Dänemark: Der Garten Eden des europäischen Wohnungsbaus?

Dänemark: Der Garten Eden des europäischen Wohnungsbaus?

Dänemark: Der Garten Eden des europäischen Wohnungsbaus?
Dänemark gilt als vorbildliches Beispiel für sozialen und nachhaltigen Wohnungsbau. Copyright: C1superstar auf Pixabay (links) + torben7400 auf Pixabay (rechts)

Immer wieder wird Dänemark als vorbildliches Beispiel für sozialen und nachhaltigen Wohnungsbau genannt. Gleichzeitig stehen die nach dem Zweiten Weltkrieg in großem Stil erbauten Sozialwohnungen vor Problemen. Und auch sonst ist im Norden nicht alles so rosig.

Agentur

Dänemark steht im Ruf, qualitativ guten und allen voran ausreichenden Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung geschaffen zu haben. Schon von der Idee her war der soziale Wohnungsbau in Dänemark ein Volksprodukt. Öffentlich geförderte Wohnungen sollten der gesamten Bevölkerung dienen, insofern ist eine Bewerbung bis heute jedem zugänglich. Die starke dänische Tradition des sozialen Wohnungsbaus unterstützt gerade einkommensschwache Familien und fördert die Errichtung von Wohnungen für Senioren und Menschen mit Behinderungen. Fast 20 Prozent der Menschen in Dänemark bewohnen derzeit eine Sozialwohnung.

Trotzdem hat der Ruf der Großwohnsiedlungen gelitten. Die Verkettung von wirtschaftlichen, baulichen, sozialen und architektonischen Problemen haben die Schattenseite des Phänomens sozialer Wohnungsbau gezeigt. Wer es sich erlauben kann, wohnt lieber woanders. Das führt umgekehrt zu Wohnsiedlungen, in denen hohe Arbeitslosigkeit, geringe Schulbildung und hohe Kriminalität vorherrschend sind.

Masterplan sieht Siedlungsumbau bis 2030 vor

Dänemark hat vor einigen Jahren die Reißleine gezogen. Das neue Ziel: eine soziale Durchmischung der Wohnsiedlungen. Hierzu soll durch umfangreiche bauliche Veränderungen die Mittelschicht umliegender Stadtteile angezogen werden. Inwieweit dies gelingt, bleibt abzuwarten. Der dänische Masterplan sieht den Umbau der Siedlungen bis 2030 vor. Die Rückmeldungen sind bislang zwiespältig. Die Bewohner stehen den baulichen Veränderungen wie Durchfahrtsstraßen oder Bauschneisen skeptisch gegenüber. Der Zuzug im Sinne der erwünschten Durchmischung läuft eher schleppend.

Genossenschaften als dänische „Dritte Säule“

Eine in Deutschland zwar bekannte, aber unter den Akteuren des Wohnungsmarktes vergleichsweise unterrepräsentierte Gruppe bilden die gemeinnützigen Genossenschaften. Diese stellen in Dänemark eine tragende Säule neben klassischer Miete und Eigentum dar. Durch das Erwerben von Anteilen an einer solchen Genossenschaft ergeben sich das Nutzungsrecht an einer Wohnung sowie Einflussmöglichkeiten auf Sanierungsmaßnahmen und Umbau.

In Kopenhagen lag der Anteil an genossenschaftlichen Wohnungen 2007 noch bei 30 Prozent. Gleichzeitig hat die Liberalisierung des dänischen Wohnungsmarktes ab 2004 zu einer Trendwende bei der Neugründung der Genossenschaften geführt. Für ganz Dänemark betrug der Anteil privater Genossenschaften am Wohnungsmarkt zuletzt etwa acht Prozent. Hier ergibt sich weiteres Ankaufpotential, sollten deren Hypotheken nicht mehr bedient werden können.

Das genossenschaftliche Wirtschaften bietet, wie das dänische Exempel zeigt, Vorteile für die Quartiersentwicklung. Hier zogen Zusammenschlüsse von Mietern häufig gemeinsam ihr Vorkaufsrecht und bewahrten ihre Häuser damit vor einer Umwandlung zu Eigentumswohnungen oder einer Flächenkonversion zu Büros. Auch der Staat beteiligte sich an genossenschaftlichen Gründungen: Er kaufte Wohnungen auf, falls sich die Bewohner eine Sanierung nicht leisten konnten. Nach der Sanierung wurden die Gebäude unter der Bedingung reprivatisiert, dass die Bewohner eine Genossenschaft gründeten.

Zudem verändert genossenschaftliches Wohnen die Bewohnerkultur. Das gemeinsame Eigentumsprojekt zum Erhalt des Quartiers und der eigenen Wohnung schweißt zusammen. Genossenschaften traten in der Vergangenheit immer wieder als Innovationstreiber für nachhaltiges und kreatives Bauen in Erscheinung. Diese architektonisch hochwertigen Wohnungen werden dementsprechend von einer zahlungskräftigeren Klientel nachgefragt, auch wenn es sich hierbei immer noch um nominell „sozialen“ Wohnungsbau handelt.

Erhöhung der Eigentumsquote hat in Dänemarkt keine Priorität

Gleichzeitig liegt die Wohneigentumsquote in Dänemark nur minimal höher als in Deutschland. Anteilseigener einer Genossenschaft gelten nämlich nicht als Immobilieneigentümer. Dieses Phänomen gilt es zu berücksichtigen, wenn man die europäischen Wohnungsmärkte vergleichen möchte. Die Erhöhung der Eigentumsquote hat deshalb in Dänemark keine Priorität.

Energieeffizienz stellt Wohnungsbau in Dänemark vor Herausforderungen

Ein weiteres wichtiges Merkmal der dänischen Wohnungspolitik stellt die Förderung des nachhaltigen Wohnungsbaus dar. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 die Klimaneutralität der gesamten Wirtschaft zu erreichen. Hierbei spielt der Wohnungsbau eine entscheidende Rolle. Dänemark hat strenge Energieeffizienzvorschriften für den Wohnungsbau erlassen, um diese Fördertöpfe nutzen zu können. Die genossenschaftlichen Strukturen stehen hierbei vor immensen Sanierungsherausforderungen. Viele Genossenschaften haben in der Vergangenheit bereits saniert und damit größere Investitionen getätigt. Inwieweit deren Kapital bei der aktuellen Zinslage für eine weitergehende energetische Modernisierung ausreicht, ist unklar.

Preisentwicklung zeigt steil nach oben

Die anspruchsvollen energetischen Standards haben zu höheren Entwicklungskosten geführt, die für eine auskömmliche Rentabilität der Projekte durch den Endkunden kompensiert werden müssen. Die Preisentwicklung am Markt zeigt in den vergangenen Jahren dementsprechend vor allem bei Eigentumswohnungen steil nach oben. Allein zwischen 2008 und 2022 sind die Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen im landesweiten Durchschnitt um 72 Prozent gestiegen.

Diese Steigerung hielt bis zum zweiten Quartal 2022 an, ist zuletzt aber zinsbedingt um knapp elf Prozent eingebrochen. Die Mietrendite hält sich derzeit zwischen 4,3 bis 4,6 Prozent. Die zukünftige Entwicklung bleibt trotzdem ungewiss. Durch die kleine Fläche des Landes ist das Stadt-Land-Gefälle auch bei den Preisen deutlich kleiner als in Deutschland.

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