Der Begriff der grauen Wohnungsnot umschreibt den Fakt, dass in Deutschland Millionen altersgerechter Wohnungen fehlen. Und die Lage wird sich in den nächsten Jahren noch deutlich verschärfen, geht doch alsbald die Generation der Babyboomer in Rente.
Aktuell hat die IG BAU auf die Problematik hingewiesen und beruft sich dabei auf Zahlen des Pestel-Institutes, das im Aufrag des Bundesverbandes des Deutschen Baustoffhandels eine Studie zur künftigen Wohnsituation von Senioren durchgeführt hat. Laut der Studie werden in 20 Jahren in Deutschland mehr als 21 Millionen Menschen zur Altersgruppe 67 plus gehören. Ein Plus von 3,6 Millionen im Vergleich zu heute. Deutschland werde sich dann in „junge Städte“ und „altes Land“ aufteilen und es seien Regionen zu befürchten, in denen 2050 über 40 Prozent der Bevölkerung Senioren sein werden.
Auf derartige Zahlen sei Deutschland nicht vorbereitet. Dabei sei nicht nur der Mangel an altersgerechtem Wohnraum ein Problem, sondern auch dessen Bezahlbarkeit. Eine Altersarmut durch das Wohnen sei laut Pestel-Studienleiter Matthias Günther für zwei Drittel der Seniorenhaushalte eine reelle Bedrohung - sogar ein dramatischer Anstieg der Altersobdachlosigkeit sei zu befürchten. Ein „Alterswohnprogramm für die Baby-Boomer“ müsse entsprechend her.
Deutschland braucht mehr altersgerechten Wohnraum
Gefordert wird darum die Schaffung von mehr preiswertem, vor allem aber auch altersgerechtem Wohnraum. Hier seien alle gefordert – Kommunen, Land und Bund. Apropos Bund: Das Bundesbauministerium stellt in diesem Jahr einen Fördertopf von 75 Millionen Euro über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für den altersgerechten Umbau von Wohnungen zur Verfügung. Im letzten Jahr gab es exakt die gleiche Fördersumme und die war bereits nach sechs Wochen aufgebraucht.
Studienleiter Matthias Günther verweist auf das Förderprogramm „Junges Wohnen“, für das Bundesbauministerin Klara Geywitz 500 Millionen Euro in diesem Jahr bereitgestellt – genauer gesagt, aus dem Topf für den sozialen Wohnungsbau „abgezweigt“ – habe. Dringend notwendig sei allerdings auch ein Programm „Altes Wohnen“ – also eine Förderung „Wohnen 67 plus“. Hierfür müsse der Bund ebenfalls mindestens eine halbe Milliarde Euro pro Jahr für altersgerechten Neu- und Umbau zusätzlich bereitstellen.
Die graue Wohnungsnot in Mitteldeutschland
Die IG BAU nahm nun all diese Erkenntnisse auf und erstellte für zahlreiche Regionen Deutschlands Pressemitteilungen mit ganz konkreten Zahlen. Darunter auch zahlreiche mitteldeutsche Städte und Kreise. Hier einige Beispiele:
- In Leipzig werden in zwanzig Jahren rund 132.800 Menschen zur Altersgruppe 67 plus gehören. Das sind gut 20.800 mehr als heute. Heute benötigen bereits 18.700 Haushalte eine Seniorenwohnung, in zwanzig Jahren werden über 21.100 seniorengerechte Wohneinheiten benötigt.
- In Dresden werden in zwanzig Jahren rund 129.900 Menschen zur Altersgruppe 67 plus gehören. Das sind gut 17.400 mehr als heute. Heute benötigen bereits 18.500 Haushalte eine seniorengerechte Wohnung, in zwanzig Jahren werden es 20.300 sein.
- In Halle werden in zwanzig Jahren 58.600 Menschen zur Altergruppe 67 plus gehören. Das sind gut 4.100 mehr als heute. Heute benötigen bereits 9.150 Haushalte eine seniorengerechte Wohnung, in zwanzig Jahren werden es 9.300 sein.
- In Magdeburg werden in zwanzig Jahren rund 57.600 Menschen zur Altersgruppe 67 plus gehören, 3.400 mehr als heute. Heute benötigen mehr als 8.950 Haushalte eine seniorengerechte Wohnung, in zwanzig Jahren werden es 9.000 sein.
- Im Landkreis Gotha werden in zwanzig Jahren rund 36.700 Menschen zur Altersgruppe 67 plus gehören, 4.400 mehr als heute. Heute benötigen mehr als 5.450 Haushalte eine seniorengerechte Wohnung, in zwanzig Jahren werden es 5.800 sein.
- In Jena werden in zwanzig Jahren rund 26.100 Menschen zur Altersgruppe 67 plus gehören, 3.500 mehr als heute. Heute benötigen mehr als 3.700 Haushalte eine seniorengerechte Wohnung, in zwanzig Jahren werden es 4.100 sein.
- In Erfurt werden in zwanzig Jahren rund 53.300 Menschen zur Altersgruppe 67 plus gehören, 7.700 mehr als heute. Heute benötigen mehr als 7.700 Haushalte eine seniorengerechte Wohnung, in zwanzig Jahren werden es 8.500 sein.
- Im Wartburgkreis werden in zwanzig Jahren rund 44.500 Menschen zur Altersgruppe 67 plus gehören, 5.000 mehr als heute. Heute benötigen mehr als 6.650 Haushalte eine seniorengerechte Wohnung, in zwanzig Jahren werden es 7.000 sein.