Die Talsohle am Immobilientransaktionsmarkt ist durchschritten. Nach drei schwierigen Jahren für die Immobilienwirtschaft werden sich die Voraussetzungen 2025 verbessern. Zumindest sind sich darüber einige Branchenkenner einig.
Grund dafür sind vor allem die deutlich gesunkene Inflationsrate und niedrigere Zinsen infolge der diesjährigen Leitzinssenkungen durch die EZB. Eine weitere Boomphase am Immobilienmarkt sei allerdings erst einmal nicht zu erwarten. Besonders gefragte Assetklassen bei den Investoren sind Wohnen und Logistik. Der Bürosektor hingegen müsse sehr differenziert betrachtet werden. Erste Tendenzen für einen Anstieg des Transaktionsgeschehens sind schon jetzt erkennbar, eine deutliche Zunahme aufgrund der abwartenden Haltung vieler Branchenteilnehmer lässt aber noch auf sich warten.
Carsten Demmler, Geschäftsführer der HIH Invest Real Estate, sagt dazu: „Der Transaktionsmarkt wird 2025 wieder weiter anspringen, denn es gibt selektiv günstige Ankaufsopportunitäten. Dennoch dürfte das Jahr hinsichtlich der Investmentstrategien nach wie vor von Portfoliobereinigungen geprägt sein. Die Immobilienquoten in den Portfolios bleiben stabil, Investoren werden aber innerhalb der Immobilienallokation eine stärkere sektorale Diversifikation vornehmen.“
Camille Dufieux, Geschäftsführerin der INTREAL, kommentiert: „Es ist etwas mehr Bewegung im Markt als noch vor sechs Monaten. Wir verzeichnen mehr Anfragen für neue Produkte. Unsere Fondspartner beschäftigen sich intensiver mit Transaktionen als es noch Mitte des Jahres der Fall war. Das sehe ich als Anzeichen dafür, dass sich der Transaktionsmarkt langsam erholt.“
Auch wenn sich durch gesunkene Preise aktuell wieder einige Opportunitäten ergeben, erwartet niemand eine nächste Boomphase. Gerhard Lehner, Head of Germany bei Savills Investment Management, kommentiert: „Dafür sind institutionelle Investoren derzeit noch zu zurückhaltend. Bei deutschen institutionellen Investoren lag der Fokus in den letzten beiden Jahren primär auf dem Management der Bestandsportfolios. Family Offices hingegen sind aktuell auf der Investmentseite sehr aktiv. Sie nutzen die Marktkorrektur für sich, erkennen Chancen und investieren hauptsächlich antizyklisch in kleinere Objekte. Wir beobachten auch größere Investments dieser Investorengruppe im dreistelligen Millionenbereich.“ Jan Philipp Daun, Geschäftsführer bei GARBE Industrial Real Estate, ergänzt: „Institutionelle Investoren, die Core-Strategien verfolgen, haben in den vergangenen zwei Jahren praktisch gar nicht investiert. Dies ändert sich langsam. Wir haben in den letzten Wochen einige interessante Gespräche mit deutschen Investoren geführt und sind optimistisch, dass der Tiefpunkt am Investmentmarkt überwunden ist.“ Michael R. Baumann, Head of Capital Markets beim Immobilienberater Colliers in Deutschland, fügt hinzu: „Es mehren sich die Zeichen, dass auch der ein oder andere opportunistische Akteur wiederkehrt, der in den letzten zehn bis 15 Jahren nicht am Markt zu sehen war.“
Wohnen und Logistik sind „Everybody’s Darling“, Büroimmobilien stehen vor Herausforderungen
Die Stimmung am Transaktionsmarkt hellt sich im Vergleich zu den drei Vorjahren insgesamt auf, jedoch gelten die leicht positiven Prognosen nicht für alle Assetklassen. Steigende Investorennachfrage erwarten die Experten in den Assetklassen Wohnen und Logistik. Büroimmobilien hingegen müssen differenziert betrachtet werden. Michael R. Baumann führt aus: „Wohnen wird durch Faktoren wie die demografische Entwicklung, eine weiterhin hohe Zuwanderungsquote und eine geringe Neubauqualität für Investoren langfristig attraktiv bleiben. Gleiches gilt für Logistik. Büroimmobilien in Top-Lagen und mit guten Mieterstrukturen sind entgegen vieler Annahmen auch weiterhin interessant. Andererseits gibt es nicht ESG-konforme Objekte in Lagen, in denen es noch keine Preisbildung gibt. Diese Objekte werden es auch im kommenden Jahr schwer haben.“ Carsten Demmler ergänzt: „Wir sehen einen ganz klaren ‚Flight to Quality‘. Die Assetklasse Büro ist noch lange nicht tot, sondern bietet unter den richtigen Bedingungen gerade antizyklisch handelnden Investoren sehr attraktive Einstiegschancen.“
