Clemens Fuest vom ifo Institut: „Wir müssen mehr und nicht weniger investieren“

Clemens Fuest vom ifo Institut: „Wir müssen mehr und nicht weniger investieren“

Clemens Fuest vom ifo Institut: „Wir müssen mehr und nicht weniger investieren“
Die INVESTMENTexpo gehört zu den anerkanntesten Veranstaltungen in Deutschland. Quelle: IMMOCOM

INVESTEMENTexpo: Eröffnet wird der Treffpunkt der Immobilienbranche von Prof. Dr. Steffen Sebastian von der IREBS. In seiner Keynote verwies danach Clemens Fuest vom ifo Institut auf die wirtschaftlichen To-dos, die für Deutschland notwendig sind, um nicht noch weiter abgehängt zu werden.

Mit uns zur richtigen Zielgruppe

Die INVESTEMENTexpo von RUECKERCONSULT platziert jedes Jahr Investoren und anerkannte Namen der Immobilienbranche zu großen Themen. In Berlin eröffnete Prof. Dr. Steffen Sebastian den Kongress. Der Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS, der International Real Estate Business School der Universität Regensburg, schätzte die aktuelle Lage ein: „Ich habe noch kein Modell gesehen, dass eine Trendwende für die Immobilienwirtschaft 2025 zeigt.“ Er halte diese Hoffnung für unbegründet, auch weil nach einem Super-Zyklus eben meist der Super-Abschwung folge. Kurzum: Die Krise kann nicht nach zwei Jahren vorbei sein.

Weiteren Zinssenkungen im Quartalstakt erteilte er eine Absage, genau wie einer geldpolitischen Wende. „Für die Immobilienwirtschaft sind die kurzfristigen Zinsentscheidungen nicht relevant, es muss mit dem jetzigen Niveau gearbeitet werden und das wird auch gehen.“ Trotz instabiler Förderkulissen und wenig Hoffnung auf eine Unterstützung der Regierung. „Die Immobilienwirtschaft hat schon viele Krisen erlebt, sie wird nicht zerbrechen. Also bin ich doch positiv und hoffnungsvoll“, beendete er sein Statement.

Diesen Faden nahm Clemens Fuest direkt auf: „Wir brauchen Optimismus, der zu Tatkraft führt. Es gibt keinen Anlass Angst zu haben.“ Der Ökonom, Politikberater und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie aktueller Präsident des ifo Institutes, mahnte eine klare Analyse an, die er direkt präsentierte. Die Umschreibung „nicht ganz so großartige Fakten“ ließ die 400 Gäste im Berliner Zoopalast bereits ahnen, was es zu hören gibt.

„Hochbau in ganz schlechter Situation“

Zwar haben sich die Geschäftserwartungen auf einem niedrigen, stabilen Niveau eingependelt, nur: „Das Bauhauptgewerbe, vor allem der Hochbau, ist in einer ganz schlechten Situation.“ Das dient allerdings nur als Intro in ein – wie es später Zuhörer sagen – Drama um den Wirtschaftsstandort Deutschland. Clemens Fuest zeigte sich immer von einem Hauch Optimismus umgeben, weil alles Schlechte immer die Chance auf Verbesserung beinhalte. Trotzdem: Die Daten katapultieren das erfolgsverwöhnte Deutschland in ein Mittelmaß.

Der Präsident des ifo Institutes Clemens Fuest analysierte die deutsche Wirtschaft – mit wenig guten Aussichten. Quelle: IMMOCOM

„Deutsche Wirtschaft stagniert im Vergleich der G7-Staaten“

Die wirtschaftspolitische Unsicherheit ist, hier treffen sich Gefühl und Daten, sehr hoch, das gilt auch für den internationalen Vergleich. „Deutschland ist ein klarer Ausreißer nach oben, die Unsicherheit 2023 in Deutschland war so hoch wie in England im Jahr des Brexits“, so Clemens Fuest. In den folgenden Ausführungen wird es bitter: Im Vergleich zu den anderen G7-Staaten stagniert die deutsche Wirtschaft, fällt weiter zurück. Unternehmensinvestitionen brachen während der Pandemie ein, haben sich bis heute nicht erholt. „Wir wollen die Wirtschaft transformieren: Da müssen wir mehr und nicht weniger investieren. Wir marschieren also in die falsche Richtung“, so Clemens Fuest.

Langfristige Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft sinkt

Sein Institut senke zudem die Produktionspotenzial-Schätzung, die einen Hinweis auf die langfristige Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft bietet. Dazu kommen Rückstände im Bereich Finanzierung. Und: Die viel gerühmte Arbeitsintensität der Deutschen ist ein Narrativ geworden, das so keine Berechtigung mehr hat. Die Menschen in Deutschland verbringen weniger Zeit im Job. „Wir Deutschen sind nicht mehr die Spaßbremsen, die nur arbeiten“, sagte Clemens Fuest dazu.

Zweiter Punkt Richtung Zukunft: Ausgaben für Wissenschaft und Forschung. Auch hier zeigt sich Deutschland eher zurückhaltend. Die Bruttoausgaben für Forschung und Entwicklung der europäischen Länder verlieren den Anschluss bei den Ausgaben. Oder wie der Experte es nennt: „Deutschland sitzt in der Mitteltechnologiefalle.“ Weil es nicht in Hochtechnologie, wie Biotechnologie, Kraft hineinsteckt, sondern eben in Mitteltechnologie. „Wir investieren in Industrie in tiefer Transformation und müssen uns fragen, ob es klug ist, weiterhin beispielsweise in Autoindustrie Zeit und Geld zu stecken, wenn wir ansonsten abgehängt werden.“ Allein Amazon investiere in seine Forschung pro Jahr so viel wie Frankreich. Lapidare Einschätzung von Clemens Fuest: „Wir haben viel Luft nach oben.“

Eine Agenda für Wachstum hatte Clemens Fuest natürlich zu bieten: Es gehe nun darum, Arbeitsangebotsreize zu verbessern, was Steuer- und Transfersysteme oder das Rentensystem betreffe. Klimapolitisch forderte er weniger Kleinteiligkeit, es gehe eher um das Vorantreiben der globalen Kooperation mit einem klaren Fokus auf Technologie. Der Außenhandel müsse dazu stärker diversifiziert werden, im Technologiewettlauf gewinnen nur die, die sich um Innovationen und Startups kümmern. Auf die Politik angesprochen, holte der Ökonom all seine diplomatischen Fähigkeiten hervor: „Die Politik ist sehr auf die Aktualität der nächsten Wochen und Monate fokussiert. Wir schauen eher auf die kommenden Jahre, dafür fühlen sich einige nicht zuständig, andere machen sich bereits Sorgen.“