Rund 54.000 geflüchtete Ukrainer wollen in Berlin bleiben. Das stellt den Senat vor neue Herausforderungen. Weil es generell an Wohnraum mangelt, wird über ein neues Programm für standardisierte Flüchtlingsunterkünfte nachgedacht. Sie sollen später als Wohnungen nachgenutzt werden.
Rund 54.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine haben sich in Berlin angemeldet. Damit steht der Bau von Modularen Unterkünften für Flüchtlinge (MUF) wieder ganz oben auf der Tagesordnung. Der ehemalige Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss, brachte das Thema am Rande der Haushaltsberatungen zur Sprache. In 30 neuen Modularen Unterkünften für Flüchtlinge (MUF) könnten rund 15.000 Menschen untergebracht werden. 50.000 Euro kostet ein Platz pro Kopf: Insgesamt werden rund 750 Millionen Euro zusätzlich gebraucht. Die Mittel sind im aktuellen Haushaltsplan nicht vorgesehen, ein Beschluss muss dazu noch gefasst werden. „Wir glauben, dass es richtig ist, standardisierte Unterbringungen für Flüchtlinge zu schaffen“, erklärte er.
Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge sind in Berlin bereits erprobt
Denn ein Platz im Hostel kostet pro Nacht 30 Euro. Für 15.000 Menschen kämen also rund 160 Millionen Euro pro Jahr zusammen, rechnete er den Abgeordneten vor. „Das legt nahe, dass man eine Objektförderung macht.“ Die MUFs würden sich amortisieren, weil Flüchtlinge dann nicht in Hostels untergebracht werden müssten. Bereits bei der vorangegangenen Flüchtlingswelle hatte der Senat prüfen lassen, welche städtischen Grundstücke zur Verfügung stehen. Von den 60 ermittelten Arealen sind bereits 28 mit MUFs bebaut, 32 ließen sich gegebenenfalls dafür noch aktivieren.
Für den Senat bietet das gleich zwei Vorteile: Denn nach §246 Baugesetzbuch können MUFs schneller errichtet werden als Gebäude mit üblicherweise langwierigen Berliner Planungsverfahren. Und sie sind nicht wie Heime strukturiert, sondern bieten abgeschlossene Wohneinheiten. Deshalb können sie später an Studenten, aber auch an andere Personen vermietet werden, die es auf dem freien Wohnungsmarkt schwer haben.
Mangel an Sozialwohnungen schlägt auf Flüchtlingskrise durch
Die Angebotsmieten sind auch im vergangenen Jahr noch einmal um 3,4 Prozent nach oben gegangen, wie im aktuellen „Wohnungsmarktreport Berlin 2022“ von CBRE und der Berlin Hyp AG festgestellt wird. Sie liegen jetzt bei 10,50 Euro im Durchschnitt, was nicht zuletzt Ausdruck des anhaltenden Wohnungsmangels ist. Vor allem fehlt es aber an Sozialwohnungen. 5.000 sollten jedes Jahr gebaut werden.
Die dafür bislang zur Verfügung gestellten Fördergelder in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr wurden in den vergangenen Jahren jedoch nicht ausgeschöpft, 2021 gerade mal Mittel für 1.011 Sozialwohnungen beantragt. Der neue Senat stockt die Summe nun auf 740 Millionen Euro auf. Andreas Geisel (SPD), Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen betonte, dass die Förderprogramme attraktiver gestaltet werden müssen, damit auch private Investoren zugreifen. Doch mit Blick auf die aktuelle Kostenexplosion sagte er: „Seit April bin ich mir nicht mehr sicher, ob die Mittel überhaupt reichen.“
Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge könnten Wohnungsbauzahlen schnell verbessern
Insofern wäre die Entscheidung für mehr MUFs eine strategische, mit der sich die Wohnungsbauzahlen schnell verbessern und konsumtive Ausgaben verringern ließen. Dass in diese Richtung gedacht wird, daran ließ Matthias Kollatz keinen Zweifel. Sein Vorschlag zur Finanzierung lautet: „Man müsste einen nicht unerheblichen Teil der Reserven, die nach den derzeitigen Planungen des Senats zur Tilgung vorgesehen sind, dafür zur Verfügung stellen. Man könnte dann tilgen, wenn sich die wirtschaftliche Lage, also die Einnahmesituation im Haushalt, verbessert.“ Die MUFs könnten je zur Hälfte durch den Senat und die landeseigenen Wohnungsunternehmen gebaut werden. Senator Andreas Geisel betonte: „Das muss im Senat diskutiert werden, mir scheint die Argumentation aber schlüssig.“