Ausblick 2023: Wohin geht die Reise auf dem immobilienmarkt?

Ausblick 2023: Wohin geht die Reise auf dem immobilienmarkt?

Ausblick 2023: Wohin geht die Reise auf dem immobilienmarkt?
Welche Themen werden den deutschen Immobilienmarkt 2023 bestimmen? Copyright: Tumisu auf Pixabay.

Ulrich Höller, Geschäftsführender Gesellschafter der ABG Real Estate Group, kommentiert aktuelle Themen und Fragestellungen der Immobilienbranche und gibt eine Prognose für die Entwicklungen im neuen Jahr, für das er noch nicht mit einer Trendumkehr rechnet.

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Auch wenn wir eine ganze Reihe an Signalen sehen, die eine abnehmende Entwicklungsdynamik bei Inflation, Zinsen, Energie- sowie Material- und Baukosten insgesamt ankündigen könnten, gehen wir davon aus, dass sich eine wirklich nachhaltige Trendumkehr ab 2024 abzeichnen wird, wenn auch die Konjunktur wieder Fahrt aufnehmen dürfte.

Wagt einen Blick in die Glaskugel: ABG Real Estate-Chef Ulrich Höller. Copyright: ABG Real Estate Group.

Ulrich Höller zum Thema Entwicklung der Mietpreise

Die Bestandsmieten werden aus zwei Hauptgründen steigen: Bei Gewerbeimmobilien sind die Mietpreise in aller Regel indexiert, was gerade im Angesicht hoher Inflationsraten zu entsprechenden Erhöhungen führt. Gleichzeitig wird die geringere Anzahl von Projektentwicklungen die Nachfrage nach Bestandsimmobilien und damit deren Mietpreise zusätzlich befördern. Vor allem die Mietpreise für Objekte in den begehrten Lagen wie auch für qualitativ und energetisch hochwertige Objekte werden deutlich zulegen, weil das Angebot die Nachfrage auf absehbare Zeit nicht decken kann.

Dazu trägt der weltweite „War for Talents“ bei, in dem die Arbeitsumgebung zu einem nicht unerheblichen Wettbewerbsfaktor wird. Wer gute Leistungen erbringen soll, der will in einer attraktiven Umgebung arbeiten, zu der neben einer komfortablen Infrastruktur auch Kommunikationsoptionen einschließlich individueller Begegnungsmöglichkeiten zählen. Unternehmen beziehungsweise Arbeitsgeber investieren viel, um die Mitarbeiter für die Anwesenheit im Büro zu motivieren, damit die unternehmensinterne Kommunikation sowie Kreativität gefördert wird. Schließlich reduziert der Homeofficetrend als hybride Arbeitsform, die Präsenz und Absenz im klassischen Büro intelligent vereint, zwar den Bedarf an Flächen insgesamt, forciert aber umso mehr die Anforderung an Top-Büroflächen mit den aufgeführten Charakteristika.

Ulrich Höller zum Thema Kaufpreisentwicklung von Büro- und Geschäftsimmobilien

Bei Gewerbeimmobilien hat bereits eine Bereinigung mit erheblichen Abschlägen gegenüber dem Peak in der zweiten Jahreshälfte 2021 stattgefunden, je nach Qualität des Objektes und des Standorts von bis zu 20 Prozent. Absolute Topobjekte können sich gegen diesen Trend am besten behaupten. Auch der Vertrieb von Wohnimmobilien ist im Moment deutlich verlangsamt und erschwert, potentielle Kaufinteressenten sind aufgrund der Markt- und Finanzierungsentwicklung verunsichert und weitestgehend inaktiv.

Ulrich Höller zum künftigen Verhalten der Immobilieninvestoren

Fakt ist, dass der Großteil der institutionellen Investoren aktuell mit Immobilieninvestitionen abwartet. Die Entwicklung des Zinsniveaus deutet allerdings auf Beruhigung hin, so dass wir im zweiten Quartal 2023 wieder mit einer Marktbelebung und verstärkten Engagements rechnen. Dann gerät Deutschland als Investitionsstandort wieder in den Fokus der Investoren, weniger als ‚Safe Haven‘, sondern weil das gesunkene Einstiegsniveau und der starke Dollar attraktive Renditechancen bieten. Zusätzlich werden sich opportunistische Investoren, insbesondere auch aus dem angelsächsischen Raum, angesichts der zu erwartenden Marktbereinigung neu aufstellen und dabei auch den deutschen Markt in den Fokus ihrer Überlegungen stellen. Diese Entwicklung ist bereits jetzt zu beobachten.

