Berlin Pankow glänzt mit guten Zahlen, die Investoren anlocken, und bezeichnet sich selbst als "Wachstumskern der Hauptstadt": Projekte, wie die Umwandlung des ehemaligen Rangierbahnhofs Pankow in ein Stadtquartier, belegen dies ebenso wie umfangreiche Bauplanungen für den eher gemütlichen Ortsteil Blankenburg.
Binsenweisheiten sind immer gut, weil keiner sie so recht in Frage stellt. Das gilt wohl auch für den Satz: Das wird schon. Bereits im April 2018 schlossen der Bezirk Pankow, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und die Krieger Handel SE eine Grundsatzvereinbarung, deren Ziel ein lebendiges Quartier ist. Und damit eine Weiterentwicklung des Hauptzentrums Pankows.
Aus dem Rangierbahnhof Pankow soll ein Stadtquartier werden
Der Plan liest sich auf der Homepage des Bezirkes ebenfalls unkompliziert: Auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofes Pankow soll ab 2021 ein neues Stadtquartier entstehen. Das Areal liegt direkt am S- und U-Bahnhof Pankow und erstreckt sich entlang der Bahntrasse und der Granitzstraße, von der Mühlenstraße im Westen über die Berliner Straße hinaus bis zum S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf und der Prenzlauer Promenade im Osten. Allerdings ist der Weg dahin mit vielen Planungsschritten, öffentlicher Beteiligung, Untersuchungen, Konzepten, der Änderung des Flächennutzungsplanes, der Aufstellung eines Bebauungsplanes, einem Workshopverfahren für einen städtebaulichen Masterplan gepflastert.
Werden soll es auch im Blankenburger Süden. 6.000 Wohnungen könnten dort entstehen. Vor dem Jahre 2021 fällt allerdings laut Senat keine Entscheidung zur Bebauung. Dafür bekamen die Politiker viel Kritik. Die Anwohner haben eine klare Meinung: Sie demonstrieren, die Kernforderungen haben sich nicht wesentlich geändert. Es geht um die jetzt schon überlastete Infrastruktur, um die Bewahrung des dörflichen Charakters von Blankenburg und den Erhalt der Erholungsanlage.
Planer glauben, dass nicht vor 2027 gebaut wird. Pankow ist trotz der beiden stotternden Großprojekte zu einem Star geworden. Dem Bezirk sagen Experten bis 2030 ein Wachstum von 16 Prozent vorher. Deutlich über dem Berliner Durchschnitt von 7,5 Prozent liegen zum Vergleich Treptow-Köpenick und Lichtenberg mit 9,8 Prozent, Reinickendorf mit 9,4 Prozent und Marzahn-Hellersdorf mit 9,1 Prozent. Karsten Jungk, Geschäftsführer Wüest Partner Deutschland, sagt: „Nachdem in den vergangenen Jahren die innerstädtischen Lagen Berlins regen Zuzug erfahren haben, wachsen nun vor allem die Randlagen. Insbesondere in den nordöstlichen Bezirken Berlins wird die Einwohnerzahl in den kommenden zehn Jahren überdurchschnittlich steigen.“
Pankow, Frohnau, Köpenick: Preise in Vorzugslage steigen weiter
Laut dem Wohnimmobilien Marktbericht Deutschland 2018/2019 von Engel & Völkers gehören Villenlagen in Frohnau, Pankow und Köpenick zu den aufstrebenden Regionen. Der Trend zeigt weiter nach oben. „Nach wie vor fehlen in der Hauptstadt Grundstücke und Bauvorhaben, um den erforderlichen Bedarf an Wohnraum zu bedienen. Wir gehen davon aus, dass die Preise in allen Segmenten weiter anziehen“, sagt Günter Th. Fischer, Geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers Berlin-Mitte.
Der Immobilienpreisservice des IVD Berlin-Brandenburg geht ebenfalls von erhöhten Werten aus: Die Steigerung der Schwerpunktmiete in der Vorzugslage Pankow lag über dem Durchschnitt, diese Entwicklung setzt sich fort. Bei Bestandsimmobilien reiht sich Pankow auf Platz vier mit 3.600 Euro pro Quadratmeter ein; zum Vergleich: In Spandau zahlt man im Schwerpunkt 2.300 Euro. Bei den freistehenden Einfamilienhäusern – durchschnittlich 140 Quadratmeter Wohnfläche und 700 Quadratmeter Garten – stehen in Vorzugslagen 500.000 Euro, in Standardlagen 360.000 Euro in der Statistik. Die günstigsten Kaufpreise finden sich wiederum in den peripheren Standardlagen von Treptow-Köpenick und Pankow, wo im Schwerpunkt nur 320.000 Euro investiert werden müssen. Tendenz auch hier: steigend.
