Tanja van Drunen, Partnership Development Manager bei SEGRO Germany, hat sich für IMMOBILIEN AKTUELL mit dem sozialen Engagement von Gewerbe- und Logistikentwicklern beschäftigt.
Eine funktionierende Gesellschaft lebt davon, das Wohlergehen aller zu unterstützen, die ihr angehören. In der Immobilienwirtschaft ist es daher umso wichtiger, beim Thema Corporate Social Responsibility (CSR) nicht nur innerhalb der eigenen Grundstücksgrenzen zu denken. Natürlich sind Grundrisse, Konzepte und Materialien, die das Wohlgefühl am Arbeitsplatz fördern, sehr wichtig. Genauso relevant ist es jedoch, Gemeinschaftsflächen bereitzustellen, die der Nachbarschaft offenstehen und soziale Interaktion fördern. Doch damit ist es nicht allein getan. Während Projektentwickler und Eigentümer von Wohnimmobilien relativ häufig lokale Vereine sponsern und anderweitig soziale Mehrwerte bieten, ist das bei Logistik- und Gewerbeimmobilien noch nicht immer der Fall. Dabei ergeben sich gerade dort besondere und vielfältige Möglichkeiten.
Standortspezifische Konzepte nicht nur im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit aufstellen
Ein Immobilienentwickler, der vorausschauend agiert, setzt sich allein schon aus wirtschaftlichen Gründen mit der Nachbarschaft der jeweiligen Immobilie auseinander. Schließlich geht es darum, neue und passende Mieterprofile anzusiedeln, die lokale Wirtschaft zu stärken und ökonomischen Mehrwert für die Gemeinde zu bieten. Doch die soziale Verantwortung der Unternehmen geht darüber hinaus. Es braucht standortspezifische Konzepte, die über diese rein wirtschaftliche Betrachtungsweise hinausgehen.
Denn es gibt kein Patentrezept. Was die (soziale) Außenwirkung betrifft, unterscheiden sich beispielsweise innerstädtische Grundstücke stark von der Peripherie; strukturschwächere Gemeinden haben andere Bedürfnisse als ökonomisch starke; Liegenschaften in dicht besiedelten Gebieten wirken anders in ihre Nachbarschaft als solche, die sich vor allem zwischen anderen Gewerbearealen befinden. Deshalb ist es wichtig, die jeweilige Mikro- und Makrolage zu kennen. Idealerweise steht der Immobilienentwickler dabei in einem offenen Dialog mit der betroffenen Kommune und den Anwohnern. Denn niemand kennt einen Standort so gut wie diejenigen, die dort leben.
Vielfältiges Engagement möglich, am besten in Abstimmung mit der Verwaltung
Der erste Schritt sollte bei allen Maßnahmen deshalb immer sein, das Gespräch mit den Entscheidungsträgern der öffentlichen Hand zu suchen. Die Menschen vor Ort kennen ihre eigenen Bedürfnisse am besten und wissen, wo welcher Einsatz die größte Wirkung zeigt. Nahezu überall gibt es bereits soziale Einrichtungen, die auf Förderungen und Spenden angewiesen sind, etwa Tafeln, gemeinnützige Vereine, Kindergärten und Schulen. Im Sinne der Nachbarschaftshilfe lohnt es sich jedoch, darüber hinaus die Zusammenarbeit und den Austausch zu suchen. Das kann beispielsweise darin bestehen, dass Mitarbeitende einen Tag im Jahr selbst mit anpacken und etwa für Bedürftige kochen oder helfen, ein Sommerfest zu organisieren – oder aber die Räumlichkeiten einer lokalen Einrichtung zu streichen beziehungsweise anderweitig aufzuwerten.
Bildungsprojekte für alle Altersgruppen
Dabei sollte darauf geachtet werden, dass Schülerinnen und Schüler auch mit den Themen Berufsorientierung und Umweltbildung in Berührung kommen. Es ist wichtig für Jugendliche, zu lernen, wo die Produkte, die sie täglich nutzen, herkommen und wie sie in die Läden und letztendlich zu ihnen gelangen. Eine Führung durch einen Gewerbepark mit seinen unterschiedlichen Mietern oder ein Einblick in den Alltag eines Logistikbetriebes ist eine Erfahrung, die sich im Klassenzimmer nicht nachahmen lässt. Auf diese Weise können sich die Schülerinnen und Schüler vor Ort auch über Karrieremöglichkeiten informieren.
Schnupper- und Schülerpraktika oder Berufsorientierungstage sind weitere Gelegenheiten, den Kontakt zu Schulen in der Nähe aufzubauen. Sie haben zudem den doppelten Nutzen, dass sie nicht nur den Jugendlichen bei der Berufswahl helfen, sondern auch Werbung für die beteiligten Unternehmen als Arbeitgeber machen. Vor allem, wer dann auch Ausbildungsplätze anbietet, kann sich so die Fachkräfte von morgen frühzeitig sichern.
In anderen Gemeinden geht es womöglich stärker darum, die Lücke zwischen gesuchten und vorhandenen Qualifikationen zu schließen. Gerade Orte, an denen viele Geflüchtete untergekommen sind, haben oft das Problem, dass dort viele junge Menschen zwar arbeiten wollen, aufgrund der Sprachbarriere jedoch schwer zu vermitteln sind. Hier lohnt es sich, Integrations- und Sprachkurse zu unterstützen – mit Spenden, mit Freiwilligenarbeit, aber auch, indem das Unternehmen bei der Organisation hilft und wenn möglich außerhalb der Arbeitszeiten Räume zur Verfügung stellt. Hierbei gilt ebenfalls: Wer heute von einem Unternehmen beim Lernen unterstützt wird, wird morgen vielleicht die Fachkraft sein, die es dringend benötigt. Ähnliches gilt für PC-Kurse für Geflüchtete sowie Schülerinnen und Schüler.
Stärkung für Reputation und Arbeitgebermarke
Soziales Engagement lohnt sich also für Unternehmen. Es stärkt nicht nur ihre Reputation und Arbeitgebermarke, es fördert ebenso den Teamgeist und die Motivation sowie die Zusammenarbeit mit ansässigen Unternehmen. Auch die Berichtspflichten für alle Bereiche von ESG, also nicht nur für Environmental-, sondern auch für Social- und Governance-Aspekte, werden zunehmend strenger. Bestes Beispiel ist die im Januar 2023 in Kraft getretene und künftig stetig verschärfte CSRD-Richtlinie, der zufolge große nicht börsennotierte sowie spezielle mittelständische Unternehmen ab 2026 ihr soziales Engagement offenlegen müssen. Wer sich daher frühzeitig mit standortgerechten Konzepten gut aufstellt, ist für kommende Regularien ideal gewappnet.