„Sozialimmobilien sind die Hardware der Gesellschaft“, sagt Sven Carstensen, Vorstand der bulwiengesa AG. Wohl auch deshalb nehmen immer mehr Investoren diese Assetklasse verstärkt in den Fokus. Audere und die Barton Group haben dafür eine Initiative gegründet, bulwiengesa legt einen ersten Research-Bericht auf.
„Wir haben Planungssicherheit mit Immobilien der öffentlichen Infrastruktur“, sagt Dominik Barton. Der geschäftsführende Gesellschafter des familiengeführten, bundesweit tätigen Immobilien-Investmenthauses Barton Group beschäftigt sich schon länger mit diesem Thema, will diese Immobilien nun „als additives Produkt“ mit aufnehmen. Sozialimmobilien rücken als neue Asseklasse immer stärker in den Fokus.
Sozialimmobilien immer begehrter bei Investoren
Mit dem Argument der Planungssicherheit hat er eine der stärksten Positiv-Aspekte herausgearbeitet. Sven Carstensen, Vorstand der bulwiengesa AG, sagt: „Sozialimmobilien sind die Hardware der Gesellschaft.“ Investmentalternativen werden durch den hohen Kapitaldruck derzeit und in Zukunft gefragter, der Bedarf sei riesig. Auch von Seiten der Kommunen. Steigende Anforderungen im Bereich ESG, weiterer Büroflächenbedarf sowie die Bereitstellung von Kita-Plätzen auch für Kinder unter drei Jahren oder Bildungseinrichtungen sind nur ein Auszug der vielen Aufgaben, die im Sinne des Gemeinwohls bewältigt werden müssen. „Die Investitionsrückstände sind bereits jetzt immens. Aktuell gehen wir von einem Investitionsstau von geschätzt rund 150 Milliarden Euro aus“, so Sven Carstensen.
Immobilien der öffentlichen Infrastruktur
Verwaltungsimmobilien
- dazu gehören Gebäude des öffentlichen Sektors, der die zweithöchste Anzahl von Bürobeschäftigten in Deutschland hat
- Interesse an langfristigen Mietverträgen
- zum Teil sind Miet-Preisaufschläge von etwa 20 Prozent im Vergleich zur Umfeldmiete erzielbar
- Flächenmangel in A- und B-Städten sorgt für verstärkte Nachfrage nach Neubau, in denen Spitzenmieten bezahlt werden
Immobilien der öffentlichen Sicherheit
- dazu gehören unter anderem Institutionen und Behörden auf Bundes- und Landesebene (zum Beispiel Staatsanwaltschaft oder Polizei)
- wie bei Verwaltungsimmobilien: keine Umsatzsteuer fällig
- Aufpreis um bis zu 20 Prozent bei Mieten möglich
Bildungsimmobilien
- dazu gehören Schulen und Kitas
- Investitionsstau im Schul- und Bildungswesen beläuft sich auf knapp 47 Milliarden Euro
- allein bis 2030 soll es etwa eine Million Schüler mehr geben
- etwa 342.000 Betreuungsplätze in Kitas fehlen derzeit
Grafik: Vorteile und Nachteile der Öffentlichen Hand als Mieter
Sozialimmobilien als sicherheitsorientierte Kapitalanlage
„Als private Investoren sehen wir uns als Problemlöser“, so Dominik Barton. Wichtig sei der Schulterschluss zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand. „Ich halte diese Immobilien für eine sicherheitsorientierte und daher resiliente Kapitalanlage.“ Trotzdem sei dieser Bereich noch eine Blackbox. Zum einen gelte das für die sehr unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Bundesländer, zum anderen auch für die Zahlen.
„Der Bedarf an Research ist in diesem Bereich sehr hoch“, so bulwiengesa-Vorstand Sven Carstensen. Die nun veröffentlichte Kurzstudie ist dafür ein Anfang. Beauftragt wurde sie von der Barton Group und Audere. Beide Unternehmen haben die Initiative „Immobilien der öffentlichen Infrastruktur“ gegründet. Sie soll Transparenz schaffen und die Öffentliche Hand, soziale Träger und Immobilienwirtschaft an einen Tisch bringen, um gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.
„Das Ziel muss ein direkter, interdisziplinärer Dialog sein“, sagt Horst Lieder, Geschäftsführender Gesellschafter von Audere. „Wir sehen eine sehr hohe Bereitschaft der Kommunen dazu. Natürlich herrscht auch dort Personalmangel. Hier ist es wichtig, dass die einzelnen Städte Prioritäten setzen, um die Anforderungen zu meistern.“ Fehlendes Knowhow und eben auch Personal können Projektentwickler und Investoren bereitstellen, im Gegenzug erzielen diese stabile und langfristig gesicherte Renditen.
Dominik Barton wird das Thema Sozialimmobilien auch beim Ruhr Immobilienkongress von IMMOCOM im Auftaktpanel näher beleuchten.
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Kein typisch deutscher Trend
Sozialimmobilien sind allerdings kein typisch deutscher Trend. Der Global-Investor FRANKLIN TEMPLETON beispielsweise kaufte fünf weitere Immobilien. Zu den neuen Objekten gehören ein Pflegeheim in Madrid, Sonderschulen in London und Manchester, Jobcenter in Barcelona und Dortmund sowie eine Studentenwohnanlage in Kopenhagen. Die Plattform, die von Franklin Real Assets Advisors (FRAA) verwaltet wird, hat seit ihrem Start im Juli 2018 22 Vermögenswerte im Gesamtwert von über 560 Millionen Euro erworben.
Raymond Jacobs, Managing Director und Portfoliomanager der FRAA, sagt: „Wir freuen uns über die Fortschritte der Strategie für soziale Infrastruktur seit ihrer Auflegung im Juli 2018 und über die dreijährige Erfolgsbilanz bei Investitionen mit einem doppelten Renditeziel. Die Strategie zielt darauf ab, eine marktübliche Immobilienrendite und gleichzeitig eine soziale und ökologische Wirkung zu erzielen.“
Die Pandemie habe gezeigt, dass öffentliche Investitionen allein nicht ausreichen, um eine angemessene soziale Infrastruktur zu unterstützen. Der Sektor erweise sich als wichtige, institutionelle Möglichkeit, Portfolios auf den gesellschaftlichen Nutzen auszurichten und eine wettbewerbsfähige finanzielle Performance zu erzielen. 2022 sei der Eintritt in weitere Länder geplant. „Wir finden viele Möglichkeiten, die Quantität und Qualität der sozialen Infrastruktur direkt zu steigern, und haben eine solide Pipeline mit Investitionen von über einer Milliarde Euro in ganz Europa.“
Sven Carstensen fasst die Vorteile von Sozialimmobilien in aller Kürze zusammen: „Sie haben eine hohe Cashflow-Sicherheit, das Geld ist sicher verzinslicht. Zudem werden die Anforderungen an ESG auch in diesem Bereich für einen Schub und eine hohe Nachfrage sorgen.“