Die TAMAX Unternehmensgruppe wendet sich gegen das Vorgehen der Gemeinde bei ihrem geplanten Großprojekt im Ortsteil Schönefeld-Nord. Denn in dem durchgeführten Städtebauwettbewerb ist der 110 Meter hohe Turm nicht mehr vorgesehen.
Es kommt selten vor, dass sich ein Immobilienentwickler mit harschen Worten an die Öffentlichkeit wendet. Doch die TAMAX Unternehmensgruppe ist diesen Weg gegangen und kritisiert das Vorgehen der Gemeinde bei ihrem Großprojekt Schönefeld Tower. Denn 2019 hatte die Gemeindevertretung grünes Licht für die Planung des 110 Meter hohen Wolkenkratzers gegeben, der das höchste Gebäude in Brandenburg und das Wahrzeichen der Flughafen-Gemeinde Schönefeld werden sollte. Doch davon ist jetzt keine Rede mehr.
Gemeinde „verordnet“ Städtebaulichen Wettbewerb
In einer Pressemittelung informierte TAMAX darüber, dass man im März 2022 ein allgemeines Schreiben von der Gemeinde erhalten habe. Darin seien die Grundstückseigentümer darüber informiert worden, dass ein Städtebaulicher Wettbewerb für das gesamte Plangebiet durchgeführt werde. „Dieses jedoch ohne konkrete Aussage darüber, welche Grundstücke in dieses Entwicklungsgebiet einbezogen würden, welche Anforderungen an das Wettbewerbsverfahren gestellt werden, welche Ziele damit insgesamt verfolgt werden und wie diese mit und durch die künftig betroffenen Grundstückseigentümer einmal umgesetzt werden sollen.“
Im Siegerentwurf des nichtoffenen Wettbewerbse fehlt der markante Turm als Landmarke zur künftigen Airport-Region Berlin-Brandenburg. Die TAMAX Unternehmensgruppe habe jedoch, als Initiator und Investor des Projektes, bereits sämtliche im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages mit der Gemeinde vereinbarten Leistungen für die Durchführung des Bebauungsplanänderungsverfahrens erbracht. Sie habe das 35.000 Quadratmeter große Grundstück jahrelang für dieses Projekt vorgehalten, auf dem derzeit bereits eine Bebauung mit einem Mischquartier mit bis zu 42.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche planungsrechtlich zulässig ist. „Dieses in der Annahme, dass sich die Gemeinde Schönefeld an ihre eigenen Beschlüsse und städtebauliche Verträge hält und das Planungsziel zielstrebig umsetzen möchte.“
Verwaltung reagiert nicht auf Anfragen des Projektentwicklers
Mit ihrem derzeitigen Vorgehen signalisiere die Gemeinde, dass sie sich nicht mehr gewillt sei, sich an den gefassten Beschluss vom 6. März 2019 zu halten. Kai-Uwe Tank, der mit seinem Bruder Alexander Tank das Unternehmen leitet, richtet seine Kritik insbesondere an Christian Henschel, den Bürgermeister der Gemeinde Schönefeld, sowie seine Baudezernentin Kathrin Sczepan. „Mehrfache Kontaktanfragen und Hilfsangebote in Richtung des Bürgermeisters und der Baudezernentin, die dazu dienen sollten, dem Planänderungsverfahren Fortgang zu bescheren, blieben bis zum heutigen Tage praktisch unbeantwortet.“
Die Gemeinde Schönefeld hat inzwischen Stellung zu den Vorwürfen bezogen. Die Pressesprecherin Solveig Schuster, erklärte gegenüber IMMOBILIEN AKTUELL: „Die Gemeinde Schönefeld hat für ein rund 150 Hektar großes Plangebiet im Schönefelder Norden einen städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerb veranlasst, um das Gebiet ganzheitlich zu entwickeln.“ Es handelt sich dabei um das Gesamtareal entlang der Hans-Grade-Allee, zwischen Waßmannsdorfer und Waltersdorfer Chaussee, bis zur Bahntrasse sowie nördlich der Stadtgrenze zu Berlin. Neben Wohnungen soll auch die dringend benötigte Infrastruktur geschaffen werden – Kitas, Schulen, Freizeit- und Versorgungsangebote sowie Erholungsflächen. Geplant sei ein neues Zentrum für die Gemeinde, die seit Flughafeneröffnung eine rasante, aber wenig gesteuerte Entwicklung durchmacht.