Die besten Investitionschancen innerhalb Deutschlands werden bei Büroimmobilien in den Top-7-Standorten gesehen. Hier müsse allerdings sowohl die Makro- als auch die Mikrolage passen. Die Assetklasse Wohnen hingegen funktioniere in den Metropolregionen auch etwas weiter außerhalb der größeren Städte. Außerhalb Deutschlands sieht Jan Philipp Daun die größten Chancen in Wachstumsregionen: „Die Kapitalmärkte unterscheiden sich kaum voneinander. Herausfordernder ist oft der Mietermarkt. Daher konzentrieren wir uns im Bereich Logistik vor allem auf Länder und Regionen mit hohem Wirtschaftswachstum, allen voran Norditalien und Tschechien. Deutschland ist nach wie vor attraktiv, aber hier ist der Weg zum unterschriebenen Mietvertrag deutlich länger.“ Gerhard Lehner ergänzt: „Letztlich sind die Fundamentaldaten sowie die über Länder hinweg unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Marktkorrekturen entscheidend. Außerhalb Deutschlands haben wir im Bereich Wohnen zuletzt beispielsweise attraktive Investitionschancen in Skandinavien, Spanien und den Niederlanden für unsere Investoren identifiziert.“
Individualmandate und Club Deals liegen vorne
Im kommenden Jahr werden deutlich mehr Fonds aufgelegt. Laut Jan Philipp Daun kommen diese vor allem von großen Plattformen: „Kleinere Fondsboutiquen, die weniger spezialisiert sind und kaum Track Record haben, werden es schwer haben.“ Gerhard Lehner hebt in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung von Bestandsfonds hervor: „Investoren profitieren bei Investitionen in etablierte Fonds davon, in ein bereits breit diversifiziertes und renditegenerierendes Bestandsportfolio zu investieren. Dieser Vorgang kann bei einem neu aufgelegten Fonds ab Zeichnung durchaus ein paar Jahre dauern. Außerdem verfügt der Fondsmanager bei einem Bestandsfonds bereits über einen umfangreichen Track Record.“
Laut Camille Dufieux werden vor allem Individualmandate und Club Deals dominieren: „Im laufenden Jahr haben Poolfonds und Blindpools nicht funktioniert. Die Investoren sind gerade damit beschäftigt, die eigenen Portfolios aufzuräumen, und das ist natürlich deutlich schwieriger, wenn sie von Co-Investoren abhängig sind. 2024 haben wir deutlich mehr Individualmandate und Club Deals gesehen – zumindest bei jenen Anlegern, die groß genug sind, um einen eigenen Spezialfonds aufzulegen. Dieser Trend wird sich auch im kommenden Jahr fortsetzen. Ein Produkt, von dem sich einige Marktteilnehmer viel versprochen haben, ist der ELTIF 2.0. Im Immobilienbereich spielt er aktuell jedoch kaum eine Rolle.“
Ausblick 2025: Licht am Ende des Tunnels
Nachdem der Immobilientransaktionsmarkt in den vergangenen Monaten wieder an Fahrt aufgenommen hat, erwartet die Branche für 2025 eine weitere Belebung. Einigkeit herrscht darüber, dass die Branche vorerst nicht zu den Zahlen der Niedrigzinsphase zurückkehren wird und ein erneuter Immobilienboom nicht zu erwarten ist. Carsten Demmler bewertet das kommende Jahr etwas zurückhaltender: „Für uns wird 2025 ein weiteres Übergangsjahr. Wir müssen uns komplett von den Erwartungen der Jahre 2018 bis 2021 lösen. Diese Zahlen werden wir auf lange Zeit nicht mehr sehen. Die Branche muss sich rekalibrieren und zu einem neuen Normal finden, das sich eher auf dem Niveau zwischen den Jahren 2012 und 2016 bewegen wird.“
Eine große Rolle spielt laut Gerhard Lehner in den kommenden Jahren das Asset Management: „Investoren erwarten zu Recht, dass wir die in Aussicht gestellten Renditen bei Immobilieninvestments nun auch realisieren. Umso wichtiger ist in dem Zusammenhang auch, die Nachhaltigkeit und ESG-Konformität von Bestandsimmobilien zu wahren und gezielt zu verbessern.“ Camille Dufieux kann den Entwicklungen der vergangenen Jahre auch etwas Positives abgewinnen: „Es hat eine Marktbereinigung stattgefunden. Die Spreu hat sich vom Weizen getrennt – wir werden sicherlich in den kommenden Jahren weniger Transaktionen sehen als vor 2021, dafür aber mehr Qualität. Wir befinden uns zwar aktuell noch im Tunnel, aber wir können immerhin ein Licht sehen.“