Für den Fernsehturm Dresden wurde ein neuer Betreiber gefunden. Damit soll der jahrzehntelange Dornröschenschlaf des Wahrzeichens ein Ende finden und der Dresdner Fernsehturm wieder für Besucher zum Erlebnis werden. Das war seit 1991 nicht mehr möglich. Was alles vor Ort geplant ist ...
Einst gab es in dem 1969 eröffneten Fernsehturm Dresden neben der Aussichtsplattform ein Café mit 132 Plätzen. Dort hatte 16 Jahre lang Küchenchef Thomas Ludwig gearbeitet. Am 30. Juni 1991 bereitete er hoch oben zuletzt Kaffee und Kuchen für die Gäste vor. Dann stellte der Betreiber das Geschäft ein. Nach der Silvesterfeier 1991 schloss Thomas Ludwig den Turm für immer zu. In der Folge ließen die Deutsche Telekom und ihre Tochterunternehmen als Eigentümer alle Einbauten aus dem Café ausbauen. Das diente dem Brandschutz, denn es wurde nur noch die Technik genutzt.
Obwohl das 252 Meter hohe Bauwerk am Wachwitzer Elbhang gut sichtbar ist, schien sich niemand mehr für den Fernsehtum zu interessieren. Das änderte sich erst mit dem Elbhangfest 2000 und der Forderung, den Turm wieder zu nutzen. Seit 2004 kämpft der Verein Fernsehturm Dresden dafür. Er sammelte Unterschriften, reichte Petitionen ein, bat den Dresdner Stadtrat um Hilfe. Auch der Dresdner Oberbürgermeister setzte sich für dieses Ziel ein. Immer wieder gab es Hoffnungen und Rückschläge. Konkreter wurde es, als der Freistaat Sachsen, die Stadt Dresden und die Deutsche Funkturm GmbH als Eigentümerin Ende 2016 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gaben.
Bund beteiligt sich mit knapp 13 Millionen Euro an Wiederbelebung des Fernsehturmes
Wiederum zwei Jahre später, entschied der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages im November 2018, sich mit 12,8 Millionen Euro im Rahmen der Denkmalförderung an notwendigen Bauarbeiten für eine Wiedereröffnung des Dresdner Fernsehturms zu beteiligen. Die gleiche Summe wollen auch Freistaat und die Stadt Dresden zu gleichen Teilen aufbringen. Damit war eine Finanzierung von 25,6 Millionen Euro gesichert. Im Oktober 2019 stellten die Stadt und ihre Partner das Projekt auf der Immobilienmesse EXPO REAL in München vor. Sie suchten einen Betreiber, der ohne dauerhafte Zuschüsse auskommen soll.
Am 12. Oktober 2019 konnten anlässlich des 50. Geburtstags des Fernsehturmes etwa 200 Dresdnerinnen und Dresdner die Aussichtsplattform besuchen. Die Stadt Dresden erarbeitete zudem ein Verkehrskonzept mit einem Gesamtumfang von 43 Millionen Euro. Ende April 2021 hatte sich eine Stadtratsmehrheit grundsätzlich für die Wiederbelebung des Turms ausgesprochen. Es gibt allerdings auch Gegenstimmen, die der Meinung sind, das Geld werde an anderer Stelle dringender benötigt. Zudem befürchten Anwohner mit der Wiederbelebung des Turmes ein Verkehrschaos.
Ab 2025 soll ein Erlebnisbesuch im Fernsehturm Dresden möglich sein
Nun wurde am 23. Juni die Fernsehturm Dresden GmbH als neuer Betreiber vorgestellt. Dahinter stehen die Unternehmen Avantgarde, DDV Mediengruppe und Dresden Information. Damit seien die Kompetenzen von drei starken Unternehmen in Vertrieb, Marketing und Umsetzung vereint. Spätestens bis 2025 will die Fernsehturm Dresden GmbH zu Zeitreise und Erlebnisbesuch mit einzigartigem Blick auf das Elbtal und Dresden einladen. Ihr Konzept präsentierten ihre Vertreter gemeinsam mit Ministerpräsident Michael Kretschmer, Oberbürgermeister Dirk Hilbert und Deutsche-Funkturm-Geschäftsführer Bruno Jacobfeuerborn. Die Betreiber hätten ein sowohl wirtschaftlich überzeugendes als auch inhaltlich innovatives Konzept vorgelegt, um das markante Wahrzeichen wieder zu einem beliebten Ausflugsziel zu machen, bescheinigte Jacobfeuerborn.
Konkreter wird Robin Wenzel von Avantgarde, eine globale, inhabergeführte Kommunikationsagentur: „Wir entwickeln den Fernsehturm zu einer interaktiven Erlebnis-Plattform und Zeitmaschine und laden Besucher herzlich ein, neben dem sensationellen Ausblick die reiche Vergangenheit sowie die vielversprechende Zukunft Dresdens und Sachsens neu zu erleben“, sagt er. Sein Unternehmen hat bereits Erlebnis-Führungen in der Semperoper, der Gläsernen Manufaktur und den Staatlichen Kunstsammlungen entwickelt. Robin Wenzel sieht den Blick in die Stadt als „digitalen Röntgenblick“, mit dem man auch hinter die Mauern von Frauenkirche und Oper schauen kann. Mittels in Turmfenster eingebauter Screens sollen die Besucher Dresden im 19. Jahrhundert, nach der Zerstörung oder auch in Zukunft betrachten können. Berühmte Dresdner Persönlichkeiten werden ebenso wie die Partnerstädte vorgestellt.
Gastronomie nur noch am Fuße des Dresdner Fernsehturmes
Als besonderen Nervenkitzel stellen sich die Betreiber einen „Edge Walk“ vor, auf dem an einem Seil gesicherte Besucher auf der Außenplattform ohne Brüstung um den Fernsehturm laufen können. Etwas Ähnliches gebe es beispielsweise auf Torontos CN Tower, erklärt DDV-Geschäftsführer Carsten Dietmann. Ein Café wie früher wird es aber nicht mehr im oberen Turm geben. Das sei aus Brandschutz- und Platzgründen nicht möglich. Ein gastronomisches Angebot mit traditioneller sächsischer Küche sei vielmehr am Fuße des Turms vorgesehen. An bestimmten Tagen, so planen es die Betreiber, soll es jedoch in luftiger Höhe ein „Feines Dinner“ oder ein „Sonnenaufgangsfrühstück“ geben.
Neben den eingangs genannten 25,6 Millionen Euro von Bund, Land und Stadt rechnen die Betreiber mit einer Investitionssumme von weiteren drei bis vier Millionen Euro. Parallel fördert die Stadt den Ausbau der Infrastruktur. Als nächstes werden für 1,3 Millionen Euro der Oberwachwitzer Weg ausgebaut sowie Wanderwege und Rastplätze verbessert. Durch die Vergabe von Zeittickets wollen die Betreiber zudem den Zustrom von Besuchern drosseln. Dennoch rechnen sie mit etwa 200.000 Gästen im Jahr, wenn die Wiederbelebung des Turmes vollendet ist. Die Hoffnung hatte Eberhard Mittag, Chef des Fernsehturmvereins, nie aufgegeben. Nun sagt er: „Ich bin froh, dass es weitergeht.“