Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Spanien, deutlich niedriger sind als in Deutschland.

Kostentreiber Gebäude-Energie-Gesetz (GEG)

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG), das 2024 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz regelt die energetischen Anforderungen an Neubauten und Bestandsgebäude in Deutschland, um den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen im Gebäudesektor zu reduzieren. Dieses Gesetz wurde umfassend von verschiedenen Interessengruppen und Fachleuten diskutiert. Es ist bekannt, dass die Preise für Wärmepumpen in den vergangenen Jahren stark angestiegen sind, teilweise um 300 bis 400 Prozent.

Doch auch wenn inzwischen die Rücknahme einiger Maßnahmen beschlossen wurde, führen solche Regelungen zu beträchtlicher Verunsicherung bei Immobilieneigentümern und Bauherren, was viele dazu treibt, auf vermeintlich sichere Lösungen wie Wärmepumpen zurückzugreifen. Die so entstehende Verknappung führt nicht nur zu langen Lieferzeiten, sondern vor allem zu stark steigenden Preisen. Hierbei handelt es sich im Übrigen um ein Phänomen, das man auch bei PV-Einspeisevergütungen oder Förderungen von Elektromobilität sieht. Der Preis steigt meist mit der Subvention und/oder gesetzlichen Anforderung.

Wie technische Anlagen die Lebensdauer von Gebäuden verkürzen

Die Erfüllung energetischer Vorgaben hat zu einer signifikanten Ausweitung der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) geführt, die unter anderem Wärmepumpen und Lüftungsanlagen umfasst. Doch technologische Entwicklungen beeinflussen den Lebenszyklus von Gebäuden negativ, denn Reparaturen an technischen Anlagen sind im Vergleich zur Gebäudestruktur in deutlich kürzeren Intervallen erforderlich. Logischerweise haben elektronische Bauelemente auch eine deutlich kürzere Lebensdauer als zum Beispiel das Mauerwerk.

DIN 18015: Auswirkungen auf die Kosten und Ausstattung von Elektrosystemen

Die DIN 18015 regelt die elektrotechnische Ausstattung für Wohngebäude und kleinere gewerblich genutzte Räume wie Arztpraxen. Ein wesentlicher Aspekt der Norm betrifft die Anzahl der vorgeschriebenen Stromkreise. Seit der letzten Novelle der Norm im Jahr 2020 ist zudem geregelt, dass maximal sechs Stromkreise pro Fehlerstromschutzschalter zulässig sind. Die strengen Anforderungen führen zu erheblichen Kostensteigerungen, da die notwendigen Unterverteilungen größer und komplexer werden. Ausgaben für Fehlerstromschutzschalter und deren Installation können dadurch erheblich steigen, was zu einer merklichen Erhöhung der Gesamtkosten für elektrotechnische Installationen führt.

Ein konkretes Beispiel stellen die Brandschutzschalter dar, die gemäß der Norm DIN VDE 0100-400 seit Oktober 2019 vorgeschrieben sind. Diese Schalter, die in Schlaf- und Wohnräumen sowie in barrierefreien Wohnungen installiert werden müssen, kosten bis zu zehnmal mehr als herkömmliche Leitungsschutzschalter.

Geforderter Austausch von Brand- und Rauchmeldern

Ein weiteres Thema ist der normativ geforderte Austausch von Brand- und Rauchwarnmeldern gemäß den Normen DIN 14675 und DIN 14676. Diese haben einen nahezu gesetzesähnlichen Status, weil sie in Brandschutzkonzepten verankert sind und in der Regel in Baugenehmigungen zitiert werden. Allerdings besteht aus Sicht vieler Experten kein gesteigertes Sicherheitsrisiko, welches einen regelmäßigen Austausch rechtfertigen würde, da Rauchmelder schon jetzt kontinuierlich gewartet und ausgewechselt werden, während die Vorschrift vor allem die Folgekosten für Eigentümer in die Höhe treibt.

Fazit

Es ist dringend erforderlich, die Anforderungen an Bauprojekte zu verschlanken und Entscheidungsträger zu mehr Entschlossenheit zu bewegen. Die Vorschriften sollten konsequent überprüft und minimalistisch ausgelegt werden, besonders wenn sie nicht sicherheitsrelevant sind. Hier könnten Einsparungen von fünf bis zehn Prozent der Baukosten erzielt werden, ohne die geltende Gesetzgebung ändern zu müssen.

Neuerdings eröffnet der Gebäudetyp E die Chance, von vielen Normen und Richtlinien abzuweichen. Hierdurch gewinnen Architekten und Ingenieure mehr Freiheit sowohl bei der Planung als auch der Ausführung von Bauprojekten. Allerdings sind private Käufer tendenziell weniger bereit, experimentelle Gebäude zu erwerben, was zu Preisabschlägen führen und somit die Rentabilität der Investitionen beeinträchtigen könnte. Das bedeutet, dass vorerst vor allem öffentliche und teil-öffentliche Institutionen sowie Bestandshalter von der Bauweise profitieren werden. Generell weist dieser Ansatz jedoch in die richtige Richtung und wird zukünftig sicherlich an Bedeutung gewinnen.

Des Weiteren schaffen neue Konzepte wie modulares und serielles Bauen vielversprechende Zukunftsperspektiven. Trotz aktueller Verzögerungen werden ein steigender Wettbewerb und Fortschritte in der Fertigung voraussichtlich zu schnelleren und kosteneffizienteren Lösungen führen. Bis dahin sollten Bauherren ihre Projekte sorgfältig optimieren, um Kosten zu reduzieren und die Effizienz zu steigern.

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