Noch immer gelten Energiewende und vollumfängliche CO2-Neutralität im Gebäudesektor als Zukunftsthemen der Immobilienwirtschaft. Dabei ist die praktische Umsetzung am Berliner EUREF-Campus längst vollzogen. Auch der noch im Bau befindliche EUREF-Campus Düsseldorf wird die deutschen CO2-Klimaziele für 2045 von Beginn an erfüllen. Was es dazu braucht und welche Verfahren, Technologien und Strategien zum Einsatz kommen, das erläuterten Karin Teichmann, Sprecherin des Vorstands der EUREF AG, und Stefan Klepzig, Strategic Sales Director bei Schneider Electric, bei einem Pressegespräch auf der diesjährigen MIPIM.
2008 wurde mit der Arbeit an dem bis heute inhabergeführten EUREF-Campus in Berlin begonnen – mit dem Ziel, ein Reallabor zu schaffen, das aufzeigt, wie die Energiewende gelingen kann, und zugleich den Nachweis der Finanzierbarkeit erbringt, ohne dafür Fördergelder einzusetzen. Nur sechs Jahre später, 2014, erreichte der Campus bereits die damaligen deutschen Klimaziele für 2050.
Von größter Bedeutung war dabei, dass parallel wissenschaftliche Institute für Forschung und Lehre sowie innovative privatwirtschaftliche Konzerne und auch kreative Start-ups angesiedelt wurden, um Synergien und langfristige Partnerschaften zu ermöglichen und das gemeinsame Innovationspotential dafür zu nutzen, den EUREF-Campus als Modellquartier zu entwickeln. Heute arbeiten in Berlin rund 7.000 Menschen auf 135.000 Quadratmetern an der Energiewende.
Technische Möglichkeiten zur Erreichung der Klimaneutralität sind da
Welche Kernfaktoren hierbei eine Rolle spielen, erläutert Karin Teichmann: „Der EUREF-Campus bringt modernste Klimaschutztechnologien mit intelligenter Architektur, innovativen Mobilitätskonzepten und der Nutzung regenerativer Energieträger zusammen. Vor allem aber hat sich der kollaborative Grundgedanke als Eckpfeiler für das Erreichen unserer Ziele erwiesen. Insbesondere die enge Partnerschaft mit den Nachhaltigkeitsexperten von Schneider Electric hatte enormen Einfluss auf den Erfolg des Berliner Campus und prägt nun die Entwicklung in Düsseldorf. Schon bald werden auf dem EUREF-Campus Düsseldorf auf 80.000 Quadratmetern über 4.000 Menschen rund um die Energie- und Mobilitätswende arbeiten, forschen und lehren.“
Reinhard Müller, Gründer und Vorstandsvorsitzender der EUREF AG, über die Mission, mit der er 2008 den EUREF-Campus Berlin gründete:
„Zeigen, dass die Energiewende machbar und bezahlbar ist. Wir müssen Gebäude bauen, die energieeffizient, zukunftsweisend und nachhaltig sind.“
Stefan Klepzig ergänzt: „Die technologischen Möglichkeiten, um Klimaneutralität zu erreichen, sind ja längst vorhanden. Auch der Netzwerkgedanke, also die sektorenübergreifende Planung von Immobilien und Mobilität einerseits sowie Energieerzeugung und Energiemanagement andererseits, hat sich inzwischen weitgehend durchgesetzt. Woran es immer noch hapert, ist die Umsetzung in größerem Maßstab. Umso wichtiger ist es, mit dem EUREF-Campus in Berlin und bald auch in Düsseldorf Beispiele für eine gelungene praktische Umsetzung im Quartiersmaßstab zu haben, welche auch die häufig zu hörenden Finanzierungsvorbehalte entkräften.“
EUREF-Campus Berlin als Vorbild für nachhaltige Entwicklung von Stadtquartieren
Mit rund 5,5 Hektar Grundfläche bietet sich der Berliner Campus als Blaupause für die nachhaltige Entwicklung von Stadtquartieren an. Der EUREF-Campus Düsseldorf, dessen Fertigstellung für 2025 geplant ist, baut darauf auf und wird die Klimaziele der Bundesregierung für 2045 von Beginn an erfüllen.
