Einar Skjerven ist ein ausgewiesener Experte im Berliner Wohnungsmarkt und hat seit 2006 Immobilientransaktionen im Wert von über zwei Milliarden Euro in der Hauptstadt betreut. Trotz der aktuell angespannten Marktlage und einem Rückgang der Transaktionen sieht er weiterhin Potenzial, wenn auch unter veränderten Rahmenbedingungen.
„Die Lage ist für Investoren schwierig, aber besser als noch vor einigen Monaten“, sagt Einar Skjerven von der Skjerven Group. „Die Verkäufer sind inzwischen deutlich motivierter, zu verhandeln, und die Preise kommen langsam herunter.“ Es bleibt aber das zentrale Problem der Diskrepanz zwischen den Preisvorstellungen der Käufer und Verkäufer. Während Investoren noch zögern, warten Verkäufer auf die richtige Gelegenheit, was zu einem stockenden Markt führt. „Die Banken agieren derzeit sehr konservativ, und die Preise müssen noch weiter sinken, bevor es zu einer Stabilisierung kommt“, erklärt er.
In diesem Umfeld gibt es nur wenige Transaktionen, da Käufer und Verkäufer sich selten einig werden. Eine Preiskorrektur sei daher unvermeidlich, insbesondere um institutionelle Investoren, wie Pensionsfonds, wieder stärker in den Markt zu holen. „Wir sehen bereits die ersten Pensionsfonds, die zurückkommen – allerdings mit geringem oder gar keinem Leverage. Sie suchen nach guten Gelegenheiten und warten auf vernünftige Preise.“
Die Skjerven Group sucht gezielt nach Immobilien mit Aufteilungspotenzial sowie nach größeren Portfolios ab einem Volumen von 100 Millionen Euro. „Unsere Strategie ist es, hochwertige Wohnimmobilien in gefragten Lagen zu erwerben, keine Plattenbauten oder Sozialwohnungen“, so Einar Skjerven. Der Fokus liegt auf Bestandsimmobilien in guter Qualität, die nach einer Repositionierung durch Aufteilung und Modernisierung attraktiver gestaltet werden können. Die Preisniveaus sind bereits deutlich gesunken: „Während wir früher einen Faktor von 30 gesehen haben, sind wir heute bei 20 bis 22. Mit Kaufpreisen von etwa 2.200 Euro pro Quadratmeter ist das eine solide Basis für Ankäufe“, so Einar Skjerven. Dennoch bleibt er vorsichtig: „Es gibt weiterhin Inflationsdruck, und die Finanzierungsbedingungen sind deutlich schwieriger geworden. Eine Zinsbelastung von drei bis 3,5 Prozent ist hart – besonders im Vergleich zu den Nullzinsen, an die wir uns gewöhnt hatten.“
Flexible Wohnkonzepte gefragt: Mikrowohnen als Zukunftsmodell
Ein Segment, das weiterhin Wachstumspotenzial bietet, sind flexible Wohnkonzepte wie Mikrowohnungen. „Die Nachfrage steigt, besonders bei jungen Berufstätigen und Freelancern“, erklärt Skjerven. Ein Vorzeigeprojekt ist die Eisenzahnstraße in Berlin, wo 200 kleine Wohneinheiten angeboten werden. „Die Hälfte ist bereits modernisiert, die andere Hälfte noch vermietet“, erläutert er. Die Mieter sind überwiegend Young Professionals und Freelancer, die Wert auf Flexibilität legen. „Junge Leute wollen oft kein Wohneigentum mehr kaufen, sie schätzen die Freiheit und Mobilität, die Mietwohnungen bieten.“ Ein weiteres erfolgreiches Projekt ist The Base, ein Anbieter von Serviced Apartments. „Das Konzept funktioniert hervorragend in Großstädten und ist fast vollständig ausgebucht“, sagt Einar Skjerven. „Für die Ökonomie ist das langfristig zwar problematisch, weil Mieten statt Kaufen die Vermögensbildung der jüngeren Generation erschwert. Aber genau das will die Berliner Politik: Mieten, mieten, mieten.“
Damit es mehr Mietwohnungen gibt, muss wieder mehr gebaut werden. Ein großes Problem für Entwickler ist der Zugang zu preiswerten Grundstücken. Viele, die Grundstücke in Boomphasen teuer gekauft haben, stehen jetzt vor einem Dilemma: Sie können entweder nicht zu den erwarteten Preisen verkaufen oder müssen ihre Projekte auf Eis legen. „Die einzigen, die derzeit wirklich bauen, sind diejenigen, die die Grundstücke günstig erworben haben“, sagt Einar Skjerven. „Für alle anderen ist es kaum möglich, die Baukosten mit den derzeitigen Mietpreisen in Einklang zu bringen.“ Eine mögliche Lösung sieht er in einer Kooperation mit der öffentlichen Hand: „Die einzige Möglichkeit wäre, dass die Stadt Grundstücke gratis abgibt und dafür eine Mietpreisbindung von zehn oder 15 Jahren vereinbart. Aber das ist reine Utopie“, kommentiert er. Zudem fehle es in Deutschland an einer verlässlichen Planungssicherheit bei staatlichen Zuschüssen, was die Nachfrage internationaler Investoren zusätzlich dämpfe.
Trotz der schwierigen Bedingungen bleibt Berlin für internationale Investoren attraktiv, besonders für institutionelle Anleger aus Großbritannien, den USA und Fernost. „Deutschland ist im internationalen Vergleich immer noch ein sicherer Markt, und der Berliner Wohnimmobilienmarkt bietet langfristig Stabilität. Wir sehen vermehrt Interesse von institutionellen Investoren, die ihre Allokation in Deutschland weiter ausbauen möchten.“ Vor allem bezugsfreie, sanierte Bestandswohnungen sind in der Hauptstadt gefragt. „Solche Einheiten sind selten und im Vergleich zum Neubau preislich attraktiv. In Lagen wie Charlottenburg und Wilmersdorf beobachten wir sogar Preissteigerungen von fünf Prozent in den letzten Monaten“, sagt Einar Skjerven. Private Kapitalanleger konzentrieren sich aktuell eher auf Zinshäuser, da die Renditechancen bei Einzelwohnungen weniger attraktiv sind.
Einar Skjerven diskutiert beim Berliner Immobilientag im Panel "Berlin baut um: Kann die Hauptstadt den Wohnungsmangel meistern?" mit.
Tickets für die Veranstaltung gibt es hier.