BBU-Jahrespressekonferenz warnt vor wirtschaftlicher Auszehrung der Wohnungsunternehmen

BBU-Jahrespressekonferenz warnt vor wirtschaftlicher Auszehrung der Wohnungsunternehmen

BBU-Jahrespressekonferenz warnt vor wirtschaftlicher Auszehrung der Wohnungsunternehmen
Maren Kern präsentierte die aktuellen BBU-Verbandszahlen, die Potsdam die höchste Neubautätigkeit in Brandenburg attestierten. Copyright: BBU

Maren Kern vom BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen präsentierte auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes aktuelle Zahlen und richtete einen Appell an die Mieter, sich auf steigende Heizkosten einzustellen.

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Die Zeiten werden schwieriger. Auch für die Wohnungswirtschaft. Daran ließ Maren Kern auf der BBU-Jahrespressekonferenz Brandenburg keinen Zweifel. Unter der  Überschrift „Wohnen in der Zeitenwende“ stellte die Vorständin des BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen aktuelle Zahlen der Brandenburger Mitglieder vor. „Die Wohnungswirtschaft ist ein starker Partner“, sagte sie. Hier darf man sich das Wort „noch“ dazu denken.

Rahmenbedingungen für brandenburgische Wohnungswirtschaft ändern sich dramatisch

Denn die Rahmenbedingungen haben sich in den vergangenen Monaten dramatisch verändert. Bereits vor Beginn des Ukraine-Kriegs sind die Baupreise für Instandhaltung in Brandenburg insgesamt um rund 11,5 Prozent gestiegen. Neue Daten aus dem Mai weisen in einzelnen Kostengruppen im Bau weit höhere Preissteigerungen zum Vorjahr auf. So hat sich Holz um rund 41 Prozent verteuert, Glas um circa 51 und Stahl sogar um rund 72 Prozent.

Die Situation verschärft sich für die Unternehmen auch durch die Explosion der Zinsen für Baudarlehen von rund einem Prozent im Januar auf 3,39 Prozent im Juni 2022. Dagegen steht die unterdurchschnittliche Entwicklung der Mieten der Brandenburger BBU-Unternehmen. Der Anstieg der Nettokaltmiete liegt lediglich bei 1,7 Prozent. Im Vergleich dazu sind die Verbrauchspreise um 3,6 und die Bruttoeinkommen sogar um 4,5 Prozent gestiegen. Im Durchschnitt beträgt die Kaltmiete der BBU-Unternehmen im Land Brandenburg damit rund 5,37 Euro pro Quadratmeter. „Das beweist unsere soziale Verantwortung“, betonte Maren Kern. „Auf Dauer führt das aber zu einer wirtschaftlichen Auszehrung der Unternehmen.“

Große Sorgen bereitet der Notfallplan Gas

Grund zu großer Sorge bereitet der Notfallplan Gas. Die Bundesregierung hat am 23. Juni 2022 die zweite Alarmstufe ausgelöst. Staatliche Eingriffe sind damit noch nicht verbunden, aber Energieversorger könnten gegebenenfalls höhere Preise direkt an die Verbraucher weiterreichen. Rund 74 Prozent des BBU-Bestandes wird über Fernwärme beheizt, die zu einem erheblichen Teil mit Gas erzeugt wird. 18,7 Prozent der Wohnungen werden direkt mit Gas beheizt. Nahwärme, Kohle, Öl und sonstige Energieträger spielen kaum eine Rolle.

Nach Aussagen von Maren Kern ist der Bestand der Mitgliedsunternehmen seit 1991 für rund 8,4 Milliarden Euro nahezu durchsaniert worden. Die Gebäude sind inzwischen gedämmt, die Fenster ausgetauscht und die Heizanlagen erneuert. Seit 1990 sei die CO2-Emission im Bestand damit um 77 Prozent gesenkt worden. Das heißt: Die Emission pro Wohnung wurde von rund 5,5 Tonnen auf 1,29 Tonnen im Jahr 2018 gesenkt. Sie liege damit im Bereich eines Ferienfluges auf die Kanaren, so Maren Kern. Schnell zu hebendes Einsparpotenzial gibt es damit kaum noch. Die energetische Sanierung werde dennoch fortgeführt. Die Unternehmen arbeiten an der Optimierung der Heizanlagen durch hydraulischen Druckabgleich, durch Monitoring und die Erneuerung von Pumpen und Ventilen.

Mieter sind zum sparsamen Energieverbauch aufgerufen

Die Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser konnten durch die Einsparungen trotz steigender Kosten über Jahre hinweg stabil gehalten werden. Sie lagen bis 2021 bei rund 1,13 Euro pro Quadratmeter. Wie die Heizenergie jetzt auf die Kosten durchschlagen wird, ist derzeit kaum kalkulierbar. Bereits im Frühjahr haben viele Energieversorger die Erhöhung der Preise angekündigt. Der BBU hat daher eine Beispielrechnung anstellen lassen. Demnach werden Mieter einer durchschnittlichen 60 Quadratmeter Wohnung für dieses Jahr rund 410 Euro mehr ausgeben müssen. Für 2023 prognostizierte die BBU-Vorständin noch höhere Kosten. Sie appellierte deshalb auch an die Mieter, sparsam mit Energie umzugehen.

