Je enger es in den Top Sieben wird, umso mehr treten B- und C-Lagen aus dem Schatten ins Licht: verfügbare Flächen, gesunde Mieten, nennenswerte Renditen, kooperative Kommunen. Ganz Mitteldeutschland ein Schlaraffenland? Wie bewertet etwa Dessau-Roßlau das wachsende Interesse der Investoren? Im Interview spricht Dr. Robert Beck, Beigeordneter für Wirtschaft und Kultur, über die Nachfrage bei Wohneigentum, den Abbau bürokratischer Hürden und das Jubiläumsjahr des Bauhauses.
IMMOBILIEN AKTUELL: Laut dem Risiko-Rendite-Ranking 2018 der Dr. Lübke & Kelber GmbH für Ostdeutschland führt der Erwerb, also die Finanzierung einer Eigentumswohnung im Bestand, zu einer niedrigeren durchschnittlichen Haushaltsbelastung als eine vergleichbare Bruttomiete. Besonders lohnend sei Wohneigentum in Dessau-Roßlau. Erleben Sie eine stärkere Nachfrage?
Dr. Robert Reck: Wir verzeichnen derzeit eine stärkere Nachfrage nach kommunalen Grundstücken zum Zwecke der Bebauung mit Eigenheimen. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, arbeitet die Verwaltung an der Neuausweisung von Baugebieten.
IMMOBILIEN AKTUELL: Welche stadtprägenden Projekte gilt es 2020 weiter voranzutreiben?
Dr. Robert Reck: Hierzu gehört sicherlich der geplante Hotelneubau im Bereich des Schlossplatzes. Insgesamt soll der gesamte Bereich der Stadteinfahrt Ost und angrenzender Mulde- landschaft einer Aufwertung unterzogen und dort mehr Aufenthalts- und Erlebnisqualität geschaffen werden. Mit der Enthüllung des Junkers-Denkmals und der Einleitung eines Bürgerbeteiligungsprozesses für diesen Bereich sind erste Schritte getan.
IMMOBILIEN AKTUELL: In der Eröffnungsbilanz ist zu lesen, dass die Kommune insgesamt 571 Gebäude und 308 Garagentrakte besitzt. Welches Potenzial schlummert in dem Stadteigentum? Soll davon etwas verkauft werden?
Dr. Robert Reck: Grundsätzlich darf städtisches Vermögen nur veräußert werden, sofern es für die Erfüllung der städtischen Aufgaben nicht mehr benötigt wird. Viele kommunale Gebäude werden von der Stadt selbst genutzt. Eine Veräußerung von größeren Einheiten ist nicht vorgesehen.
IMMOBILIEN AKTUELL: Die Stellplatzsatzung wurde im Sommer 2019 für drei Jahre ausgesetzt. Eine sehr ungewöhnliche Entscheidung. Was steckt dahinter?
Dr. Robert Reck: Insgesamt gilt es, die Bauhausstadt noch attraktiver für Investoren, Unternehmen sowie Immobilienentwickler zu gestalten und Anreizsysteme für ein nachhaltiges Engagement zu schaffen. Hierzu gehört neben exklusiven Unterstützungsmöglichkeiten, wie unserer neuen Mittelstandsförderrichtlinie sowie dem Verfügungsfonds, auch der Abbau bürokratischer Hürden im Rahmen von geplanten Investitionsvorhaben. Gerade im verdichteten Innenstadtbereich mit sehr geringen Flächenkapazitäten standen sowohl die Erforderlichkeit als auch die zukünftige Umsetzbarkeit der Stellplatzsatzung erheblich in Frage. Außerdem verfügt Dessau-Roßlau mit seinem ÖPNV-Angebot, kurzen Wegen zu allen wichtigen Einrichtungen sowie einem gut ausgebauten Radwegenetz über hervorragende und – als Standort des Umweltbundesamtes – zugleich ökologische Mobilitätsalternativen.
IMMOBILIEN AKTUELL: Das Jubiläumsjahr des Bauhauses geht zu Ende: Hat Dessau die erhoffte Aufmerksamkeit auch abseits der Kultur bekommen?
Dr. Robert Reck: Mit seinem 100-jährigen Jubiläum richtet sich der Blick weltweit auf das Bauhaus und damit im Besonderen auf Dessau-Roßlau als die mit Abstand bedeutendste Wirkungsstätte. Damit liegt der Fokus der Aufmerksamkeit natürlich stark auf kultureller Ebene. Unsere Stadt hat jedoch weit mehr zu bieten. Wir haben eine lange Tradition als High-Tech- und Wissenschaftsstandort – denkt man unter anderem an Hugo Junkers und die Bauhaus-Schule – die bis heute anhält und fortgeschrieben wird. Unsere Stadt liegt zudem zwischen Berlin, Leipzig und Halle (Saale), in der Mitte Deutschlands. Damit empfiehlt sich Dessau-Roßlau für Investoren und Gründer und nicht zuletzt als erstklassige Wahl für junge Menschen und Familien, für die Wohnraum in den Ballungszentren mehr und mehr unerschwinglich wird. Das Jubiläumsjahr trägt insofern ganz sicher dazu bei, die Aufmerksamkeit auf all diese Standortfaktoren zu steigern.