Die US-Präsidentschaftswahlen 2024 brachten nebst politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen auch Veränderungen mit Blick auf das globale Zinsumfeld und den Immobilienmarkt. Während die amerikanische Zentralbank (FED) die Zinswende eingeläutet hat und die Leitzinsen in zwei Schritten um 0,5 beziehungsweise 0,2 5 Prozent auf aktuell 4,75 bis 4,50 Prozent gesenkt hat, stiegen am langen Ende der Kurve die Renditen unaufhaltsam an. Lukas Müller, Direktor Immobilienfinanzierung Loanboox, analysiert für IMMOBILIEN AKTUELL die Lage.
Die Leitzinsen regeln das Zinsniveau für die kurzfristigen Laufzeiten. Für die längerfristigen Zinssätze sind die US-Anleiherenditen maßgebend. Diese Renditen sind im gleichen Zeitraum um knapp ein Prozent gestiegen (zehnjährige Anleihen USA), da besonders das anhaltende Haushaltsdefizit der USA Sorge bereitet. Erwartet wird, dass die USA auch dieses Jahr rund 1,8 bis 2,0 Billionen US-Dollar mehr ausgeben, als sie einnehmen. Bei einer Verschuldungen von knapp 36 Billionen US-Dollar droht der Zinsdienst zum größten Budgetposten zu werden, noch vor den Militärausgaben. Auf der anderen Seite wird es immer schwieriger Käufer für die US-Anleihen zu finden. Dies führt zu sinkenden Verkaufspreisen bei Auktionen – und im Umkehrschluss zu höheren Renditen.
Der Gesamtmarkt ging grundsätzlich davon aus, dass sowohl eine Präsidentschaft unter Donald Trump als auch unter Kamala Harris das Defizit weiter verschärfen würde. Abzuwarten bleibt, wie und ob es dem neu formierten Kabinett um Elon Musk & Co. gelingen wird, entsprechende Sparmaßnahmen im Bereich US-Staatsfinanzen umzusetzen.
Der Blick auf das europäische Zinsumfeld
Die Swapsätze sind auch in Europa – trotz Zinssenkungen – nicht mehr weiter gesunken und verharren nun in einem Korridor von rund 2,3 bis 2,5 Prozent. Der Einlagesatz (Leitzins) der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt mit 3.25 Prozent zwar höher – doch hat sich diese Differenz verkleinert in den vergangenen Wochen. Zum Verständnis: Die Zentralbanken können das Zinsniveau via Leitzinsen (kurzfristiger Zinssatz) beeinflussen. Die längerfristigen Zinssätze (Swapsätze) sind hingegen ein Resultat von Angebot und Nachfrage.
Augenfällig ist dabei, dass die Swapsätze nun nicht mehr weiter fallen. Dies hat damit zu tun, dass die Mehrheit der Marktteilnehmer weiteren Zinssenkungen immer skeptischer gegenübersteht.
Von hohem Interesse sind deshalb die Inflationszahlen in Europa in den kommenden Monaten. Zuletzt mehrten sich die Anzeichen, dass die Inflation im Euroraum wieder etwas anziehen könnte. Ein weiteres Hemmnis ist die Differenz des Zinsniveau zwischen den USA und Europa. Denn: Niedrigere Zinsen in Europa im Vergleich zu den USA wirken sich schwächend auf die Währung aus. So sank der Euro im Vergleich zum US-Dollar zuletzt deutlich und es deutet sich eine Parität zwischen den beiden Währung an. Das wiederum würde sich – mit Blick auf Importe beispielsweise – inflationstreibend auswirken.
Da die Zinsen für längere Laufzeiten in Europa nach wie vor tiefer liegen als für kürzere – geht der Markt – trotz der beschriebenen Skepsis – grundsätzlich von weiteren Zinssenkungen aus. Diese sind bereits voll in den Swapsätzen eingepreist. Entsprechend attraktiv sind im Moment längere Laufzeiten.
Viel wird davon abhängen, wie die FED ihre Zinspolitik gestaltet und wie sich die geopolitische Lage weiterentwickelt. Die EZB verfügt – solange sich die Inflation nicht doch noch deutlich erhöht – über relativ wenig Spielraum, die Wirtschaft mit weiteren Zinssenkungen zu befeuern.
Trendwende am Immobilienmarkt: Banken zeigen wieder Finanzierungsbereitschaft
Den bekannten aktuellen Herausforderungen zum Trotz zeigt der Immobilienmarkt Anzeichen einer Erholung. Zwar agieren Kapitalgeber bei der Kreditvergabe nach wie vor selektiv – doch hat sich die Finanzierungsbereitschaft auch in diesem Halbjahr weiter erholt beziehungsweise stabilisiert. Wir könnten also die Talsohle durchschritten haben.
Auffällig: Die gesunkenen Zinssätze haben sich bisher kaum auf die Bewertungen niedergeschlagen. Die Bewertungsmodelle erfassen unter anderem mit Diskontierungssatz und Kapitalisierungssatz die Entwicklung des Marktes – wobei sinkende Zinssätze sich positiv auf die Bewertung auswirken sollten. Am Markt sind mehrheitlich neutrale bis leicht negative Bewertungsentwicklungen zu beobachten.
Das könnte sich aber ändern: Dann nämlich, wenn die Mieten weiter steigen und das Zinsumfeld weiter tief bleibt. Eine Strategie für Immobilieninvestoren kann es demnach sein, die Finanzierungskonditionen und Zinssätze auf lange Zeit zu fixieren und – im Falle einer steigenden Inflation – von höheren Mieten zu profitieren. Denn wie beschrieben, haben die Swapsätze aktuell bereits zwei weitere Zinssenkungen eingepreist.
Inflationsentwicklung bleibt ein wichtiger Faktor
Die US-Wahlen 2024 haben das Zinsumfeld sowohl in den USA als auch in Europa beeinflusst. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die neue US-Regierung ihre Politik effektiv gestalten wird. Während in den USA die Renditen weiter steigen – und das trotz sinkenden Leitzinsen – zeigt sich in Europa ein anderes Bild. Hier sind die Zinssätze zwar stabil geblieben – allerdings besteht aktuell wenig Spielraum für weitere Zinssenkungen. Die Inflationsentwicklung bleibt ein wichtiger Faktor für die zukünftige Geldpolitik und damit auch den Immobilienmarkt.
Ein Anziehen der Transaktionen am Immobilienmarkt sowie eine höhere Bereitschaft der Kapitalgeber, Kredite zu vergeben lassen eine vorsichtig optimistische Betrachtung der näheren Zukunft zu. Gerade im Bereich Immobilienkredite bleibt allerdings auch auf absehbare Zeit eine breite und tiefe Ansprache des Kapitalgebermarkts entscheidend, um zum Ziel einer attraktiven Finanzierung zu gelangen.