Sie halte 20 bis 22 Grad Temperatur in der Wohnung für ausreichend. Die Mieter sollten aber, statt stundenlang die Wohnungen mit gekippten Fenstern zu lüften, rigoros täglich nur für ein paar Minuten eine Stoßlüftung durchführen. „Berechnungen haben ergeben, dass dadurch 400 bis 600 Prozent der Heizenergie gespart werden können.“  Maren Kern empfahl den Mietern eine Energierücklage zu bilden, sich also auf eine höhere Heizkostenabrechnung vorzubereiten. Sie forderte auch schnelle und unbürokratische Hilfe vom Staat bei Härtefällen.

Neubauziele geraten in Gefahr

Problematisch ist, wie unter diesen Umständen die ambitionierten Neubauziele erreicht werden sollen. Rund um Berlin ist der Wohnraum knapp. Besonders viel gebaut wird in Potsdam, aber auch in Bernau oder Oranienburg im Norden Berlins und im Südosten der Hauptstadt. Der Planungsstand vor dem Ukraine-Krieg lag bei einem Investitionsvolumen im Land Brandenburg von insgesamt 856 Millionen Euro, davon nahezu je ein Drittel für Instandhaltung, Modernisierung und Neubau.

Das ist ein Plus von 3,99 Prozent und der höchste Stand seit 2000. Es wurden 863 Wohnungen fertiggestellt und damit 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Bis 2026 haben BBU-Mitgliedsunternehmen im Land Brandenburg den Bau von insgesamt 6.386 Wohnungen auf der Agenda – 5.276 davon in Potsdam und im Berliner Umland.  Rund 60 Prozent davon sind von Berliner BBU-Mitgliedsunternehmen geplant. Doch die höheren Preise und Zinsen bringen Projekte in Gefahr. Maren Kern sagte: „Inwieweit sich diese Planungen vor dem Hintergrund der sich rapide verschlechternden Rahmenbedingungen realisieren lassen, muss abgewartet werden.“

Leerstandsquote in Brandenburg mit starken regionalen Unterschieden

Die Zahlen belegen, dass durch den Neubau in den letzten Jahren die Leerstandsquote bei den BBU-Unternehmen im Umland Berlins und Potsdams 2021 nicht weiter gesunken, sondern um 0,1 Prozent auf zwei Prozent gestiegen ist. Die Fluktuationsreserve von drei Prozent bei einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt ist damit aber noch lange nicht erreicht. Und in einzelnen Gemeinden wie Woltersdorf oder Brieselang liegt der Leerstand quasi bei null. Die meisten freien Wohnungen weist die BBU-Statistik für Strausberg mit 4,5 Prozent aus.

Ein ganz anderes Bild bietet sich in der weiteren Metropolenregion. Die durchschnittliche Kaltmiete ist lediglich um 1,6 Prozent auf 5,06 Euro pro Quadratmeter nach oben gegangen und der Leerstand seit Jahren wieder auf durchschnittlich elf Prozent gestiegen. Der höchste Wert wird in der Prignitz mit 19,5 Prozent verzeichnet. Viele Wohnungen stehen auch im Südosten von Brandenburg leer, insbesondere in den Landkreisen Elbe-Elster (14 Prozent), in Oberspree-Wald-Lausitz (14,6 Prozent) und in Spree-Neiße (19,2 Prozent) – und das 2021 mit steigender Tendenz. Anders als in Berlin und dem Umland ist der Abriss leer stehender Wohnungen hier eine dringende Aufgabe. Rund 5.400 Wohnungen sollen noch abgerissen werden.  

Potentiale nutzen!

Dafür wird Geld gebraucht. Maren Kern sagte: „Unser Appell ist da ganz klar, weder die Wohnungsbau- noch die Städtebauförderung darf im Land Brandenburg gekürzt werden. Sie muss in dem gleichen Umfang fortgesetzt werden. “ Es könne auch keine Kürzungen im Landeshaushalt bei der Kofinanzierung der Bundesförderprogramme geben. Sie forderte, das Potenzial der Flüchtlinge konsequent zu nutzen, Flüchtlinge also in den leerstehenden Wohnungen unterzubringen. Senftenberg sei diesen Weg gegangen. So hat die Kommunale Wohnungsgesellschaft Senftenberg Wohnraum für 200 Menschen aus der Ukraine zur Verfügung gestellt. „Vielleicht wird der eine oder andere bleiben.“ Die neuen Bewohner würden auch zum Abbau des Fachkräftemangels beitragen, betonte Maren Kern. „Man sollte die Potenziale in Brandenburg nutzen.“ Entsprechende Gespräche seien in den Ministerien in Berlin und Brandenburg bereits geführt worden.  

Vor dem Hintergrund der vorliegenden Zahlen widersprach die BBU-Vorständin den Forderungen auf Bundesebene nach einem Mietenstopp oder dem Umwälzen der steigenden Energiekosten auf die Vermieter. „Die Fakten zeigen: Beim Wohnen ist Brandenburg sehr gut aufgestellt. In Potsdam und den weiteren Städten des Berliner Umlandes gibt es ausreichend bezahlbaren Wohnraum, erst recht in den Städten des weiteren Metropolenraums. Statt über weitere Belastungen für unsere ohnehin schon extrem herausgeforderte Branche nachzudenken, brauchen wir mehr politische Unterstützung – vor allem vom Bund.“

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