Auch dieser neue Campus wird nicht nur Praxisbeispiel sein, sondern auch ein lebendiger Zukunftsort, an dem neue Innovationen rund um die Themen Energie, Klimaschutztechnik, Umweltschutz und Mobilität erforscht, entwickelt, auf Praxistauglichkeit überprüft und in Showrooms präsentiert werden. Und auch hier folgt das Campus-Konzept dem Kollaborationsgedanken, um mit wissenschaftlichen Einrichtungen, Verbänden, innovativen Start-ups und großen Unternehmen Ökologie und Ökonomie zusammenzubringen. Zu den Besonderheiten des neuen Standorts zählt dabei unter anderem die Nutzung des angrenzenden Baggersees für die thermische Versorgung sowie ein Mobility Hub als Erprobungs- und Gründungsplattform für neue Mobilitätsformen.
Das Energiekonzept des EUREF-Campus Berlin
Die Kälte- und Wärmeversorgung auf dem EUREF-Campus ist seit 2014 CO2-neutral. Die GASAG Solution Plus GmbH betreibt die EUREF-Energiewerkstatt, die das energetische Herzstück des Geländes ist. In ihr werden 100 Prozent des Wärmebedarfs vor Ort erzeugt. Zentrales Element der Energiewerkstatt ist ein Blockheizkraftwerk. Durch die Verbrennung von zertifiziertem Biomethan wird ein Generator zur Stromerzeugung angetrieben und der Strom wird direkt in das Berliner Stromnetz eingespeist. Die Abwärme dient dazu, Wasser zu erhitzen. Auf dem EUREFCampus wird diese Wärme zum Beheizen der Büros genutzt. 2,5 Kilometer sind die unterirdisch verlegten Fernwärmerohre lang, durch die das 90 Grad heiße Wasser zu den Häusern gepumpt wird.
Zusammen mit zwei kleineren Blockheizkraftwerken wird der gesamte Wärmebedarf auf dem EUREF-Campus gedeckt. Wird an sehr kalten Tagen zusätzliche Heizenergie benötigt, stehen zwei Niedertemperatur-Gaskessel zur Verfügung, um die Spitzenlasten abzudecken. Zugleich wird in der Energiezentrale Kälte für die Klimatisierung der zahlreichen Serverräume sowie der Büros produziert. Gesteuert wird die Energiezentrale von künstlicher Intelligenz, dem sogenannten Eco-Tool. Hierfür liefern rund 1.000 Datenpunkte aus der Energiewerkstatt und den Gebäuden Informationen, welche Energie in welchem Gebäude wann verbraucht wird. Auch Wettervorhersagen und Energiemarktdaten fließen in die Berechnungen ein.
Nachhaltigkeit im EUREF-Campus Berlin
Die auf dem Areal vorhandenen, denkmalgeschützten Backsteingebäude wurden unter den Aspekten des Denkmalschutzes, des Denkmalrechts und der Energieeffizienz saniert. Sämtliche Neubauten wurden in die bestehenden Strukturen integriert und als zertifizierte „Green Buildings“ realisiert. Der Campus steht dabei für LEED-Platin-zertifizierte Neubauten, KfW Effizienzhaus 55 Standard, automatisiertes Energielastmanagement und innovative und energieeffiziente Gebäudetechnologien.
Moderne Baustoffe, fortschrittliche Gebäudetechnologien und eine optimierte Energienutzung verbinden Klima- und Umweltschutz mit geringen Betriebskosten. Die Gebäude verfügen außerdem über energiesparende, mineralische Dämmstoffe, dreifach verglaste Fenster mit integriertem Sonnenschutz und intelligente Fassaden. Alle Gebäude wurden per „Smart Metering“ an das lokale Energienetz angeschlossen, das den Verbrauch zentral misst und steuert. Die Bürobeleuchtung wird nach Anwesenheit und Tageslicht automatisch geregelt. Bei der Auswahl sämtlicher Materialien wurde auf eine möglichst große Gesundheits- und Umweltverträglichkeit geachtet. Ein smartes Verkehrskonzept, der Fokus auf Elektromobilität und Sharing Angebote in Sachen Mobilität setzen weitere Meilensteine.