In der Charta City West 2040 wird die Stadtentwicklung für das Gebiet zwischen der Messe Berlin und dem Ernst-Reuter-Platz bis ins Jahr 2040 vorgedacht. Erste Immobilienunternehmen setzen die Ziele in den Ortsteilen Charlottenburg, Schöneberg, Wilmersdorf und Tiergarten bereits um.
Kurfürstendamm, Breitscheidplatz und die Tauentzienstraße klingen allein schon nach dem Zentrums Berlin. Legendenumwoben sichern sie sich viele Plätze in den Annalen der Bundeshauptstadt. Doch nicht nur diese Straßen gehören zur City West; die Wortverbindung vereint die Ortsteile Charlottenburg, Schöneberg, Wilmersdorf und Tiergarten. Bereits im Oktober 2018 verkündete der Tagesspiegel das „Comeback der City West“.
Charta City West 2040 umschreibt einen Stadtentwicklungsprozess
Die Insolvenz des Fünf-Sterne-Hotels Sofitel aufgrund der Corona-Pandemie warf kürzlich einen Schatten auf das prosperierende Areal. Und auch, dass die Bürger sich wohl nur sehr wenig für die weitere Entwicklung interessieren, zumindest wenn man die Beteiligung an der Charta City West 2040 betrachtet. Dahinter verbirgt sich ein Stadtentwicklungsprozess. Ein Gremium überlegte und suchte Ideen. Dabei ging es um die Komplexe Mobilität, Stadtökologie und Nachhaltiges Bauen, Kreislaufstadt, Digitalisierung, Nutzungen sowie Städtebau und Architektur.
Klimaneutralität, Nachhaltigkeit und Digitalisierung als große Ziele
2019 startete das sogenannte WerkStadtForum mit diversen Veranstaltungen und Expertenrunden. Klimaneutralität ist auch hier eines der als Prozessergebnis 79 formulierten Zielen. Also: weniger Autos, mehr Fahrräder, weniger Wasserverschwendung, mehr erneuerbare Energien. Sogar Drohnenanflugplätze spielen eine Rolle. Der Autoverkehr erfährt bis 2040 eine Reduzierung um 40 Prozent, entlastet damit vor allem den Kurfürstendamm, die Tauentzienstraße, den Kaiserdamm und die Kantstraße. Im Gegenzug könnten 30.000 neue Fahrradplätze an Bahnstationen und zentralen Plätzen im Bezirk entstehen. Mobilitäts-Hubs stellen Alternativen zum Auto dar.
Das Recycling von Regenwasser und begrünte Fassaden tun außerdem ihren ökologischen Dienst. Nachhaltigkeit drückt sich zudem in Photovoltaik-, Solar- oder Windkraftanlangen aus, die in oder an Neubauten entstehen. Apropos Neubau: Das WerkStadtForum sieht 20.000 neue Wohnungen vor, wobei jetzige Grünflächen und historische Bauten bestehen bleiben sollen.
Diese Unternehmen setzen die Charta City West direkt um
- Die WIWELA BAU Projekt GmbH hat diese Aussage direkt in ein Projekt umgesetzt. Das Grundstück an der Wilmersdorfer Straße 82-83 wartet seit mehr als zehn Jahren auf Erlösung. Weder Wohnungen noch Gewerbeflächen sind vermietet und würden auch niemanden finden, der dafür einen Cent zahlen will. Am Adenauerplatz, in Blickweite zum Kurfürstendamm, soll nun endlich ein Büro- und Geschäftshaus mit Wohnungsanteil an der ruhigeren Wilmersdorfer Straße entstehen. Der Bauherr hat die Charta gut gelesen, will mit begrünten Dächern, Solarpaneele, elektrifizierten Parkplätzen, Radabstellplätzen und einem Mobility Hub punkten.
- Zu einem Quartier der Zukunft gehören natürlich – ebenfalls verankert in der Charta – Mobilfunk im 5G-Standard sowie der Ausbau des Glasfasernetzes als wichtige Faktoren vor allem für die Wirtschaft. Damit diese optimal arbeiten kann, bedarf es moderner Büros. Ein Beispiel: die Uhlandstraße 187. 4.200 Quadratmeter entstehen im Herzen von Charlottenburg zwischen Savignyplatz und Kurfürstendamm. Im September wird das Richtfest des von der AOC Immobilien AG entwickelten Projektes sein. Vom Erdgeschoss bis ins sechste Obergeschoss erstrecken sich später Büros, die durch ihre hochwertige Ausstattung den modernsten technischen Ansprüchen gerecht werden. Kurze Wege zum S-Bahnhof, zur U-Bahn und zu mehreren Buslinien sorgen für eine hervorragende Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz der Hauptstadt.
- Das 60 Meter hohe Gebäude The Westlight befindet sich in der Budapester Straße 35, Ecke Kurfürstenstraße und bietet Büro- und Einzelhandelsflächen auf 19.500 Quadratmetern, verteilt auf 15 Etagen, sowie eine begehbare Dachterrasse. Entwickler Barings nennt es das „Eingangstor zur City West“.
- Überlegungen stellt das Unternehmen BAUWENS an, das sich am Nollendorfplatz ein Grundstück sicherte, das in der Vorkriegszeit mit einem etwa 5.500 Quadratmeter Bruttogeschossfläche großen Wohn- und Geschäftshaus bebaut und im Krieg zerstört wurde.
- Bereits einige Schritte weiter ist Adam Europe mit den Mulberry Yards. Südlich vom Kurfürstendamm entstand eine E-förmige Wohnanlage. Die beiden begrünten Innenhöfe werden mit Maulbeerbäumen bepflanzt – daher der Name.
- Das irische Bauunternehmen Cannon & Cannon errichtete in der Spreestadt ein Quartier mit 272 Eigentumswohnungen. No. 1 Charlottenburg heißt es und besteht aus zwei Hoch- und 13 Stadthäusern mit 116 Zwei- bis-Fünf-Zimmer-Einheiten.
- Das wohl spannendste Projekt in all seinen Facetten bleibt aber wohl das Karstadt am Hermannplatz. Das Unternehmen SIGNA als Eigentümer müht sich um eine nachhaltige Sicherung des Warenhausstandortes durch einen Neubau, die Sicherung der bestehenden und die Schaffung weiterer Arbeitsplätze, die Realisierung eines attraktiven Nutzungsmixes. Gar nicht so einfach, denn der Projektentwickler kämpft an vielen Fronten. Fast könnte man es ein Paradebeispiel dafür nennen, wie Investoren in der Zwickmühle versuchen, es allen recht zu machen. Um zu einem Erfolg zu kommen. Die Gremien des Senates müssen befriedigt werden, der Dialog mit den Anliegern & Einwohnern muss geführt werden, es gab Sprechstunden und Diskussionen über eine Fahrradstraße. Auf allen Kanälen – vor allem auch im Social Media-Bereich – kann man das Bemühen verfolgen, ein Happy End zu erzielen. Ob das gelingt, ist allerdings offen. SIGNA formuliert diese durchaus außergewöhnliche Strategie sehr einfach: „Wenn ganz Berlin zusammenkommt, um an einer Idee zu tüfteln, kann Großes entstehen.“
Berlin bleibt auch in Corona-Zeiten Immobilien-Investment-Hochburg