Schumacher Quartier in Berlin-Tegel schwer bezahlbar

Schumacher Quartier in Berlin-Tegel schwer bezahlbar

Schumacher Quartier in Berlin-Tegel schwer bezahlbar
Eine Visualisierung des Schumacher Quartiers. Copyright: Tegel Projekt GmbH / Macina

Der erste Spatenstich für eines der größten Holzbau-Viertel in Europa ist 2025 auf dem Areal des ehemaligen Flughafens Tegel geplant. Über den aktuellen Stand, die Baukostenexplosion und Ideen, wie die Finanzierung gesichert werden kann.

Agentur

In Berlin-Tegel geht es voran – in jedem Fall auf dem Papier. Auf dem ehemaligen Flughafengelände soll in den nächsten 20 Jahren eines der wichtigsten Wirtschafts- und Infrastrukturprojekte der Hauptstadt realisiert werden. Rund 20.000 neue Arbeitsplätze sind auf dem Areal prognostiziert, eine Bruttowertschöpfung von 2,6 Milliarden Euro und Steuereffekte von 350 Millionen Euro pro Jahr.

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Rahmenbedingungen für Holzbauwohnprojekt Schumacher Quartier verschlechtern sich

Darüber hinaus ist ein Holzbauwohnquartier mit 5.000 Wohnungen geplant, ein Vorhaben mit Vorbildwirkung für klimaneutrales Bauen. 18 Bebauungsplanverfahren laufen, zwei B-Pläne sind bereits festgesetzt worden. Derzeit wird das Gelände von Kampfmitteln geräumt. Der Spatenstich für den ersten Bauabschnitt ist 2025 vorgesehen. Doch die Rahmenbedingungen für das Zukunftsquartier verschlechtern sich rasant. Bei einer Anhörung im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sprach Jörg Franzen, Vorstandsvorsitzender der landeseigenen GESOBAU, klare Worte: „Nach jetzigem Stand könnte wirtschaftlich keine einzige Wohnung gebaut werden.“

Die GESOBAU hat gemeinsam mit den beiden städtischen Unternehmen degewo und Gewobag die Aufgabe, die Hälfte der Wohnungen zu errichten. Die Grundstücke bekommen sie von der Stadt übertragen. Die andere Hälfte soll auf Bauland in Erbpacht von sogenannten gemeinwohlorientierten Bauherren realisiert werden, also von Genossenschaften und Baugruppen. Die GESOBAU allein ist für den Bau von 900 Wohnungen zuständig: 50 Prozent davon sollen später im geförderten Segment angeboten werden. Die Mieten liegen in diesem Bereich laut Vereinbarung mit dem Senat derzeit bei 6,70 Euro pro Quadratmeter. Für den freifinanzierten Anteil sind im normalen Neubau aktuell rund elf Euro kalkuliert.

Pandemie und Krieg lassen die Baukosten explodieren

Bereits während der Corona-Pandemie stiegen die Baukosten erheblich. „Der Krieg hat die Situation aber noch einmal dramatisch verschärft“, betonte Jörg Franzen. „Wir lagen vor dem Krieg im konventionellen Bau bei Kosten von 3.500 Euro pro Quadratmeter. Bei aktuellen Ausschreibungen bewegen wir uns Richtung 4.000 Euro den Quadratmeter.“ Und in dieser Summe sind keine Grundstückskosten enthalten. Jörg Franzen ließ keinen Zweifel daran, dass er Themen wie Schwammstadt, doppelte Erdgeschosszonen, Hochhaus oder Holzbau als Themen richtig und wichtig findet. Intern hat er berechnen lassen, was das zusätzlich kostet. Das Ergebnis: 900 Euro pro Quadratmeter mehr – im Vergleich zum konventionellen Bau. Es ist derzeit also mit Kosten von 4.500 bis 5.000 Euro pro Quadratmeter für das Quartier im kommunalen Wohnungsbau zu rechnen. „Wir wollen das so bauen“, sagte er. Es sei aber mit den Mieten der städtischen Unternehmen schwer bezahlbar. „Auch die Genossenschaften und Baugruppen werden massive Schwierigkeiten haben.“

