Bei einem positiven Votum der Enteignungskommission wollen die Berliner Genossen eine möglichst schnelle Umsetzung der Vergesellschaftung. Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, hatte eindringlich vor einem Beschluss gewarnt.
Den Enteignungsfans innerhalb und außerhalb der SPD gilt der Parteitagsbeschluss der Berliner SPD als Quittung für einen vermeintlichen Kuschelkurs mit der Immobilienwirtschaft. Die Genossen votierten mehrheitlich für eine schnelle Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohneinheiten, sollte die Expertenkommission ein positives Votum abgeben.
Andreas Geisel hält Enteignungsbestrebungen nicht für verfassungskonform
Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, hatte vorab eindringlich davor gewarnt, für einen Automatismus zu stimmen. „Wir brauchen das nicht beschließen, weil wir es im Senatsbeschluss haben“, sagte er. Es sei kühn zu glauben, der Gesetzesentwurf der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ sei verfassungskonform. Denn allein die Grenze von 3.000 Wohnungen, ab der engeignet werden soll, sei eine willkürlich gegriffene Größe. Die Expertenkommission habe deshalb nicht nur den Auftrag zu prüfen, ob ja oder nein, sondern auch zu sagen: „Welche Wege gibt es denn noch?“
Sollte die Expertenkommission zu dem Schluss kommen, dass eine Vergesellschaftung verfassungskonform möglich wäre, sei immer noch zu prüfen, ob sie auch sinnvoll und zu bezahlen sei. Eine Vergesellschaftung automatisch umsetzen zu wollen, weil es 2022 auf einem Parteitag beschlossen worden sei, das ginge nicht. „Ich nehme die Stimmung durchaus wahr“, sagte er. „Aber Ihr werdet die Wirklichkeit im nächsten Jahr nicht ausblenden können.“
Knackpunkt Entschädigungsfrage
Knackpunkt sei die Entschädigungsfrage. „Es ist völlig egal, ob es acht Milliarden, 20 Milliarden, ob es 30 Milliarden sind, die an die Aktionäre der Deutsche Wohnen zu zahlen sind, das ist viel Geld“, erklärte Andreas Geisel. Geld, das nicht für die energetische Ertüchtigung zur Verfügung stehe, nicht für die Mieten, nicht für den Neubau. „Und diese Diskussion werden wir 2023 nach dem Ergebnis der Expertenkommission miteinander führen müssen, egal was heute beschlossen wird.“
Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ reagierte nach dem Beschluss via Twitter begeistert: „Bei positivem Votum der Enteignungskommission soll ein Gesetz kommen. Das ist ein Richtungswechsel!“ Auch Sebastian Czaja, Fraktionsvorsitzender der Berliner FDP, meldete sich via Twitter zu Wort: „Franziska Giffey hat heute Ihre Partei verloren und alles, wofür sie im Wahlkampf angetreten ist.“ So setzt die Regierende Bürgermeisterin auf Kooperation statt Konfrontation mit der Immobilienwirtschaft, um dem Wohnungsmangel in der Stadt zu begegnen.