Als in der Nacht zum 3. Oktober 2019 auf der Baustelle des Wohnkomplexes „FourLiving“ in der Prager Straße gleich drei Kräne in Flammen standen und sowohl Baustellen-Arbeiter und -Sicherheitspersonal als auch Anwohner gefährdeten, war das ein Höhepunkt einer ganzen Reihe von Brandanschlägen auf Baustellen in der Messestadt Leipzig. Diese Attacken erreichten mit dem gezielten Übergriff auf eine Angestellte einer Baufirma eine vollkommen neue Dimension. In unserem Ticker behalten wir die Vorgänge für Sie im Auge. Am Morgen des 08.11.2022 brannten nun mehrere Fahrzeuge der Vonovia aus.
Brandanschläge auf Leipziger Baustellen: eine Chronologie
08.11.2022 Sellerhausen-Stünz: Droht neuerliche Gewalteskalation?
Am Morgen des 08.11.2022 gingen auf einem Betriebshof in der Geithainer Straße zehn Transporter des Wohnungskonzerns Vonovia in Flammen auf. Das LKA ermittelt. In der Leipziger Baubranche wird nun befürchtet, dass dies nur der Anfang einer neuerlichen Gewaltwelle sein könnte. Ein erstes "Warnsignal" erging nur vier Tage zuvor, als auf einer Baustelle der Deutschen Bahn zwei Bagger angezündet wurden. Ziel war hier erneut das Bautzner Bauunternehmen Hentschke (siehe 25.09.2020 in unserer Chronik).
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24.07.2021 Leipzig-Stötteritz
In der Lausicker Straße wurde in der Nacht zum 24. Juli ein Bagger in Brand gesetzt. Die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung.
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05.03.2021 Leipzig Plagwitz
Auf einer Baustelle in Leipzig-Plagwitz wurden die Hydraulikschläuche eines Baggers angezündet. Der Brand wurde vom Sicherheitsdienst gelöscht. Ein möglicher Einsatz der SOKO LinX wird aktuell geprüft.
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6./7.10.2020 Meusdorfer Straße/Lippendorfer Straße
In Connewitz versuchten Unbekannte in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 2020 auf einer Baustelle Ecke Meusdorfer Straße und Lippendorfer Straße einen Bagger anzuzünden. Der Anschlag misslang zwar, dennoch blieben Brandflecken am Gefährt zurück. Das Landeskriminalamt ermittelt...
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25.09.2020 Zweinaundorfer Straße in Anger-Crottendorf
Am frühen Freitagmorgen musste auf einer Baustelle in der Zweinaundorfer Straße ein Bagger gelöscht werden. Die Polizei schließt Brandstiftung nicht aus. In der Kippenbergstraße, Reudnitz, brannte beinahe zeitgleich ein Transporter aus. Für diesen Anschlag tauchte auf der Plattform Indymedia ein Bekennerschreiben auf. Darin heißt es, dass man gezielt einen Transporter der CG-Gruppe angezündet habe. Auch zu dem Baggerbrand tauchte ein Bekennerschreiben auf. Die betroffene Baufirma Hentschke-Bau sei an der Errichtung der Justizvollzugsanstalt Zwickau beteiligt gewesen. Auch eine angebliche Geldspende des Firmenchefs an die AfD sei ein Auslöser für die Tat gewesen.
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14.07.2020 Aurelienstraße in Plagwitz
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2020 brannte ein Bagger in der Aurelienstraße neben dem Jahrtausendfeld in Leipzig-Plagwitz aus. Das Feuer beschädigte zudem zwei weitere Baumaschinen. Die Soko LinX hat die Ermittlungen wegen schwerer Brandstiftung aufgenommen.
???? Feuermeldung ???? Jahrtausendfeld
— Feuerwehr Leipzig (@Feuerwehr_LE) July 15, 2020
In der vergangenen Nacht kam es zum Brand eines Baustellenfahrzeugs in Plagwitz. Das Feuer konnte durch die Einsatzkräfte der Feuerwache 6 und FF Böhlitz-Ehrenberg schnell gelöscht werden.#WirschützenLeipzig #leipzig pic.twitter.com/a3R2eXsMdK
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01.05.2020 Connewitz
Bereits in der Nacht zum 1. Mai 2020 gingen Baustellenabsperrungen in Connewitz in Flammen auf. Zudem wurde ein Auto einer Sicherheitsfirma angesteckt. Das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum des LKAs Sachsen ermittelt. In der Nacht zum 2. Mai 2020 brannten wieder Baustellen unter anderem in der Bornaischen Straße und der Herderstraße. Der Polizei ist es gelungen, vier Personen auf frischer Tat zu ertappen.
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05.04.2020 Bornaische Straße
In der Nacht zu Sonntag ging in der Bornaischen Straße in Leipzig-Connewitz ein Bagger der Strabag in Flammen auf. Das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismusabwehrzentrum vom LKA nahm die Ermittlungen auf. Ob es sich um einen Anschlag handelte, ist bislang noch offen.
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15.01.2020 Sellershausen-Stünz
In der Nacht zu Donnerstag meldeten Anwohner der Zweenfurther Straße ein Feuer. Bei diesem wurde ein Bagger schwer beschädigt. Die Polizei ermittelt wegen eines möglichen linksextremistischen Hintergrundes. Die Soko LinX ist bei den Ermittlungen federführend.