Dass ein Holzbau-Cluster, wie es in Berlin geplant ist, oder der Bezug von Bauholz aus den Berliner Forsten in kurzer Zeit zum Sinken der Baukosten auf das Niveau herkömmlicher Vorhaben führen, daran glaubt er nicht. Die Mehrkosten müssten deshalb anders abgefangen werden: durch mehr Förderung, durch Zuschüsse und notfalls der Möglichkeit für städtische Unternehmen, 20 bis 30 Prozent der Wohnungen als Eigentumswohnungen anzubieten. Doch Letzteres ist zumindest für die LINKEN in der Koalition eine Denkunmöglichkeit. Der Abgeordnete Niklas Schenker konterte sofort: „Wir als LINKE können uns auf keine Fall vorstellen, dass ein landeseigenes Wohnungsunternehmen anfangen soll, Eigentumswohnungen zu bauen.“ 

"Das Erbbaurecht in Tegel ist gesetzt"

Der Verkauf von Grundstücken, um die Finanzierung zu stemmen, kommt im Schumacher Quartier generell nicht in Frage. Gudrun Sack, die Geschäftsführerin der Tegel Projekt GmbH, betonte noch einmal: „Das Erbbaurecht ist in Tegel gesetzt, da ist nichts anderes möglich.“ Sie verwies in diesem Zusammenhang auf das geplante Low-Exergie-Netz für die Wärmeversorgung, das auf ein zusammenhängendes Stück Flughafen angewiesen sei. Sie will nach jahrelangen Diskussionen um das Projekt endlich in die Umsetzung auf dem Areal kommen. Nachbesserungen oder Planänderungen seien im zweiten oder dritten Bauabschnitt denkbar.

Aus ihren Äußerungen wurde auch deutlich, dass es nicht einfach war, Genossenschaften unter den wirtschaftlich schwierigen Bedingungen und lediglich mit Grundstücken in Erbbaurecht für ein Engagement im Schumacher Quartier zu gewinnen. Man sei den Genossenschaften in vielen Punkten entgegen gekommen, etwa mit einer verlängerten Laufzeit des Erbbaurechtes von 99 Jahren. „Wir haben uns in den vergangenen zwölf Monaten sehr um die alten Genossenschaften bemüht und hoffen nun, alte und junge Genossenschaften an Bord zu haben.“

Interview mit Grudrun Sack zum Gesamtprojekt TXL

Alle Stellschrauben für niedrige Mieten im Schumacher Quartier sollen gezogen werden

Dafür machte Christian Müller, Vorstandsmitglied der Baukammer, auf ein Themenfeld aufmerksam, das Sparpotenzial verspricht. „Wir halten es für notwendig, an verschiedenen Stellschrauben ernsthaft zu drehen.“ Dazu zählen für ihn die immer weiter verschärften Baunormen. „Wir bauen heute mit dem doppelten Materialeinsatz der 1950er und 1960er Jahre.“ Ein Punkt sei zum Beispiel der Schallschutz im Holzbau. „Ich würde empfehlen, auf den erhöhten Schallschutz zu verzichten. Wenn wir einen minimalen Mietpreis wollen, müssen wir nicht maximalen Schallschutz liefern.“ Der Mindestschallschutz müsste ausreichend sein.

Der Entwurf für die Novelle der Berliner Bauordnung liegt seit Ende März vor, der Rat der Bürgermeister muss noch seine Stellungnahme dazu abgeben. Klar ist: Sie wird das Bauen erneut verteuern. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) betonte, dass er im März der Meinung gewesen sei, man könne noch ein bisschen mehr verkraften: etwa Fassaden- und Dachbegrünung. Doch die Preisentwicklung seit April sei besorgniserregend. Gegensteuern könne die Stadt mit der Vergabe landeseigener Grundstücke, mit Beschleunigung von Planungsverfahren, aber auch dem Einsatz von Fördermitteln.

„Wir müssen nicht nur über das Fördern von Innovationen sprechen, sondern über Subventionen. Das ist eine bundesweite Diskussion.“ Ohne direkten Bezug zum Schumacher Quartier erklärte er den Abgeordneten seinen Standpunkt zum Bau von Eigentumswohnungen durch kommunale Unternehmen: „Wenn wir in großen Bauprojekten erwarten, dass wir bezahlbare Mieten stemmen, trotz dieser Preisentwicklung, dann müssen wir an anderer Stelle Ausgleich schaffen. Und wenn wir das über den Landeshaushalt nicht mehr leisten können, stellt sich die Frage, ob man das in geringerem Umfang über Eigentumswohnungen leisten kann.“

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