Seit 2016 setzt sich die Gestaltungskommission Dresden für die Baukultur in der sächsischen Landeshauptstadt ein. Dabei geht es um einzelne Projekte, aber auch um die Gesamtheit des Stadtbildes. Nach fünf Jahren Arbeit ist es an der Zeit für eine erste Bilanz. Dabei zeigt sich, dass es in Dresden sehr oft "moderne Architektur versus Erinnerungskultur" heißt.
Ein Hochhaus am Wiener Platz, Häuser in Holzhybrid-Bauweise in der Lingnerstadt und ein neuer Campus für ein Hightech-Unternehmen, das waren drei Themen, mit denen sich die Gestaltungskommission Dresden auf ihrer letzten Beratung befasst hat.
Kommen und Gehen in der Gestaltungskommission Dresden
Dass das Gremium Corona-bedingt virtuell tagen musste, bedauerte Baubürgermeister Stephan Kühn. Er hätte lieber gern persönlich gedankt. Schließlich scheiden vier der fünf fachkundigen Mitglieder ab Juni aus. Nur der Vorsitzende, Prof. Dr.-Ing. Jürg Sulzer, bleibt noch ein Jahr in der Kommission, um gemeinsam mit den Stadträten den neuen Mitgliedern beim Start in die Arbeit zu helfen. Neu berufen wurden: die Landschaftsarchitektin Prof. Ulrike Böhm, die Architekten Kilian Kresing und Prof. Wolfgang Lorch sowie die Architektin Jóurunn Ragnarsdóttir.
Seit 2016 setzt sich die Gestaltungskommission Dresden für die Baukultur in der Stadt ein, sie berät private Bauherren und die Landehauptstadt. Fünf externe Mitglieder der Gestaltungskommission Dresden sowie Mitglieder der Stadtratsfraktionen arbeiten eng zusammen mit dem Geschäftsbereich Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften. Die Sitzungen, bisher waren es 26, sind öffentlich. Zudem ist das Protokoll auf der städtischen Internetplattform für jedermann zugänglich.
Sehnsucht nach alter Residenzstadt versus moderne Stadtentwicklung
Dresden war im Zweiten Weltkrieg wie viele andere deutsche Städte zerstört worden. „In der Innenstadt wurde der Stadtkörper – die eigentliche räumlich-bauliche Lesbarkeit der Stadt – in weiten Teilen aufgelöst. Der Stadtraum schien verloren zu sein“, sagt Prof. Jürg Sulzer. Der Wiederaufbau erfolgte weniger auf der Grundlage des historischen Erbes, es sollte eine moderne europäische Stadt entstehen. Einige Dresdner bezeichnen dies sogar als zweite Zerstörung. Leidenschaftlich diskutieren sie über nahezu jedes neue Bauprojekt. Für sie ist Dresden eine der schönsten Städte überhaupt. Die Sehnsucht nach der alten Residenzstadt kulminierte am Dresdner Neumarkt. Für den Aufbau jenes Platzes um die Frauenkirche gab es bereits ein Beratergremium.
Gestaltungskommission fördert den Dialog
Weil der Wunsch, sich generell mit der Stadtgestaltung auseinanderzusetzen, wuchs, hatte der Stadtrat im März 2015 die Verwaltung beauftragt, eine Gestaltungskommission zu bilden. Ein Jahr später tagte diese zum ersten Mal. Nun zog Prof. Jürg Sulzer Bilanz. Die Gestaltungskommission habe in den vergangenen fünf Jahren einen fruchtbaren internen Dialog und einen vielfältigen Diskurs mit Interessierten der Bürgerschaft und Mitgliedern des Stadtrates geführt. Daraus seien unter anderem „Empfehlungen für Stadtgestaltung und Architektur in Dresden“ entstanden, die demnächst vom Stadtrat beschlossen werden sollen.
„Diese Empfehlungen halte ich für einzigartig in Deutschland“, resümiert Prof. Jürg Sulzer. Auf die Frage, ob Dresden anders aussehen würde, wenn es bereits vor 20 Jahren eine Gestaltungskommission gegeben hätte, antwortet er zögerlich. „Das glaube ich nicht, es ist ein langwieriger Prozess.“ Dresden hat die Gestaltungskommission nicht neu erfunden, in München gibt es beispielsweise schon über 40 Jahren ein ähnliches Gremium, aber die sächsische Landeshauptstadt habe in den zurückliegenden fünf Jahren sehr gute Erfahrungen damit gemacht.
Einzelbauten im Kontext von Stadtentwicklung und Stadtbaugeschichte
Wichtig sei den Mitgliedern, Einzelbauten im Kontext von Stadtentwicklung und Stadtbaugeschichte zu sehen. Auch Fragen zu Stadtklima, Umwelt, Energie und Ressourcenverbrauch spielten dabei eine immer größere Rolle. „Es ist äußerst spannend, eine moderne architektonische Gestaltung immer wieder neu zu verfolgen, die sich intensiv mit dem Anknüpfen an vorgefundene Orte und mit der Schaffung von Möglichkeiten des Erinnerns auseinandersetzt. Nur so können wir den Sehgewohnheiten der Menschen gerecht werden“, so das Fazit. Den Kontext in der Stadtraumentwicklung immer wieder neu zu suchen und zu interpretieren, sei moderne Stadtgestaltung schlechthin und habe nichts mit Rekonstruktion zu tun. „Die Stadt Dresden ist auf gutem Weg, diese neue Moderne des 21. Jahrhunderts weiter zu entfalten.“
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