Ulrich Höller zum Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel hat sich auch im Baugewerbe zum großen Geschäftsrisiko entwickelt. Zum Jahresbeginn 2022 bezeichneten in einer Umfrage des DIHK 78 Prozent der Bauunternehmen den Fachkräftemangel als Hauptrisiko für die eigene wirtschaftliche Entwicklung. 2010 waren es dagegen nur 21 Prozent. Die Arbeitskosten haben in der personalintensiven Baubranche traditionell große Bedeutung. Für Abhilfe kann nur eine Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sorgen: Deutschland braucht dringend ein professionelles und zielgerichtetes Einwanderungsgesetz, das der Wirtschaft signifikant mehr an qualifizierten und motivierten Arbeitskräften, die auch lernen und sich bewähren wollen, zur Verfügung stellt.

Ulrich Höller zum Thema ESG

Das Gesprächsthema Nr. 1 aus dem Jahr 2021 war die Umsetzung von ESG-Anforderungen. Auch wenn es in diesem Jahr 2022 in den Hintergrund treten musste, wird seine Bedeutung die Zukunft unverändert beherrschen. Der Themenkomplex Klimaschutz mit Dekarbonisierung und der nötigen Reduzierung des CO2-Fußabdrucks stellt uns auf dem gesamten Globus vor dramatisch wachsende Herausforderungen. Das gilt besonders für den Immobiliensektor, dem weltweit fast 40 Prozent der CO2-Emissionen zugerechnet werden.

Diese Herausforderungen werden wir nur dann bewältigen können, wenn wir an allen verfügbaren Stellschrauben auch wirklich drehen und das Thema ernsthaft und mit Überzeugung angehen. Das gilt auch für Investoren, zumal ESG-Tauglichkeit aktuell noch mit geringeren Renditen einhergeht – und es muss sich unter den wegen der aktuellen Lage verschärften Rahmenbedingungen erst zeigen, wer bereit ist, das noch mitzugehen. Darüber hinaus werden das S und G, die sozialen und Governance-Komponenten stärker in den Vordergrund treten. Hier sehe ich für die Immobilienbranche viel Aufholbedarf und große Chancen, sich zu positionieren.

Ulrich Höller zur Entwicklung der Immobilienquoten in den Portfolien

Die Immobilienquoten der meisten Investoren sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich stark gestiegen. Natürlicherweise ist jetzt eine Verlangsamung eingetreten. Manche Investoren haben darauf zunächst mit einem Stopp bei weiteren Netto-Zukäufen reagieren, auch weil die Bondseite für Investoren wieder attraktiver geworden ist. Trotzdem sehen wir keine nachhaltige Abwanderung von Kapitalanlagen aus der Assetklasse Immobilie, die im letzten Jahrzehnt dramatisch an Bedeutung gewonnen, sich deutlich professionalisiert hat und damit auch langfristiger Bestandteil der Portfolien bleiben wird

Ulrich Höller zu den Perspektiven der Projektentwicklungen

Die Rahmenbedingungen für neue Projektentwicklungen verschlechtern sich, zumindest vorübergehend. Sowohl Eigenkapital als auch Kreditfinanzierungen werden schwieriger zu strukturieren sein und sind bereits signifikant teurer. Dabei wird der Markt die Spreu vom Weizen trennen: Renommierte, langjährig erfahrene und erfolgreiche Player werden sich gut behaupten und die benötigten Finanzierungsmittel verlässlich erhalten, während besonders opportune Teilnehmer einem gesunden Konsolidierungsprozess zum Opfer fallen.

Aber auch laufende Projektentwicklungen können sich den veränderten Rahmenbedingungen nicht entziehen: Viele laufende Projekte müssen neu bewertet werden, was zu Kurskorrekturen führen kann. Das Mezzanine-Kapital wird kritischer in den Blick genommen, einige Projektentwicklungen werden sicherlich in der Kapital- und Projektstruktur neu aufgesetzt werden müssen. Das eine oder andere Projekt kann nicht mehr profitabel sein und muss mit Verlusten beendet werden. Dagegen werden Objekte mit guter Lage, mit Spitzenausstattung und hoher Gestaltungsflexibilität fortgeführt werden; Sie könnten sogar von einer sinkenden Angebotssituation profitieren.

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