Der Energiewende-Kongress der Deutschen Energie-Agentur (dena) in Berlin thematisierte die brennendsten Themen. So ging es um Transparenz und Planungssicherheit bei der Energiewende sowie um die anvisierte Klimaneutralität, auf welchen Wegen man sie erreichen kann und warum sie von allen Seiten mehr Akzeptanz benötigt.
„Wir brauchen Tempo bei der Transformation“, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft. „Ohne Versorgungssicherheit bricht die Akzeptanz weg.“ Bei dem dena Energiewende-Kongress in Berlin stand das Thema Planungssicherheit der Energiewende – aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet – im Mittelpunkt.
Prof. Dr. Barbara Praetorius, Professorin für Umwelt und Nachhaltigkeit von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, warb für das Klimageld und die Beachtung des sozialen Elementes. Der rote Faden durch mehrere Diskussionsrunden: Akzeptanz schaffen. „Wir müssen für Verständnis für das Erreichen der Klimaneutralität werben“, sagte beispielsweise Corinna Enders, Geschäftsführerin der Deutschen Energie-Agentur (dena). Denn dieser Weg führe zu tiefgreifenden Veränderungen, „die Menschen müssen abgeholt werden, es braucht vielfältige Informationsangebote“. Dr. Philipp Nimmermann, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, warnte vor Diskussionen über die Dinge, die nicht funktionieren werden. Das sei nicht zielführend, im Fokus müssten die Ziele stehen: sichere, saubere und bezahlbare Energie.
Finanzierung der Energiewende: „Gros muss der private Kapitalmarkt tragen“
Transparenz und Planungssicherheit waren zwei weitere Schlagwörter. Diese haben nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Nachtragshaushalt 2021 eine noch höhere Brisanz: Damals hatte die Ampelkoalition 60 Milliarden Euro, die eigentlich zur Bekämpfung der Pandemiefolgen gedacht waren, umgewidmet und in den Klimafonds verschoben. Nun verpasste das Bundesfinanzministerium Deutschland eine Haushaltssperre für 2023, alle Planungen für 2024 kommen wieder auf den Prüfstand.
Bereits vor diesen Ereignissen sagte Prof. Dr. Barbara Praetorius bei dem dena-Kongress: „Die Energiepreise sind nicht das einzige Thema, das zu lösen ist. Bei der Finanzierung der Energiewende braucht es eine staatliche Flankierung. Ich glaube nicht, dass wir alles nur durch die Privatwirtschaft steuern können.“ Staatssekretär Dr. Philipp Nimmermann unterstrich: „Das Gros muss der private Kapitalmarkt tragen.“
Andreas Jung, Mitglied des Deutschen Bundestages, stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender und Sprecher für Klimaschutz und Energie der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, malte dazu folgendes Sprachbild: „In Deutschland sehen wir hinsichtlich der Investitionen eine Bonsailösung, da reicht schon der Blick nach Amerika.“ Dazu komme eine geringe Verlässlichkeit. „Zwei Jahre sind dafür nicht genug, hier brauchen wir Langfristigkeit.“ Es gebe bei allen Beteiligten eine Bereitschaft für Schnelligkeit und die Zustimmung an einen Tisch zu kommen. „Nur so können wir das gewünschte und notwendige Deutschland-Tempo erreichen.“
‚Riese‘ Bestand und das Potenzial der seriellen Sanierung
Der Bundestag beschloss kurz nach dem dena-Kongress das Wärmeplanungsgesetz und damit die rechtlichen Grundlagen für die verbindliche Einführung einer flächendeckenden Wärmeplanung. Das Gesetz ergänzt die im September beschlossene Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und soll zusammen mit dem GEG am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Ziel ist es, die Versorgung mit Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme auf Treibhausgasneutralität umzustellen, damit die Klimaschutzziele erreicht werden können.
„Die Fernwärme als zentrale Säule muss weiter ausgebaut werden“, sagte so auch Sören Bartol, Mitglied des Bundestages für die SPD und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Der Regierung sei es – seiner Meinung nach – gelungen, die Weichen für einen technologieoffenen Umstieg zu stellen.
Die Kommunale Wärmeplanung ist für die Städte allein oft nicht zu schaffen, hier schlug Sören Bartol Konvoiverfahren vor. „Wir müssen weg von dem reinen Energiethema, sondern einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Zu lange hatten wir beispielsweise bei Immobilien nur die Dämmung im Fokus. Die Klimaziele sind erreichbar, wenn der Bestand bearbeitet wird. Das Potenzial der seriellen Sanierung ist riesig, dieser Riese weckt gerade auf.“ Für die Immobilienbranche folgte der beruhigende Satz: „Neben der Energiewende wird auch die Bauwende vorangetrieben.“
Faktor Mensch beim Thema Klimaneutralität nicht vernachlässigen
Den roten Faden Akzeptanz spann Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland e.V., weiter. Sie berichtete über die enorme Unsicherheit der Menschen durch das Hin und Her beim GEG-Gesetz. Sie forderte klare und vor allem einfache Förderrichtlinien ein, mehr Beratungsmöglichkeiten. Die meisten privaten Eigentümer – also die Besitzer von Eifamilienhäusern – seien weder Bauexperten noch Baurechtler. „Es dürfen keine Ängste geschürt werden, sondern die Themen müssen sachlich und verständlich dargestellt werden“, so Verena Bentele.
Sandra Wehrmann, Vorstandsmitglied der degewo AG, bestätigte den Vertrauensverlust durch die Kommunikation zu Förderungen und dem GEG und betonte: „Fördermittel überhaupt zu bekommen, ist eine sehr große Herausforderung. Wir haben dafür nicht nur einen Mitarbeiter, wie sollen das aber ein kleiner Vermieter oder Privatleute stemmen?“ Karl-Sebastian Schulte, Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), fasste es so zusammen: „Der Faktor Mensch darf nicht vernachlässigt werden. Es bedarf der Optimierung des Dreiklanges aus Förderkulisse, ordnungsrechtlichem Rahmen und den menschlichen Bedürfnissen.“