„Der Wettbewerb wurde durch eine fachkundige Jury begleitet, die sich am Ende des mehrstufigen Verfahrens für den Sieger, die Reicher Haase Assoziation aus Aachen entschieden hat“, betonte Solveig Schuster. Im Erläuterungstext zum Wettbewerbsergebnis heißt es dazu: „Unterschiedliche Quartierseinheiten bilden ein Gesamtnetz, das von verschiedenen Grünbereichen durchzogen ist.“ Insgesamt könnten im Zukunftsquartier circa 5.215 Wohneinheiten für ungefähr 9.300 Einwohner realisiert werden. Das Preisgericht urteilte: „Der Entwurf überzeugt durch eine gut proportionierte Gliederung des Entwicklungsgebietes mittels eines Grundgerüstes aus Grünzügen und urbanen Achsen. Insbesondere die Vernetzung der neuen Grünstrukturen als auch deren Weiterentwicklung in die umgebenden Stadt- und Landschaftsräume wird positiv bewertet.“
Rechtliche Schritte gegen Gemeinde werden geprüft
Doch eine schnelle Umsetzung dieses Konzept wird es wohl nicht geben, das machte Kai-Uwe Tank deutlich. Im August 2022 habe man eine Bauvoranfrage für die Bebauung des Grundstückes nach dem bereits bestehenden Bebauungsplan eingereicht. Sie sei von der Gemeinde zurückgestellt worden. Damit werde das Unternehmen auch an der Ausübung seiner bereits bestehenden Planungs- und Baurechte gehindert. TAMAX teilte mit, dass das Unternehmen rechtliche Schritte unternehmen werde, falls die Rückstellung des Baugesuches unzulässig sei. Bei einer geplanten Gesamtinvestition von 150 Millionen Euro könne das zu erheblichen Schadensersatzansprüchen des Investors führen.
Genießen Sie unseren Podcast mit Kai-Uwe Tank von der TAMAX Unternehmensgruppe über Projektentwicklungen in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg
„Beschädigtes Grundvertrauen von Investoren“
Kai-Uwe Tank spricht von einem beschädigten Grundvertrauen aller Grundstückseigentümer und Investoren in die Gemeinde Schönefeld. „Dabei wäre dieses Grundvertrauen enorm wichtig, für eine erfolgreiche und geordnete und vor allen Dingen auch zeitnahe und dringend gebotene städtebauliche Entwicklung der Flughafenregion Schönefeld.“ Nach 25 Jahren Planung und Bau des Flughafens BER könnte nun die Planung und der Bau des Bereiches Schönefeld-Nord weitere 25 Jahre dauern.
Die Gemeinde will jetzt erst einmal untersuchen lassen, inwieweit eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme für das Gebiet angezeigt ist. Dazu wird es eine vorbereitende Untersuchung geben. Solveig Schuster erklärte: „Welche Grundstücke letztlich in die Entwicklungsmaßnahme einbezogen werden, ist gegenwärtig eine offene Frage und hängt auch von den Gesprächen und der geplanten vorbereitenden Untersuchung ab. Auch, dass es zu einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme kommt, ist keinesfalls gesichert.“ Überdies stehe ein umfassendes Verkehrskonzept noch aus. Es sei nicht im Sinne der Gemeinde, möglichst schnell das nächste Bauprojekt durchzupeitschen, und am Ende die bereits bestehenden Probleme zu vergrößern. „Vielmehr sollen Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt und die weitere Entwicklung mit Bedacht angegangen werden. Das heißt aber nicht, dass es die Tower nicht geben kann. Die Entscheidung treffen aber weder die Baudezernentin noch der Bürgermeister, sondern die Gremien der Gemeinde.“