Das zur Zeit der Weimarer Republik errichtete Karstadt am Hermannplatz war einst das größte und modernste Warenhaus Europas. Im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört, hat das Gebäude bis heute eine bewegte Geschichte hinter sich. Zuletzt verkündete die Eigentümerin, die österreichische Signa Holding, das Gebäude so rekonstruieren zu wollen, dass es sein ursprüngliches Aussehen wieder erhalten sollte. Pläne, den Bestandsbau abzureißen und das Karstadt komplett neu zu errichten, wurden heftig diskutiert. Im September 2019 zog der Berliner Senat das Verfahren aufgrund seiner städtischen Bedeutung an sich. Daraufhin sollte nur noch saniert und aufgestockt werden. Nun hat der Senat erste wichtige Weichen gestellt ...
Um die Zukunft des Herrmannplatzes und des Karstadt Kaufhauses hat es unter dem alten Senat viel Streit gegeben. Doch jetzt steht die Ampel auf Grün: Der Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen Andreas Geisel hat am 9.März 2022 das Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit der Bezeichnung 2-65 VE eingeleitet.
Karstadt am Hermannplatz wird saniert, aufgestockt und erhält zwei Holztürme
Das österreichische Bauunternehmen Signa will das Karstadt-Kaufhaus kernsanieren und nach historischem Vorbild von 1929 erweitern. Geplant sind das Aufstocken um drei Geschosse auf Vorkriegshöhe und der Bau von zwei 60 Meter hohen Türmen in Holzbauweise. Die Fassade soll mit Ziegeln verkleidet werden.
Das Projekt an der Bezirksgrenze von Berlin-Neukölln und Berlin-Friedrichshain ist von gesamtstädtischer Bedeutung - und gehört zum 100-Tage-Programm des neuen Senats. Das Verfahren wird deshalb unter Leitung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Bauen und Wohnen durchgeführt und nicht von Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Dessen Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) lehnt das Projekt ab.
Bebauungsplan für Karstadtgebäude als Startschuss für Entwicklung des Hermannplatzes
Bausenator Andreas Geisel sagt: „Wir kommen endlich vom Planen ins Handeln. Die jahrelange Diskussion über die Zukunft des Kaufhausstandorts tritt jetzt in ihre rechtsverbindliche Phase ein. Das ist für alle Beteiligten ein wichtiger Schritt. Ich wünsche mir am Hermannplatz ein Kaufhaus für die Menschen im Kiez – mit berlinweiter Ausstrahlung. Gleichzeitig müssen wir uns Gedanken über die weitere Entwicklung des Hermannplatzes machen.“
Der Warenhausstandort soll neu strukturiert werden. Neben Verkaufsflächen, Büros und Gastronomie sind 3.000 bis 5.000 Quadratmeter für bezahlbaren Wohnraum und 3.600 Quadratmeter zur gemeinwohlorientierten Nutzung vorgesehen. Signa hat inzwischen die Planungen für die Karstadt-Garage in der Urbanstraße geändert. Sie soll nicht mehr abgerissen, sondern für Gewerbemieter umgebaut werden. Parallel zum Bebauungsplanverfahren wird es ein wettbewerbliches Dialogverfahren geben, zu dem sechs Planungsteams eingeladen werden.
Quasi zeitgleich mit Bekanntgabe der Entscheidung zum Bebauungsplanverfahren hat die „Initiative Hermannplatz“ 6.000 Stimmen gegen die Neubaupläne des Investors an die Abgeordneten der drei Koalitionsparteien im Ausschuss für Stadtentwicklung übergeben. Die Aktivisten fürchten die Verdrängung der angestammten Bewohner und Gewerbetreibenden.