Die Preise für Immobilien in Berlin sind im vergangenen Jahr weiter gestiegen. „Nach vorübergehender Zurückhaltung der Käuferinnen und Käufer im Jahr 2020 haben die Bodenrichtwerte zum 01.01.2022 wieder in nahezu allen Teilmärkten angezogen“, das hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen nach den gerade beendeten Bodenrichtwertberatungen mitteilen lassen.
Spannend dabei ist, dass die Preise für teure Innenstadtlagen kaum gestiegen sind. Wegen des hohen Preisniveaus in der City und mangelnder Flächen engagieren sich Investoren inzwischen stärker außerhalb des S-Bahnrings. Hier sind die Preise für Baugrundstücke im Geschosswohnungsbau im vergangenen Jahr um 20 Prozent nach oben gegangen.
Wohn- und Büroflächenmangel beherrschen Berlin
Denn nach wie vor herrscht Wohnungsmangel in der Hauptstadt, Mieter nehmen auch weitere Entfernungen zur City in Kauf. Nicht anders sieht es bei Büroimmobilien aus. Die Nachfrage ist ungebrochen und das Angebot in begehrten Lagen knapp. In der Folge können höhere Mieten vereinbart werden. So liegt der Bodenrichtwert am Potsdamer Platz inzwischen bei einem Spitzenwert von 23.000 Euro pro Quadratmeter.
Einfache Gewerbeflächen im Innenstadtbereich stehen unter erheblichem Umwandlungsdruck hin zu Büronutzungen. Das habe zu einem Anstieg von bis zu 40 Prozent der bislang eher niedrigen Bodenrichtwerte mit Geschossflächenzahl-Bezug geführt. Der Spitzenwert für gewerbliche Nutzungen als Büro liege bei 10.000 Euro pro Quadratmeter im Bereich Gleisdreieck (Geschossflächenzahl 3,0). Auch die unteren Bodenrichtwerte bei Gewerbe seien um bis zu 20 Prozent gestiegen, da die hohe Nachfrage einem geringen Angebot gegenüberstehe.
Wie lange wird sich das Bauland noch stetig verteuern?
Das Bauland für Ein- und Zweifamilienhäuser hat sich um zehn bis 30 Prozent verteuert. Die unteren und die oberen Bodenwertniveaus näherten sich sowohl zwischen den Stadtrandlagen als auch innerhalb der Bezirke weiter an. In den Spitzenlagen Dahlem und Grunewald sei ein Anstieg von nur fünf Prozent zu beobachten. Der dortige Spitzenwert betrage inzwischen 3.000 Euro pro Quadratmeter.
Die Fragen, die viele umtreibt: Wie lange wird das so weiter gehen? Die Deutsche Bundesbank hat in ihrer Analyse im Frühjahr ermittelt, dass in den Großstädten Immobilien derzeit zwischen 15 bis 40 Prozent überbewertet seien. Was folgt nun nach zwei Jahren Pandemie, explodierenden Baupreisen, Ukrainekrieg mit ungewissen Folgen für die Wirtschaft, hoher Inflation und steigenden Zinsen für Immobilieninvestments? Die Experten von empirica betonen in ihrer aktuellen Analyse, dass die Kaufpreisrallye mit dem aktuellen Zinsanstieg enden könnte. „Torschlusskäufe und drohende Inflation zögern das Ende derzeit noch hinaus. Personal- und Materialengpässe haben jedoch die Macht, die Rallye dauerhaft am Köcheln zu halten.“ Ebenso den Anstieg der Mieten.
In Berlin wird zu wenig gebaut
Ein Parameter, der für zumindest stabile Preise in Berlin spricht: Es wird seit Jahren zu wenig gebaut. Laut Stadtentwicklungsplan 2030 braucht Berlin rund 194.000 zusätzliche Wohnungen. Doch der Mietendeckel 2020 bis Anfang 2021 und die Enteignungsdiskussion haben zur Zurückhaltung der Investoren geführt. Die Zahl der Baugenehmigungen ist im vergangenen Jahr zum fünften Mal hintereinander gesunken. Auch die Fertigstellungszahlen sind hinter den Zielen zurückgeblieben.
Im Gegensatz dazu ist mit der Flüchtlingswelle aus der Ukraine ein neuer, nicht vorhersehbarer Zuzug eingetreten. Ob er dauerhaft sein wird, kann derzeit niemand mit Sicherheit sagen. Mit Abschwächen der Pandemie wird allerdings generell wieder mit einem Zustrom an Einwohnern gerechnet. Der geringe Bevölkerungsrückgang 2020 bis Mitte 2021 wirkt da wenig entlastend. Bis 2030 ist ein Wachstum der Bevölkerung auf 3,8 bis vier Millionen Einwohner prognostiziert.
Berlin auf dem Weg zur globalen Metropole
Berlin zählt zwar zu den teuersten Städten in Deutschland. Doch laut empirica-Analyse liegt die Hauptstadt bei den Angebotspreisen für Neubaumieten unter den kreisfreien Städten auf Platz vier, nimmt man die teuersten Landkreise dazu, nur auf Platz acht. Über alle Mieten gerechnet ist die Hauptstadt nicht unter den Top-10. Bei den Kaufpreisen für neue Eigentumswohnungen liegt sie bei den kreisfreien Städten auf Platz sechs, bei den Kaufpreisen für neue Ein- und Zweifamilienhäuser kommt Berlin unter den zehn Spitzenreitern nicht vor.
Die Deutsche Bank sieht in ihrer aktuellen Analyse zum Ausblick auf den Wohnungsmarkt 2022 das Zyklusende in vielen Großstädten nahen, nimmt jedoch Berlin für die kommenden Jahre nicht nur wegen des knappen Angebotes aus. „Berlin ist mittlerweile ein europäischer Spitzenforschungs- und erstklassiger Unternehmensstandort, und wir sehen Berlin weiterhin auf dem Weg zu einer globalen Metropole.“
Die Bundeshauptstadt zeigt sich beeindruckend beständig
Die Analysten von Aengevelt kommen zu einer ähnlichen Einschätzung. Ihr aktueller City Report Berlin trägt den Titel „Berlin beeindruckend beständig“. Dr. Wulff Aengevelt betont: „Berlin beweist auch und gerade in der Krise seine Stärken und seine Anziehungskraft auf Menschen, Unternehmen, Nutzer, Investoren und Projektentwickler.“ Dafür spricht, dass trotz Pandemie die Zahl der Beschäftigten im vergangenen Jahr um rund 43.000 gestiegen ist. Mit einem Gesamttransaktionsvolumen von 30,2 Milliarden Euro habe der Berliner Immobilienmarkt 2021 ein neues Rekordergebnis erzielt. So konnte zum Beispiel im Segment Wohn- und Geschäftshäuser mit einem Gewerbeflächenanteil über 20 Prozent sogar ein Umsatzplus von 66 Prozent und im Bereich der Mehrfamilienhäuser eine Steigerung des Umsatzergebnisses von 30 Prozent erzielt werden.
Die größte Steigerung im Vergleich zum Jahr 2021 wurde mit 176 Prozent im Segment der Gewerbe- und Industrieimmobilien registriert. „Die anhaltende Beliebtheit der Stadt bringt allerdings große Herausforderungen für die Region und ihre Immobilienwirtschaft mit sich. Günstige Wohnungen und moderne Büros sind inzwischen sehr knapp. Zudem steigt das Preisniveau weiterhin schnell an. Die weitere Entwicklung ist aufgrund der Rücknahme und Neuorganisation staatlicher Eingriffe noch nicht eindeutig abschätzbar.“