Gregor Marweld, Geschäftsführer der C1 - Central One Midtown Offices GmbH und damit verantwortlich für die operative Entwicklung und Projektleitung des gleichnamigen Projektes am Alexanderplatz, analysiert für IMMOBILIEN AKTUELL Vorteile und auch Probleme von intelligenten Gebäuden.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie kommentiert die aktuelle Herbstprojektion der Bundesregierung mit drastischen Worten: „Hohe Energiepreise und schwächelnde Konjunktur treffen Volkswirtschaft mit voller Wucht.“ 90 Prozent der betroffenen Unternehmen sehen demnach die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise als existenzbedrohende Gefahr für das wirtschaftliche Überleben. Welche Konsequenzen ergeben sich jetzt für die traditionell extrem energieintensive Immobilienbranche? Was müssen Investoren strategisch beachten?
„Gaspreise für Immobilienunternehmen nicht mehr bezahlbar“
Die deutsche Wirtschaft leidet seit Beginn des Ukrainekrieges erheblich unter den explodierenden Energiekosten. Neben der Chemie- und Stahlindustrie, wird ebenfalls die Immobilienbranche von steigenden Öl-, Gas- und Stromkosten unter Druck gesetzt. Lösungen gewinnen jeden Tag an Relevanz – verbraucht doch die gewerbliche und private Nutzung von Gebäuden bundesweit circa 35 Prozent der gesamten Energiereserven für Heizung, Warmwasser, Beleuchtung und Kühlung.
Umfragen zufolge war es schon im Spätsommer 2022 38 Prozent der Immobilienunternehmen in Deutschland nicht mehr möglich, die hohen Gaspreise zu finanzieren. Mehr noch: Gar mehr als jedes fünfte Unternehmen sah in den sich ab dem dritten Quartal 2022 abzeichnenden Energieverteuerungen eine existentielle Bedrohung. In der Konsequenz droht Abwanderung von Betrieben, drohen Jobverluste und eine Intensivierung der bereits anlaufenden Rezession. Der Gaspreisdeckel der Bundesregierung zielt zwar in die richtige Richtung, führt aber in der zu komplizierten Umsetzung zu erheblichen Verwirrungen.
Besteht daher die zwangsläufige Möglichkeit, dass alternative beziehungsweise regenerative Energiequellen fossile Energien schon kurzfristig komplett ersetzen können und damit auch zu einem attraktiveren Asset für Investoren werden? Zwar lassen sich die bestehenden Energiequellen wie Gas, Öl und Kohle nicht sofort vollständig und direkt durch erneuerbare Energien ersetzen. Neue Versorger drängen für sowohl gewerbliche als auch private Immobilien immer tiefer in den Markt ein. Da Einspeisungsschwankungen in das Netz technisch immer weiter kompensiert werden und die politischen Förderungen 2022 einen massiven Schub erfahren hat, werden diese Träger auch für Smart Buildings früher verwendbar sein als noch Anfang des Jahres prognostiziert.
Mehrwert von Smart Buildings: Vermeidung von Energieverschwendung
Der Hauptgedanke hinter dem Konzept des Smart Buildings ist die digitale Vernetzung: Kontrolle und Automatisierung von verschiedenen Einzelkomponenten der modernen Gebäudetechnik sowie die Bereitstellung umfassender Verbrauchs- und Analysedaten zur Kostenoptimierung und Vermeidung von Verschwendung, sollen überflüssigen Energieverbrauch auf ein Minimum reduzieren. In Kombination mit verbesserter Dämmung, energetischer Sanierung/Herstellung und optimierter Energieeffizienz lassen sich erhebliche Einsparpotentiale eröffnen, die ihre Wirkung auch über die aktuelle Energiekrise hinaus entfalten können. Im Mittelpunkt steht eine Gebäude-Steuerzentrale, die mit einer Vielzahl von Sensoren mit Motoren, den gebäudetechnischen Anlagen, Leuchtmitteln, Heizflächen, Lüftungsaggregaten, Schaltern, Photovoltaik-/Erdwärmegeräten und mobilen Devices verbunden sind.
