Das Analysehaus bulwiengesa und der Immobilienfinanzierer BF.direkt AG haben den Development-Markt unter die Lupe genommen. Das Projektentwicklungsvolumen sackt – wenig überraschend – ab, Baustarts verzögern sich.
Diese Zahl spricht für sich: Etwa 1.500 Anmeldungen gab es für den gemeinsamen Online-Termin des Analysehauses bulwiengesa und des Immobilienfinanzierers BF.direkt AG. Vorgestellt wurden die aktuellen Zahlen zum Projektentwicklungsvolumen für das erste Halbjahr 2023. Knapp 22.400 Projekte von knapp 9.000 Akteuren flossen in die Betrachtungen ein.
„Eine Entwarnung an der Zinsfront wird nicht eintreten“, sagte Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG. „Wir müssen uns auf dem jetzigen Niveau einrichten.“ Seine Prognose: Die Transaktionen werden etwas, aber nicht maßgeblich anziehen, die Abschläge bleiben weiterhin hoch, die Spreizung im Markt wird größer. „Projekte werden weiter verschoben oder verlangsamt. Das ist für den Markt kontraproduktiv.“
2023 verzeichnet stark rückläufige Anzahl an Baustarts
Für Deutschland können die aktuellen Zahlen kurz zusammengefasst werden: Momentan sind über 183 Millionen Quadratmeter Projektvolumen zu verzeichnen, was im Vergleich zum Ende des vergangenen Jahres einem Minus von 1,6 Prozent entspricht. Ein Plus steht lediglich bei Logistik (1,8 Prozent) und bei Sonstigen (1,1 Prozent). Zu letzteren gehören beispielsweise Healthcare oder Life Science.
Die viel spannendere Zahl ist eine andere: 2023 weist bereits stark rückläufige Baustarts auf, minus 47 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. B- und C-Städte verzeichnen ein Minus von 61 Prozent, stabiler sind die A-Städte mit minus 28 Prozent. Wohnen schrumpft um 54 Prozent. Überraschenderweise hält sich der Officebereich gut, mit minus 35 Prozent. 31 Prozent des gesamten Projektvolumens sind von einem verspäteten Baubeginn – was hier mehr als ein Quartal bedeutet – betroffen, das Hotelsegment mit 45 Prozent am stärksten, Logistik mit 25 Prozent am geringsten.
Development-Monitor: Fakten zum Developer-Markt
- 76 Prozent des Projektvolumens liegen außerhalb der A-Städte.
- 37 Prozent des Projektvolumens finden sich in der Assetklasse Wohnen.
- Die meisten Wohnungen in Deutschland bauen Vonovia/Deutsche Wohnen, BPD und Bonava.
- Die meisten Officeflächen bauen die Zech Group, die Bundesrepublik als Investor Developer und die Signa Holding.
- Im Bereich Logistik führt folgendes Trio das Ranking an: Panattoni, VGP Group und die Garbe Group.
- 6,5 Millionen Quadratmeter sind im ersten Halbjahr 2023 bislang deutschlandweit in den Bau gegangen.
- Logistik weist mit 2,3 Millionen Quadratmetern das größte Projektvolumen aus.
- Wohnen hat mit zwei Millionen das zweitgrößte Projektvolumen.
- Mindestens 40 Prozent des kompletten Projektvolumens werden später fertig.
Projektentwicklungen werden besser gerechnet werden müssen
Francesco Fedele vermutet, dass diese Zahlen nicht ganz die wirkliche Lage widerspiegeln. „Es gibt viele Projekte, die gebaut werden müssen, weil sie Förderung erhalten. Ansonsten wären die Verschiebungen noch viel höher.“ Der Markt werde weiter funktionieren, ist er sicher. Allerdings: Man könne nicht auf größere Entwicklungsvolumina spekulieren. Felix Embacher, Head of Research & Data Science bei bulwiengesa, stimmte dieser Einschätzung zu: „Projektentwicklungen werden an Ernsthaftigkeit zulegen, weil sie besser gerechnet werden müssen.“
Natürlich ist das Thema Wohnen auch hier präsent. bulwiengesa-Vorstand Sven Carstensen sagte: „Der ZIA hat geschätzt, dass in Deutschland etwa 700.000 Wohnungen gebraucht werden. Wir gehen davon aus, dass es 2024 unterhalb der 300.000 liegen wird.“ Francesco Fedele geht nur von 150.000 Wohnungen aus. Im Neubau werde man weiter steigende Mieten sehen, „wahrscheinlich sogar mit höherer Dynamik als bisher prognostiziert“. Im Eigentumsbereich stelle sich ein gewisser Gewöhnungseffekt an das Zinsniveau ein. „Den Tiefpunkt haben wir noch nicht erreicht, danach wird es aber wieder Käufer geben“, so Francesco Fedele.
Käuferstreik aufgrund „lähmender Themen“
Daran knüpfte sich eine Diskussion über gefährdete Player auf dem Markt. Sven Carstensen und Francesco Fedele sind sich einig: Kleinere mittelständische Unternehmen werden es besser durch die Krise schaffen, sie werden „einer der Gewinner“ sein. Die Gründe: bessere Kalkulationen durch die langjährige Arbeit mit regionalen Partnern, leichtere Exit-Planung. „Natürlich haben auch diese Firmen Probleme beim Absatz“, so Francesco Fedele. „Es sind aber die Unternehmen stärker betroffen, die viele Projekte gleichzeitig haben.“ Es fehle oft die Eigenkapitaldecke, Mezzanin-Finanzierungen seien derzeit nur sehr eingeschränkt verfügbar.
Weiteres Thema: die Politik. „Wir haben fast einen Käuferstreik“, so BF.direkt-Chef Francesco Fedele. „Es gibt zu viele lähmende Themen.“ Für ihn gehört die Unklarheit bei den Förderungen dazu und die Diskussion über die Grunderwerbssteuer. Hier brauche es endlich eine Entscheidung. „Ansonsten muss aufgehört werden, darüber zu sprechen.“