Im Interview spricht Stefanie Zimmermanns von der Hotel Affairs Consulting GmbH über das Wechselspiel Hotelgast und Nachhaltigkeit und wie das Beachtung in der Branche finden muss.
IMMOBILIEN AKTUELL (IA): Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass viele Gäste auf einen Fernseher verzichten würden – aber kaum auf die Klimaanlage. Was sagen diese Prioritäten über den Status quo der Hotellerie aus?
Stefanie Zimmermanns (SZ): Die Prioritäten der Gäste, der in der Umfrage zum Ausdruck kommen, spiegeln Trends und Veränderungen in den Gastbedürfnissen wider, auf die sich die Hotellerie einstellen kann. Teilweise bedeuten diese, wie beim TV auch Einsparmöglichkeiten – bei der Klimaanlage wiederum eindeutig nicht. Gäste legen insbesondere großen Wert auf den eigenen Komfort, das Wohlbefinden und ein gutes Raumklima. Dies im Zweifel auch im Gegensatz zu Nachhaltigkeitsaspekten. ESG ja gerne – aber möglichst nur so lange, wie es mich selbst nur bedingt betrifft. Ein weiterer Trend ist die Erlebnisorientierung; die Gäste suchen Erlebnisse und Aktivitäten außerhalb des Zimmers. Das Besondere ist gefragt. Aber sicherlich steht damit auch die sinkende Notwendigkeit des klassischen TVs vor dem Hintergrund der technologischen Veränderungen in Verbindung. Die Bedeutung der Streamingdienste und Mediatheken steigt immer mehr und dadurch die Nutzung der eigenen Devices, die jeder Gast bei sich hat. Auch aus der Perspektive der Hotels ist die Berücksichtigung der Gästebedürfnisse ein wichtiges Thema. Hotels sollten ihre Angebote noch stärker den Bedürfnissen und Wünschen Ihrer Gäste entsprechend anpassen. Diese wiederum können nach Reisezweck – also beispielsweise privat oder geschäftlich – sehr unterschiedlich ausfallen. Nicht zuletzt aus diesem Grund gibt es Hotelgesellschaften mit mehr als 40 Marken im Portfolio.
IA: Wie lassen sich ökologische Maßnahmen wie der bewusste Umgang mit Energieverbrauch wirtschaftlich sinnvoll in Hotelkonzepte integrieren – auch mit Blick auf Investoren?
SZ: Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten ökologische Maßnahmen wirtschaftlich sinnvoll in Hotelkonzepte zu integrieren. Beginnend bei der technischen Gebäudeausstattung über Mülltrennung bis hin zur Sensibilisierung der Gäste für dieses Thema. Im Rahmen einer Projektentwicklung oder auch Konversion kann die Grundlage die Zertifizierung durch DGNB, LEED oder BREEAM sein. Ohne diese wird eine Immobilie künftig nahezu unverkäuflich sein. Das spannende in der Hotellerie ist der Stakeholder Gast – der aktuell das Thema Nachhaltigkeit zwar kennt – aber nur bedingt fokussiert. Dies wird sich künftig unter anderem aufgrund der CSRD-Richtlinien verändern und Themen wie ein Co2-Fußabdruck für Gäste von größerer Relevanz werden.
IA: Welche Rolle spielen emotionale versus rationale Entscheidungskriterien bei der Hotelbuchung – insbesondere in Bezug auf Nachhaltigkeit?
SZ: Hier kann der Reisezweck von entscheidender Bedeutung sein. Vielleicht bucht eine Person, die Wert auf das Thema legt, privat ganz bewusst eine Unterkunft, in der das Thema Nachhaltigkeit berücksichtigt wird und vernachlässigt es, wenn es nur um eine Übernachtung im Rahmen einer Geschäftsreise geht, da hier dann wiederum andere Kriterien wie der Preis und oder die Entfernung zum Zielort relevanter sind. Gäste, denen das Thema Nachhaltigkeit generell wichtig ist, werden diesen Punkt sowohl bei der privaten wie auch bei der Geschäftsreise entsprechend berücksichtigen. Eher pragmatisch orientierte Geschäftsreisende, die noch keinen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen und keine Nachhaltigkeitsstrategie im Unternehmen verfolgen entscheiden nach Preis und Lage. Nachhaltigkeit ist hier eher „nice to have“.
IA: In welchen Bereichen haben Sie aktuell den größten Hebel, um Nachhaltigkeitsaspekte in Hotelentwicklungen oder Konversionen zu verankern?
SZ: Je früher wir in das Projekt mit einbezogen werden – umso früher können wir auf die Relevanz hinweisen. Wie bereits beschrieben, eine Immobilie ohne Zertifizierung ist künftig nahezu unverkäuflich – abgesehen davon, dass eine Finanzierung ohne Berücksichtigung der ESG-Kriterien teurer wird. Das sind aktuell die „schlagenden“ Argumente.
IA: Laut der Zahlen interessieren sich Kunden nicht wirklich für ESG. Soll und muss die Hotellerie darauf Wert legen, dass die eigenen Bemühungen auch bei den Kunden im Kopf ankommen?
SZ: Die gesamte Hospitality steht hier von mehreren Seiten sozusagen „im Feuer“. Das Thema sollte sowohl bei den Investoren, den Entwicklern und den Betreibern als auch auf der anderen Seite – in Zukunft verstärkt – bei den Gästen auf Resonanz stoßen. Begründet liegt dies – sehr rational formuliert – für die Investoren in der Finanzierbarkeit der Immobilie und bei den Gästen in den CSRD-Richtlinien, um nur zwei Beispiele zu nennen. Abgesehen davon ist mir keine Markenhotelgesellschaft bekannt, die nicht an dem Thema arbeitet. Meiner Einschätzung nach ist das Thema in den Köpfen der Bucher ein wenig in den Hintergrund gerückt, weil die Vielfalt der Krisen insgesamt derzeit noch im Vordergrund steht. Es ist und bleibt zu hoffen, dass sich das auch künftig wieder ändert – denn die Klimakatastrophe wird uns alle künftig sehr beeinflussen.