DARUM wird das Bauen in Berlin immer teurer

DARUM wird das Bauen in Berlin immer teurer

DARUM wird das Bauen in Berlin immer teurer
In Berlin wird das Bauen immer teurer. Copyright: Michael Gaida auf Pixabay

In einer Diskussionsrunde mit der Initiative „Neue Wege für Berlin“ spricht Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg sowie stellvertretende Vorsitzende der Berliner CDU, über aktuelle Herausforderungen für die mittelständische Bauwirtschaft, den Trend und die Treiber bei Baupreisen, den Mangel an Arbeitskräften und was die Politik tun kann.

Agentur

Von einem Superzyklus bei Rohstoffen ist die Rede, die Baupreise klettern seit Beginn des Jahres nicht allmählich, sondern erheblich. Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg (FG Bau), umreißt in einer Gesprächsrunde der Initiative „Neue Wege für Berlin“ die aktuelle Situation mit Zahlen: Der Preis für Holz hat sich von 2019 an der Börse bis Juni 2021 verdreifacht. Fichten- und Tannenschnittholz ist allein in einem Monat um zehn Prozent teurer geworden, Mineralölerzeugnisse insgesamt um 15 Prozent, Dämmstoffe sogar um 40 Prozent. Dabei unterliegen die Preise starken Schwankungen, am Tag können sie zehn bis 20 Prozent nach oben klettern oder fallen. Was bedeutet das am Ende für die Unternehmen und den dringend benötigten bezahlbaren Wohnungsbau in der Hauptstadt? Welche Trends zeichnen sich ab?

Steigende Materialkosten treffen vor allem sehr kleine Unternehmen

Die FG Bau vertritt die Interessen von rund 900 kleinen bis mittlere Bauunternehmen in Berlin und Brandenburg. Problematisch ist die Situation insbesondere für sehr kleine Unternehmen. „Sie können nicht auf andere Lieferanten ausweichen, um an günstigeres Material heranzukommen“, erklärt Manja Schreiner. Außerdem nehmen sie vergleichsweise geringe Mengen ab und haben bei Verhandlungen daher keine Nachfragemacht. Auch die Lieferzeiten sind extrem viel länger.

Da keine Lager mehr vorgehalten und die Baustoffe direkt zur Baustelle geliefert werden, sind kurze Lieferzeiten notwendig. „Im Moment ist es so, dass man für einzelne Stoffe acht Wochen wartet, wenn man überhaupt eine Zusage bekommt, dass geliefert wird.“ In der Folge gerät der Bauablauf ins Stocken, Arbeitnehmer können nicht die vollen acht Stunden beschäftigt werden. „Wir haben in Brandenburg schon einzelne Unternehmen, die Kurzarbeit anmelden mussten.“

Nicht nur die Materialkosten machen das Bauen in Berlin immer teurer

Manja Schreiner über das Bauen in Berlin. Copyright: Peter Himsel
Manja Schreiner über das Bauen in Berlin. Copyright: Peter Himsel

Insgesamt geht Manja Schreiner aufgrund von Informationen aus dem Baustoffhandel davon aus, dass sich die Preise in den kommenden vier Monaten wieder einpegeln werden, allerdings auf höherem Niveau. Doch es sind nicht allein die Materialkosten, die das Bauen in Berlin verteuern – und der Forderung nach preisgünstigem Wohnungsbau zuwiderlaufen. Auch diverse Vorgaben durch die Politik lassen die Baukosten steigen.

Nicht nur die Energieeinsparverordnung verteuert das Bauen, auch gestiegene  Anforderungen an die Trennung des Bauabfalls wirken sich entsprechend aus, höhere Deponiegebühren und ein Mangel an Deponien, insbesondere in Brandenburg. „Der Abfall muss also sehr, sehr lange Strecken durchaus bis Sachsen gefahren werden und damit haben wir den zusätzlichen Kostentreiber Transport.“

Hinzu kommen erhebliche Gebühren für die Nutzung von Straßenland, an denen das Land Berlin verdient. Die letzte Brandschutznovelle habe zu einer Kostensteigerung von vier Prozent geführt. Verschärfte Anforderungen an den Schallschutz treiben die Kosten bis zu sechs Prozent nach oben.

Barrierefreier Bau und Dachberünung treiben ebenfalls die Kosten

Zusätzliche Kosten würde auch die avisierte Novellierung der Berliner Bauordnung durch den Rot-Rot-Grünen-Senat mit sich bringen, die noch vor Ende der Legislaturperiode beschlossen werden soll. Barrierefreiheit ist ein Kostentreiber, unter anderem weil mehr Fläche dafür benötigt wird. Mit der Landesbauordnungsnovelle ist vorgesehen, dass im Neubau statt bislang 50 Prozent künftig 66 Prozent der Wohnungen barrierefrei gebaut werden müssen. Wenn man sich die Demographie anschaue, werde es irgendwann ein großes Überangebot an barrierefreien Wohnungen geben. Auch die Dachbegrünung soll Pflicht werden. „Da haben wir ausgerechnet, dass sich das mit sieben Prozent auf die Baukosten auswirkt.“

Mangel an Arbeitskräften verschlechtert die Lage

Ein Faktor für die Entwicklung der Baupreise sind auch die verfügbaren Arbeitskräfte und Löhne. Derzeit bildet das Berufsförderungswerk der FG Bau rund 700 Lehrlinge in verschiedenen Gewerken auf dem Lehrbauhof aus. Die Zahl liegt höher als noch vor Jahren. Doch das Problem offenbart sich beim Blick auf den Altersdurchschnitt der Beschäftigten: Viele Mitarbeiter seien zwischen 50 und 60 Jahre alt, auch viele zwischen 40 und 50. Die Facharbeiterlücke liege aktuell bei 4.000 Mitarbeitern, mit 700 kommen nicht ausreichend Fachkräfte nach.

Die FG Bau steuert gegen. Um mehr junge Leute für den Bauberuf zu interessieren, hat sie mit der Sozialkasse-Bau (SOKA-Bau) eine Imagekampagne gestartet: „Anpacken, machen“. Der Lehrhof wird um vier neue Hallen erweitert. Attraktiver wird ein Job auch durch mehr Geld. Um rund sieben Prozent sind die Tariflöhne von 2019 bis 2021 gestiegen, das schlägt sich ebenfalls in den Baupreisen nieder.

Bauen wird zwangsläufig immer teurer

Also wird das Bauen zwangsläufig teurer? Ja, sagt Manja Schreiner, die von der CDU als Wirtschaftssenatorin gewünscht ist, würde die Partei nach der Berliner Wahl in Regierungsverantwortung kommen. Eine moderate Steigerung sei normal, problematisch werde es erst bei einem Übergewicht gesetzlicher Vorgaben. Viele der bereits beschlossenen Vorschriften ließen sich nur schwer rückgängig machen.

Jedes Gesetz, jede Gesetzesänderung müsse deshalb vorab einem Baukostencheck unterzogen werden. „Woran man arbeiten kann, ist, dass nichts mehr oben drauf kommt.“ Ihr Plädoyer lautet: Ein zukünftiger Senat sollte sich nicht darüber definieren, wie viele neue Gesetze er auf den Weg bringt, sondern wie viele Gesetze oder überflüssige Verordnungen abgeschafft werden. „Damit würden wir die Perspektive ändern.“

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