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3.11.2019 Leipzig-Wahren
Die vereits attackierte "Wassermühlen Immobilien GmbH" wurde erneut angegriffen. Dabei erreichte die Attacke eine neue Dimension, richtete sie sich doch gezielt gegen eine Person: Am Abend des 3. November 2019 wurde eine Prokuristin der Firma in ihrer Wohnung überfallen und verprügelt. Die Frau wurde verletzt und musste ambulant behandelt werden. In einem Schreiben bekannten sich Aktivisten aus dem linken Spektrum zu der Tat. Der Grund sei wie bei dem Anschlag Anfang Oktober in der Basedowstraße das Bauvorhaben von "Wassermühlen Immobilien" in Leipzig-Connewitz.
Oberbürgermeister Jung verurteilte den Angriff scharf: "Die Grenze ist überschritten: Die militante linke Szene schreckt auch vor Überfällen auf wehrlose Frauen nicht mehr zurück. Die von der linksextremen Szene verbreitete Mär, man sei nur gegen Sachen und staatliche Institutionen gewalttätig, nicht aber gegen Personen, ist entlarvt als das, was es immer war: eine Lüge."
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Wie unter anderem die BILD berichtete, wurden im Laufe des Jahres 2019 bereits sieben Brandanschläge auf Baustellen in der Messestadt verübt:
13./14.10.2019 Basedowstraße
Im Leipziger Stadtteil Connewitz brennt das Führerhaus eines Baggers an einer Baustelle in der Brandstraße, Ecke Basedowstraße, komplett aus. In einem Bekennerschreiben erklären die Verantwortlichen, dass sie die von "Wassermühlen Immobilien" geplanten Eigentumswohnungen für Besserverdiener in Connewitz nicht wollen.
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11.10.2019 Käthe-Kollwitz-Straße
Auf einer Baustelle in der Käthe-Kollwitz-Straße gehen zwei Bagger in Flammen auf. Bekennerschreiben von Links-Autonomen kursieren daraufhin im Internet. Sie kritisieren, dass der Besitzer der Bagger, Eurovia Vinci, am Bau von Gefängnissen beteiligt und sich für keinen schmutzigen Auftrag zu schade sei.
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3.10.2019 Prager Straße
Beim bislang "spektakulärsten" Anschlag auf eine Baustelle in Leipzig werden auf der "FourLiving"-Baustelle der CG Gruppe zwei Kräne komplett zerstört, ein dritter wird schwer beschädigt. Zudem wurden weitere Brandspuren an einem Bagger gefunden. Lesen Sie unseren ausführlichen Artikel zu diesem Brandanschlag.
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24.6.2019 Karl-Heine-Straße
In Leipzig-Plagwitz wird eine Asphaltiermaschine in Brand gesetzt. Den Betreibern entstand ein Sachschaden von etwa 50.000 Euro. Besitzer Eurovia Vinci ist, wie bereits erwähnt, am Bau von Gefängnissen beteiligt und zog sich damit den Zorn linker Bekenner zu.
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20.5.2019 Karl-Heine-Platz
In Lindenau zünden Unbekannte einen Mini-Bagger auf einer Baustelle für einen Kinderspielplatz an. Bei einem zweiten haben die Brandstifter keinen Erfolg.
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28.4.2019 An der Parthe
Unbekannte Täter stecken ein Stromaggregat und einen Baucontainer auf einer Baustelle der Deutschen Bahn an und verursachen einen Schaden im hohen fünfstelligen Bereich.
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2.2.2019 Marienweg
Im Leipziger Nordwesten gehen fünf Baufahrzeuge in Flammen auf. Zwei Bagger, zwei Mini-Bagger und eine Planierraupe brennen komplett aus. Der Schaden wird auf mehrere Hunderttausend Euro beziffert.
Was alle Brandanschläge auf Baustellen in Leipzig gemeinsam haben
Was alle bisherigen Brandanschläge auf Baustellen in Leipzig gemein haben, ist, dass die Täter durchgehend im linken Spektrum vermutet werden beziehungsweise linke Akteure sich im Internet bereits zu den Taten bekannt haben. Gewichtiges Hauptmotiv ist die Ablehnung der Gentrifizierung spezieller Viertel wie Connewitz und Plagwitz.
Ein Polizeischutz für sämtliche Baustellen ist nicht umsetzbar, vor allem in der in Sachen Bautätigkeit sehr aktiven Messestadt. Zudem liegt der Schutz von Baustellen im Normalfall in den Händen der Eigentümer. Dass die von den Bauherren eingesetzten Sicherheitsfirmen nicht zwingend ein Hindernis darstellen, belegte der Anschlag auf die "FourLiving"-Kräne, bei dem gezielt ausgespäht worden zu sein scheint, wann die Sicherheitskräfte vor Ort waren und wann nicht.
Landeskriminalamt: Leipzigs autonome Szene nah am Terrorismus
Update vom 13.01.2020: Die sächsischen Sicherheitsbehörden sehen laut einem vertraulichen Lagebild des Landeskriminalamtes, welches dem Spiegel vorliegt, in der Messestadt eine neue Stufe der Gewalt erreicht. Grund sind die zahlreichen linksextremen Anschläge und Übergriffe der vergangenen Wochen. Leipzigs autonome Szene stünde demnach „an der Schwelle zum Terrorismus“.