Weitere Investitionsprojekte in dem Berliner Bezirk
Es wundert keinen mehr, dass Investoren diesen Bezirk für sich entdeckt haben. Jakob Mähren von der Mähren AG erstand in seinem Heimatmarkt Berlin ein Pankower Mehrfamilienhaus. HB Reavis widmet sich der Entwicklung des alten Schlachthofes. Die selbst gewählte Devise dabei: New Work trifft Vintage. Das alte Industriegebäude verschmilzt mit einem hochmodernen neuen Büroobjekt zum idealen Arbeitsort. 49.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche, Fertigstellung 2021. Einen „urbanen Stadtplatz und Boulevard als Teil des Nachbarschaftskonzeptes“ sehen die Bauherren. Eine sehr gute Infrastruktur, ausgefallene Architektur, Restaurants und Freizeitangebote stehen neben Arbeitsräumen. Wobei letztere natürlich unter dem Namen Coworking laufen. Dazu Eventlocation und Ateliers, fertig ist die Reaktivierung einer Industriebrache, die bis 1991 als Zentralvieh- und Schlachthof der führende Betrieb im Osten Berlins war.
Im Bereich Wohnen aktiviert die SANUS AG im ehemaligen Diplomatenviertel in der Vesaliusstraße über 110 Eigentumswohnungen. „Pankow ist ein quirliger und angesagter Bezirk, der durch seine Struktur und besondere Atmosphäre sehr interessant ist, was sich in der Nachfrage an unserem Projekt zeigt“, sagt SANUS-Geschäftsführer Jan Holstein. Die Fertigstellung ist für 2021 geplant.
Die ARCHIGON-Gruppe will auf der Gaillardstraße zwei Häuser bauen. Pure nannte die Premium Immobilien Gruppe den Komplex von 185 Wohnungen im hochwertigen Segment an der Mühlenstraße, der ebenfalls 2021 abgeschlossen sein soll. Zwischen 30 und 140 Quadratmeter sind die Wohnungen groß, die kleinen Wohnungen liegen bei etwa 200.000 Euro, die teuerste wohl bei über zwei Millionen Euro.
Die GESOBAU erwarb im Mai in Pankow-Niederschönhausen ein Wohnhaus mit 18 Wohnungen. „Als kommunale Wohnungsbaugesellschaft arbeiten wir mit Hochdruck daran, bezahlbaren Wohnraum auch zukünftig für breite Schichten der Bevölkerung bereitzustellen. Durch den Ankauf von geförderten Wohnungen stellen wir langfristig die Berliner Mischung in den Quartieren sicher. Wir erweitern unseren Bestand durch Neubau, Nachverdichtung und Ankauf im Bezirk Pankow stetig weiter“, sagt Jörg Franzen, Vorstandsvorsitzender der GESOBAU AG. Ebenfalls im Mai bekam es das Unternehmen bereits mit einer Bürgerinitiative zu tun, die gegen Nachverdichtung in der Kavalierstraße ist. Eigentlich stehen 170 Wohneinheiten auf der Haben-Seite. Gefordert: ein Überdenken der Verkehrsinfrastruktur, die bereits jetzt von optimal weit entfernt sei. Bemängelt werden außerdem fehlende Schulen und Kitas, Sport- und Spielplätze, Parkmöglichkeiten sowie Fahrradwege, so eine Sprecherin der Initiative gegenüber der Berliner Morgenpost.
„Der Großbezirk Pankow erwartet in den kommenden Jahren einen steigenden Zuzug von Menschen, die Citynähe schätzen, gleichzeitig auf gewachsene und familienfreundliche Quartiere im Nordosten Wert legen. Wegen der starken Nachfrage liegt hier ein Schwerpunkt unserer Neubauplanungen“, heißt es bei der GESOBAU. In der Kastanienallee kann man bereits mehrere Neubauprojekte betrachten. Bezirksstadtrat Ephraim Gothe sagte bei einer Pressekonferenz: „Pankow ist der neue Spitzenbezirk.“ Denn einiges ist dann eben bereits geworden. Der Bevölkerungsanteil der über 25-Jährigen mit niedrigem Bildungsstand liegt nirgendwo in Berlin so niedrig wie in Pankow. Gleichzeitig ist die Mittelschicht so groß wie in keinem anderen Bezirk. Und Pankow selbst bezeichnet sich auf der Homepage als „Wachstumskern der Hauptstadt“. Wohl eher keine Binsenweisheit.