Die Sensorik misst Innen- und Außentemperatur, Lichtverhältnisse, Sonneneinstrahlung, Luftverhältnisse (zum Beispiel CO2-Gehalt) und die Anwesenheit von Personen in den einzelnen Räumen. Die Nutzer können individuell festlegen, welche Funktionen und Profile wann genutzt werden sollen, wie stark Energie eingespart werden kann und welche Automatikfunktionen wann Sinn ergeben. Die über die Sensoren gesammelten Daten erfahren eine zentrale Erfassung und Analyse durch künstliche Intelligenz. Dadurch lernt das System und kann somit das Gebäude (energetisch) optimal einstellen.
Nachfrage steigt signifikant: Fußabdruck entscheidet immer mehr über Investments
Nachweislich stieg 2022 die Nachfrage nach Smart Building- beziehungsweise Smart Metering-Ausstattung erheblich. Die Technologie schaffte den Sprung vom Marktsegment der anspruchsvollen und technikaffinen Privathaushalte in die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit. Neben der umfassenden Optimierung sich gegenseitig ergänzender und verstärkender Einzelmaßnahmen sorgt die Nutzung der Smart Building-Technologie ebenfalls dafür, dass die energetischen Fußabdrücke einzelner Gebäude oder ganzer Komplexe viel präziser bestimmt und aktualisiert werden können.
Die Analysedaten fließen direkt in die Erstellung von Energie- oder Bedarfsausweisen ein und vereinfachen durch die digitale Form den Austausch, die Verknüpfung und die Nutzung für die Erstellung von CSRD-Reports/Nachhaltigkeitsberichten für Unternehmen. Anders ausgedrückt: Werkzeuge für Smart Buildings haben 2022 aufgehört, eine Spielerei im Alltag zu sein und bilden auf kurze Sicht die Grundlage für eine nachhaltige Transformation der Branche.
Langfristige Wertsteigerung der Objekte für Investoren & Bestandshalter
Der Hauptvorteil für institutionelle Anleger, Stiftungsverantwortliche, Projektentwickler, Bestandshalter und Family Offices eröffnet sich natürlich durch den erheblich verringerten Verbrauch von Energieressourcen. Dadurch können die Nachfragen, welche langfristig dominieren, anhand von wertsteigernden Objekten bedient werden. Insbesondere, wenn davon ausgegangen wird, dass Energiekosten auch über 2022 weiter steigen werden, erhöht sich gleichzeitig die Attraktivität der energieeffizienten, smarten Gebäude.
Weiterhin müssen Unternehmen, die die Kriterien der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erfüllen, über ihr Nachhaltigkeitsrisiko umfassend Auskunft geben. Laut Richtlinienvorschlag der EU betrifft dies bis zu 15.000 Unternehmen in Deutschland und 50.000 in ganz Europa, die zukünftig anhand von einheitlichen Standards konkrete Angaben über den ökologischen Fußabdruck des eignen Geschäftsmodells angeben sollen. Bei Nichterfüllung dieser Pflicht drohen hohe Geldstrafen.
Neben diesen Konsequenzen beeinträchtigt fehlendes oder mangelhaftes Umweltbewusstsein natürlich auch das öffentliche Image von Unternehmen, Organisationen, Stiftungen und Family Offices. Wer ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit in die kommenden Jahre geht, wird wenig Chancen auf Popularität und eine glaubwürdige Marke haben. Spitz formuliert bieten smarte Immobilien langfristig also nicht nur ein intelligentes Investment. Wer schon heute aktiv wird, verschafft sich im zukünftigen Wettbewerb um die ressourcenschonenden Objekte einen entscheidenden, strategischen Vorteil.
Fazit und Ausblick zum Thema Smart Buildings: Hohe Kosten & Skalierung
Neben den grundsätzlichen Vorteilen der Smart Buildings ergeben sich aktuell zwei elementare Herausforderungen in puncto Smart Buildings. Einerseits die noch recht hohen Installations- und Ausstattungskosten vorzufinanzieren. Andererseits überhaupt die Spezialisten zu finden, die die anspruchsvolle Technik installieren können. Selbstverständlich ergeben sich bei der steil ansteigenden Nachfrage früher oder später Skalierungseffekte, die sich positiv auf Anschaffungs- und Installationskosten auswirken. Momentan haben wir es aber noch mit einem echten Nadelöhr zu tun, das dem breitflächigen Siegeszug von Smart Buildings in Deutschland im Wege steht. Nichtsdestotrotz gehört den schlauen Gebäuden und ihren Erbauern, Besitzern und Nutzern die Zukunft.