Einst war das Areal am Rummelsburger See mit Glaswerk und dem Ostkreuz im Rücken eine Schmuddelecke der Hauptstadt. Jetzt wird hier an vielen Stellen gleichzeitig gebaut. Um die Coral World Berlin am Nordufer, ein geplantes Wasserhaus mit Hotel, wurde erst einmal viel gestritten. Auf den Nachbargrundstücken sind die Projekte schon weit gediehen.
Die Rummelsburger Bucht wächst zu. Während sich die Coral World nach viel Hin und Her auf der Startposition befindet, wird auf den Nachbargrundstücken längst gebaut: Die Groth Gruppe realisiert gemeinsam mit der Investa Real Estate einen Wohnkomplex mit 60 Eigentumswohnungen. Die Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen sind jeweils 48 bis 115 Quadratmeter groß. Der Hochbau ist in vollem Gang, die Übergabe an die Eigentümer für nächstes Jahr avisiert.
Wie attraktiv die einstige Schmuddelecke am Verkehrsknotenpunkt Ostkreuz ist, zeigen die Zahlen: Bereits jetzt konnten 75 Prozent der Wohnungen verkauft werden, fünf Prozent sind reserviert. Anette Mischler, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Groth Gruppe, betont: „Sicherlich war die Wasserlage hier auch ausschlaggebend für die Nachfrage.“ Doch nicht nur das. „Der Kiez hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt. Die schöne Uferpromenade, die gute Anbindung an den ÖPNV, und auch zum Ausgehen und Feiern muss man nicht mehr nach Friedrichshain oder Kreuzberg, sondern findet es inzwischen vor Ort.“
HOWOGE baut Wohnungen, die Streletzki-Gruppe Büros an der Rummelsburger Bucht
An der Rummelsburger Bucht baut auch die landeseigene HOWOGE. Auf einem nahegelegenen, knapp 6.700 Quadratmeter großen Grundstück errichtet das städtische Unternehmen einen Wohnkomplex namens "An der Mole" mit 169 Mietwohnungen (davon 85 Sozialwohnungen) und Kita, der ebenfalls 2023 fertig sein soll. Die Wände der Kita stehen bereits, die Bodenplatte für das Wohngebäude ist gegossen.
Doch nicht nur Wohnungen werden hier mit Wasserlage gebaut. In den vergangenen Jahren sind auch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen entstanden, unter anderem im 300 Meter langen B-Hub der Streletzki-Gruppe mit seinen 50.000 Quadratmetern Büro- und Gewerbefläche. Das Unternehmen errichtet zusätzlich die Axis Offices als Entrée zur Rummelsburger Bucht an der Ecke Kynaststraße. Der Hochbau hat begonnen, das Projekt kommt zügig voran.
Vieldiskutiert in der Hauptstadt: Die Coral World Berlin
Der größte Anziehungspunkt am Standort wird jedoch die Coral World Berlin sein, so jedenfalls der Plan. Das Unternehmen des Milliardärs und Meeresbiologen Benjamin Kahn betreibt Großaquarien als Touristenattraktion an verschieden Standorten in der Welt, darunter in Australien und Israel. In Berlin projektiert er unter der Überschrift Wasserhaus ein Hotel mit 169 Doppelzimmern und ein Museum im selben Gebäude sowie eine öffentliche Grünanlage. Die Fläche des Aquariums wird mit 20.000 Quadratmetern beziffert, Größe des Hauptwasserbeckens nach Unternehmensangaben: 1.000 Quadratmeter. Die kalkulierten Kosten liegen bei rund 96 Millionen Euro.
Das Projekt ist seit Jahren umstritten und hat den Protest von Anwohnern hervorgerufen. Die Grünen in den Bezirken Friedrichshain und Kreuzberg positionieren sich gegen das Projekt. So twitterte Philip Ahrens, Fraktionsvorsitzender der Lichtenberger Grünen: „Wir in Lichtenberg haben das Projekt von Anfang an kritisch gesehen.“ Und nicht nur dieses. Denn für die Bauprojekte mussten drei Wagenplätze und ein Wohnungslosen-Camp weichen. Doch ein Eilantrag der Initiative Bucht für alle gegen den Bebauungsplan Coral World wurde im Februar abgelehnt und die Baugenehmigung für das Wasserhaus im März erteilt.
Auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordnetem Julian Schwarze hatte der Senat seinen Standpunkt zu dem Projekt formuliert: „Der Wirtschaftsstandort Berlin hat Interesse an Ansiedlungen: Unternehmen sind in dieser Stadt willkommen, wie es auch in den Regierungsrichtlinien heißt. Berlin begrüßt sie und schafft und bietet die Rahmenbedingungen. Neben der wirtschaftlichen Stärkung für die Region und ihre Wettbewerbsfähigkeit ist das Vorhaben auch aus tourismuspolitischer Sicht begrüßenswert, da es wichtige Aspekte des Tourismuskonzepts 2018+ erfüllt.“
Coral World Berlin als Chance für nachhaltige und wirtschaftliche Entwicklung der Region
Die Mischung aus touristischen Angeboten, Dienstleistungen, Gastronomie, Gewerbeflächen und Erholung (Park) biete eine Chance für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Region. „Das Vorhaben ist ein Anziehungspunkt und neben der eigentlichen Attraktion kann auch der Bezirk entdeckt werden.“ Der Antrag auf rund 6,7 Millionen Euro Fördergeld im Rahmen des Senatsprogramms Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur wurde inzwischen jedoch abgelehnt.
In einer Sitzung des Ausschusses für Ökologische Stadtentwicklung des Bezirkes Lichtenberg hat der Investor Benjamin Kahn das Projekt Ende April noch einmal erläutert. Im Wortprotokoll heißt es: „Er möchte mit dem Wasserhaus proaktives Handeln zum Schutz der Ozeane anregen.“ Ozeane seien durch menschliches Handeln gefährdet. Sie seien verletzlich und eine CO2-Senke. Berlin sei aufgrund der Regierungsnähe ein guter Standort für das Wasserhaus. Er versicherte den Abgeordneten, das Coral World Berlin werde gebaut. Auch ohne Fördergeld.