Marco Broschinski, Managing Director bei easol, einem Software-Anbieter für Real-Asset-Lösungen, sieht die Beteiligten der Immobilienwirtschaft bei der Digitalisierung unternehmensinterner Prozesse gut aufgestellt. Doch es fehlt an der Integration anderer Akteure. Warum die Entwicklung digitaler Plattformen zur Verbesserung der Kooperation verschiedenster Unternehmen nun der nächste Schritt sein muss ...
Mittlerweile haben alle größeren Immobilienunternehmen ihre wichtigsten Prozesse digitalisiert. Ihre einst analogen Prozesse sind heute in einer digitalen Systemlandschaft abgebildet. Sie profitieren von schnelleren und zuverlässigeren Prozessen, einer höheren Automatisierung wiederkehrender Prozesse, geringeren Redundanzen und konsistenteren Daten. Zentrale Datenablage und -verwaltung haben in vielen Unternehmen zu einem besseren Datenschutz geführt und Informationssuchzeiten reduziert. Mobil zugängige Dokumente erleichtern Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das flexible, ortsunabhängige und papierlose Arbeiten. Das gilt bisher in erster Linie für unternehmensinterne immobilienwirtschaftliche Kernprozesse ohne beziehungsweise mit nur geringer Integration Dritter, die in den gängigen immobilienwirtschaftlich ausgerichteten Enterprise Resource Planning (ERP) Systemen abgebildet sind.
Digitale Plattformen als nächster Schritt der Digitalisierung der Immobilienbranche
Der nächste große Schritt ist die Entwicklung digitaler Plattformen, die die Kooperation verschiedener Unternehmen, Anwender und Dienstleister verbessert. Der Dreh- und Angelpunkt bei diesem Vorhaben sind geeignete Schnittstellen (zum Beispiel APIs, also application programming interfaces). Diese erlauben es, dass verschiedene digitale Systeme und Anwendungen miteinander kommunizieren. Geschlossene Systeme, suboptimale Insellösungen und fehleranfällige, nur unter hohem Kostenaufwand anzupassende und zu pflegende Schnittstellen sind hinderlich, die für sie besten aller auf dem Markt verfügbaren Anwendungen einzusetzen und miteinander zu kombinieren.
Auch wenn APIs die Zukunft sind: Ein Austausch großer Datenmengen lässt sich auch in einer Umgebung, in der der Datenaustausch noch per Import und Export von Textdateien im txt- und csv-Format vollzogen wird, nutzen. Das Potenzial von Innovationen aus den Bereichen künstliche Intelligenz, Big-Data-Analyse, Internet of Things, Cloud-Computing, virtuelle Realität, Blockchain- und 5G-Technologie kann dann in Immobilienunternehmen wegen fehlender leistungsfähiger APIs noch nicht vollumfassend ausgeschöpft werden. Aber: Neue digitale Lösungen in vorhandene immobilienwirtschaftliche ERP-Systeme mit meist geschlossenen APIs zu integrieren, ist langwierig, kompliziert und dementsprechend kostenintensiv.
Leistungsfähige Schnittstellen müssen her
IT-Unternehmen wie Google, eBay oder Facebook haben schon vorgemacht, wie es geht: Einer ihrer wichtigsten Erfolgsfaktoren sind ihre offenen APIs, auf die Drittentwickler über das Internet zugreifen können, um neue innovative Anwendungen zu entwickeln. Sie haben rechtzeitig erkannt, dass es für sie wirtschaftlich sinnvoller ist, anderen Entwicklern über offene APIs neue Geschäftsmöglichkeiten zu eröffnen und so eine Win-win-Situation herzustellen, als sich über geschlossene Systeme vor dem Wettbewerb schützen zu wollen. Ihre APIs unterliegen den Beschränkungen der REST-Architektur (REST: Representational State Transfer), um einen schnellen und flexiblen Datenaustausch zu ermöglichen.
Die wichtigsten Anforderungen an REST APIs sind folgende: Die Schnittstellen basieren auf einer Client-Server-Architektur, bei der analog zum Aufruf einer Website auf Anfrage durch den Client eine Repräsentation der Ressourcen durch den Server in einem der HTTP-Formate JSON (JavaScript Object Notation), HTML, XLT, Python, PHP oder Plain Text übermittelt wird. Die Kommunikation ist zustandslos, das heißt, es gibt keine Benutzersitzungen, die serverseitig gespeichert werden. Alle erforderlichen Informationen werden mit der Anfrage erneut mitgesendet. Durch die Zustandslosigkeit kann die Beantwortung von Anfragen durch verschiedene Server skaliert werden. Durch temporäre Zwischenspeicherung (Caching) können Informationen sehr viel schneller abgerufen werden als bei einmaliger Speicherung auf einem bestimmten Server. REST-APIs werden meist auf Basis von HTTP bereitgestellt, da dieses am weitesten verbreitet ist.
Schnittstellen für mehr Kooperationen
Auch in der Immobilienwirtschaft reift inzwischen die Erkenntnis, dass leistungsfähige APIs ein Schlüssel für den nächsten digitalen Innovationsschub sind. Geschlossene Softwarelösungen werden durch ihren Mangel an Flexibilität, Innovation und Kreativität in absehbarer Zeit Platz machen für Unternehmen, die das kreative und innovative Potenzial der immer zahlreicher werdenden PropTech-Unternehmen durch die Anbindung über ihre offenen REST APIs nutzen können.
Erste Immobilienunternehmen setzen bei der Zusammenarbeit mit PropTech-Unternehmen die gegenseitige Bereitstellung von REST-APIs bereits voraus und auch der Immobilienverband Deutschland IVD arbeitet daran, Branchenvertreter, Verbände, ERP Softwareunternehmen und PropTechs an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam standardisierte, offene Schnittstellen für die Immobilienwirtschaft zu entwickeln.