Die Bundeshauptstadt gehört zu den Wachstumsstandorten für Gewerbemieten. Sowohl bei Büros als auch im Einzelhandel erlebte Berlin zuletzt enorme Preissprünge – und übertraf langfristig sogar alle anderen A-Standorte in Deutschland.
Nicht nur auf den Wohnungsmärkten der deutschen Großstädte steigen die Mieter immer weiter, auch die Quadratmeterpreise bei Gewerbeimmobilien befinden sich im Höhenflug. Wenig überraschend ragt Berlin im Standortvergleich besonders hervor. Im ersten Halbjahr 2019 hat Leipzig allerdings die Bundeshauptstadt von der Spitze der Mietsteigerungsraten verdrängt. Das geht aus dem aktuellen Mietpreisindex für Gewerbeflächen (GIMX) hervor, den ImmobilienScout24 Gewerbeflächen gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) herausgegeben hat.
Zuwachs bei Einwohnern und Kaufkraft
Demnach verzeichnete Leipzig zwischen Januar und Juni 2019 einen Anstieg der Mieten für Büros um 8,9 Prozent und für Einzelhandelsflächen um 10,1 Prozent gegenüber dem zweiten Halbjahr 2018. Zum Vergleich: In Berlin betrug das Wachstum im gleichen Zeitraum 8,3 respektive 7,0 Prozent im Büro- respektive Einzelhandelssektor.
„Dass gerade Berlin und Leipzig bei den Einzelhandelsmieten so stark zulegen, hängt zum einen mit dem starken Einwohnerzuwachs zusammen, zum anderen mit den Zuwächsen bei der Kaufkraft und dem insgesamt noch vorliegenden Nachholpotenzial“, erläutert Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfeldes Immobilienökonomik beim IW in Köln.
Zweistelliges Wachstum auf Jahressicht
In der langfristigen Betrachtung gestaltet sich das Bild hingegen etwas anders. Im Vergleich des ersten Halbjahres 2019 mit dem zweiten Halbjahr 2018 liegt Berlin bei den Büromieten mit einer Steigerungsrate von 17,3 Prozent bundesweit am höchsten. Leipzig kommt auf ein Plus von 12,5 Prozent. In Dresden erhöhten sich die Büromieten mit 13,3 Prozent ebenfalls stärker als an der Pleiße. Relativ gering – unter den deutschen Metropolen – fiel die Zunahme in Frankfurt am Main mit 2,8 Prozent aus.
Auf den Märkten für Einzelhandelsimmobilien schwankte das Wachstum binnen Jahresfrist bundesweit zwischen 18,9 Prozent (Stuttgart) und 2,7 Prozent (Frankfurt am Main). Leipzig reiht sich in diesem Segment in das obere Drittel ein. Die sächsische Großstadt verbuchte eine Zunahme von 16,7 Prozent, verglichen mit dem entsprechenden Vorjahreszeitraum, während die Berliner Mieten um 13,1 Prozent zulegten. Dresden ist mit minus 7,6 Prozent das Schlusslicht.
Zehn-Jahres-Trends zeigen Berliner Höhenflug
Anhand der langfristigen Trends, die der GIMX seit 2009 abbildet, wird Berlins steile Entwicklungskurve deutlich. Bei Büromieten steht der Index bei einem Wert von 201, bei den Einzelhandelsmieten von 169 – bei einer Ausgangsbasis von 100 vor zehn Jahren. An den anderen A-Standorten schwanken die Werte zwischen 142 und 123 (Büro) sowie 149 und 120 (Einzelhandel). Leipzig kommt auf einen GIMX von 161 bei Büromieten und 162 bei Einzelhandelsmieten. Damit übertrifft die Stadt alle weiteren untersuchten B-Standorte.
Berlin braucht mehr Büros
Die enormen Preisanstiege im Berliner Büromarkt basieren vor allem auf der viel zu geringen Bautätigkeit. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes entstanden zwischen 2015 und 2017 in Berlin 320.000 Quadratmeter neue Nutzflächen in Büro- und Anstaltsgebäuden. In Hamburg waren es in der gleichen Zeitspanne 335.000 Quadratmeter, in München 520.000 Quadratmeter.
Prof. Dr. Michael Voigtländer hält fest: „Berlin und andere Großstädte stehen vor der Herausforderung, nicht nur mehr Wohnungen, sondern auch mehr Gewerbeflächen zu ermöglichen. Gerade in den stark wachsenden Metropolen wird dies dauerhaft nur dann möglich sein, wenn alle Innenentwicklungspotenziale genutzt und auch neue Stadtviertel geplant und umgesetzt werden.“ Kristian Reinhold, Head of Go to Market Commercial bei ImmobilienScout24, ergänzt: „Die Verwaltungen müssen Bauland ausweisen, Baugenehmigungsprozesse beschleunigen, und das Umland besser anbinden.“
Der GIMX fokussiert sich auf die Gewerbemieten an den sieben A-Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart sowie an den fünf B-Standorten Dortmund, Dresden, Essen, Leipzig und Hannover. Die Auswertung der Mietdaten erfolgt mittels eines hedonischen Verfahrens.